Der letzte Abschied: Warum Barisic als Rapid-Trainer gehen musste

Während die Spieler am Vormittag im Trainingszentrum eintrudelten, packte Zoran Barisic seine Sachen. Wieder einmal. Aber am 15. November 2023 dürfte es nach seinem achten Job bei Rapid ein endgültiger Abschied von seinem Herzensverein sein.
Barisic sowie seinem langjährigen Assistenten und Trainingsgestalter Thomas Hickersberger war die Beurlaubung mitgeteilt worden.
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Dabei hatte sich Steffen Hofmann am Sonntag im KURIER-Gespräch noch mit aller Kraft auf die Seite des Trainers gestellt. Hofmann hat seine Treue zu Barisic nicht nur ausgesprochen, sondern es auch so gemeint.
Es folgten drei Tage mit vielen Diskussionen und einem Gezerre um eine letzte Chance.
Am Ende ist Barisic doch weg, Sportdirektor Markus Katzer hat sich durchgesetzt – und Hofmann hat in seiner Rolle als Geschäftsführer eine erste Delle hinzunehmen.
Die lange Vorgeschichte, wie es dazu kommen konnte:
Intern brodelte es in der Trainerfrage bereits seit der Nullnummer im Derby. Es war zu hören, dass nach einer Niederlage in Hartberg die Länderspielpause der richtige Zeitpunkt wäre, um den Chefcoach zu wechseln. Für Hofmann jedoch war das 0:1 mit einem Torschussverhältnis von 12:1 ein Spiel, „das man eigentlich nicht verlieren kann“, also anders zu werten.
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Im Präsidium wurde aber bereits darauf gewartet, dass Katzer seine Nachfolgekandidaten präsentiert und Hearings für eine Endauswahl stattfinden. So konnte es zur Information an Sky kommen, dass Barisic vor dem Aus stehe – während Hofmann das Gegenteil verkündete.
Strukturschwäche
Das dreitägige Ringen in der Trainerfrage deutet auch darauf hin, dass die neuen Strukturen nicht für Krisenfälle (und die gibt es in Hütteldorf immer wieder) geeignet sind. Hofmann trägt die Gesamtverantwortung und ist der Sprecher der Geschäftsführung. Katzer ist allerdings der Letztverantwortliche für den Profibereich – das akzeptiert dessen früherer Zimmerkollege auch.
Noch dazu muss laut Statut in Trainerfragen das Präsidium befasst werden. Die Mehrheit folgte Katzers Einschätzung, dass jetzt gehandelt werden sollte. Auch weil der Sportdirektor schon vorgearbeitet hat und in der Nachfolger-Frage weit ist.

Rene Maric (links) sprang ab.
Allerdings ist mit Rene Maric ein Top-Kandidat kurzfristig abgesprungen, um an den Bayern-Campus zu wechseln.
Katzer betont: „Es verlangt mein Job, dass ich den Trainermarkt beobachte und Vorgespräche führe, um vorbereitet zu sein – das war nicht gegen Zoki gerichtet. Und am Ende haben Steffen und ich diese Entscheidung gemeinsam getragen.“
Dennoch könnte es helfen, wenn Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger als Professorin für Organisationsstudien das aktuelle Vereinskonstrukt wieder unter die Lupe nimmt.
Herzensangelegenheit
Derzeit werden die Profis von Rapid-II-Coach Stefan Kulovits trainiert. Das könnte sich noch vor dem Heimspiel gegen BW Linz ändern.
Barisic reagierte auf sein Aus enttäuscht, überrascht vom Zeitpunkt, aber gefasst.
- Der erste Kontakt
Zoran Barisic (*1970) kam als Zehnjähriger zu Rapid und durchlief alle Nachwuchsauswahlen. 1993 debütierte er bei den Profis.
- Der erste Abschied
Während der Champions League musste Barisic gehen. Er wechselte 1997 nach Linz, später wurde er mit dem FC Tirol drei Mal Meister.
- Das erste Wiedersehen
Jung-Trainer Zoran Barisic wurde von Sportdirektor Peter Schöttel als Co-Trainer zu Peter Pacult verpflichtet. Nach Differenzen wechselte er in den Nachwuchs, übernahm die Profis 2011 nach der Entlassung von Pacult interimistisch und wurde danach Amateure-Trainer.
- Die Etablierung
Schöttel musste 2013 gehen, Barisic sprang wieder ein. Rapid erreichte Rang 3 und der Vertrag von Barisic wurde verlängert. 2014, 2015 und 2016 belegte Rapid mit Cheftrainer Barisic Rang zwei jeweils hinter Salzburg.
- Der zweite Abschied
Mit der Fertigstellung des Allianz Stadions 2016 war Rapid Rang zwei nicht mehr genug und Barisic musste Mike Büskens Platz machen.
- Die zweite Rückkehr
2019 kommt Barisic als Sportdirektor nach Hütteldorf zurück und ließ sich 2022 nach der Beurlaubung von Ferdinand Feldhofer überreden, von der sportlichen Geschäftsführung erneut auf die Trainerbank zu wechseln. Im Februar bekam er einen Vertrag bis Sommer 2025.
Der 53-Jährige ist überzeugt, dass er eine intakte Mannschaft übergibt, die wegen der Weiterentwicklung der vielen Talente beinahe besser werden muss: „Ich habe Pionierarbeit geleistet.“
Nach einer Auszeit zum Durchschnaufen wird der Wiener seine Trainerkarriere fortsetzen. „Der nächste Job wird leichter für mich.“ Warum? „Weil mir das Ganze nicht mehr so zu Herzen gehen wird wie bei Rapid.“
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