Rapid-Trainer Peter Stöger: "Liebevolle Verarschung mag ich"

Rapid-Trainer Peter Stöger bei der Arbeit
Peter Stöger ist nach den ersten drei Wochen bei Rapid bestens gelaunt. Auch wenn nicht alle Transferpläne aufgegangen sind, strahlte der 59-jährige Wiener beim Trainingslager in Freistadt Ruhe und Zuversicht aus.
Vor dem Test gegen Zilina nahm sich der Cheftrainer lange Zeit für ein ausführliches Interview.
Gegen den slowakischen Vizemeister gab es im XL-Test über zwei Mal 60 Minuten einen 5:2-(3:0)-Erfolg.
Schaub (2) und Kara hatten nach 25 Minuten zum 3:0 getroffen.
Nach 60 Minuten und mit einer durchgewechselten Elf wurde es ausgeglichener. Seydi und Trainingslager-Gewinner Weixelbraun trafen noch, der slowakische Vizemeister schoss zwei späte Tore.

KURIER: Bei Rapid wird aktuell bewusst groß gedacht, der Trubel ist dementsprechend. Wie erleben Sie das?
Peter Stöger: Mit einem guten Saisonstart können wir die Euphorie weiter anfachen. Wenn wir über eine ganze Saison performen, kommt erst der richtige Boost. Dabei ist die Unterstützung der Fans schon jetzt so stark und sehr speziell – das hat mich sehr gereizt.
Sie wirken immer umgänglich und gelassen. Wer regt Sie auf? Wo sind Ihre Feinde?
Ich habe keine Feinde. Ich hatte noch ganz selten gröbere Probleme und streite auch privat sehr selten. Für Sympathie musst du selbst etwas einbringen. Ich will allen mit Respekt und Wertschätzung entgegentreten. Ich versuche allen klarzumachen, dass wir uns im Profi-Fußball in einem privilegierten Umfeld bewegen. Und: Ich nehme mich nicht wichtiger, als ich bin. Ein Trainer ist austauschbar.
Warum haben Sie einen Co-Trainer mit besonderer Expertise gesucht und Thomas Sageder ausgewählt?
Ich wusste, dass es ein funktionierendes Trainerteam rund um Stefan Kulovits gibt. Dazu wollte ich jemand mit viel Erfahrung in verschiedenen Bereichen. Mir hat die Struktur beim LASK unter Thomas Sageder gefallen, auch seine Zusammenarbeit mit Oliver Glasner. Er war der Richtige, um eine dritte Sichtweise einzubringen.
Was heißt das?
Wenn ich einen Co mitbringe, der wie ich tickt, gibt es meine Sichtweise und die vom Rapid-Team. Ich will aber noch einen anderen Blick, den liefert Thomas. Wir diskutieren jeden Tag alles durch, zerlegen jedes Detail. Das sind alles fertige, eigenständige Trainer – außerdem ist Thomas ein witziges Bürschchen, das gefällt mir.

Apropos Humor: In der Redaktion hängen legendäre KURIER-Seiten. Auf einer sind Sie zu sehen, neben einem Oxer in der Stadthalle, mit dem Titel „Fest der Pferde“ ...
Stöger: ... „und Stöger war dabei“ (lacht).
Sie konnten immer über sich selbst lachen, wie über diese damaligen Schmährufe der Rapid-Fans beim Stadthallenturnier?
Ja. Als die Anfrage vom KURIER für dieses Foto kam, war ich sofort dabei: Liebevolle Verarschung mag ich.

Was haben Sie sich gedacht, als Masseur Wolfgang Frey als Dichter der Rapid-Hymne Ihnen, dem Austrianer, die Zeile „Als Meister halten wir Rekorde“ zugeteilt hat?
Für mich war klar, dass ich diese Zeile singe! Weil ich die meisten Titel in dieser dann so erfolgreichen Mannschaft gewonnen habe. Zwar bei der Konkurrenz – aber alleweil. Und natürlich weiß ich, dass die Fans damit den Rekordmeister besingen, so gescheit bin ich schon (lacht).
Aber ein Hans Krankl wird nicht aus Ihnen, oder?
Singen geht eigentlich gar nicht. Ich tu mir schon schwer beim lauten Gedichtvorlesen.
Einige Leute, die Rapid nicht gut kennen, glauben, dass die Ultras die wichtigsten Jobs vergeben. Dieses Jahrhundert wurden mehr Austrianer Trainer als Rapid-Legenden. Was sagt Ihnen das?
Wenn ich glauben würde, dass die Ultras alles entscheiden, müsste ich ihnen „Danke“ sagen. Es wird demnächst einen runden Tisch mit den wichtigsten Fan-Vertretern geben. Da soll alles angesprochen werden. Mir ist das wichtig, weil die meisten Probleme entstehen, wenn in diesem Bereich schlecht oder gar nicht kommuniziert wird. Und doch weiß ich eines.
Und zwar?
Wenn wir erfolgreich sind, gibt es keine Probleme. Aber sonst ist es egal, wer der Trainer ist. Einfach, weil der Verein so groß, emotional und mit Hoffnung verbunden ist.
Es fehlen der Einserstürmer und der Jansson-Nachfolger. Wie schwierig ist das?
Es ist wichtig, dass alle Abläufe gut eingearbeitet werden – dann ist es später für die Neuen auch leichter. Wir wollen früh stören, da geht es ums richtige Timing.
Im 4-1-2-3 wurde im Trainingslager mit Sangare, Schaub und Seidl im Zentrum geübt – Ihr früherer Teamchef Ernst Happel hätte das „Hollywood“ genannt.
Gut möglich. Mein erster Blick geht immer zum Fußballerischen. Wir haben viele, die unglaubliche fußballerische Lösungen drauf haben. Jetzt geht es darum: Wie viel Defensivarbeit können diese Zauberer verrichten? Umso stabiler wir das hinkriegen, umso offensiver können wir auftreten und zocken.

Anders als Ihr Vorgänger berühren Sie immer wieder Spieler. Ist diese körperliche Nähe ein bewusstes Zeichen?
In mir ist das drinnen, immer schon. Ich habe auch den Didi Kühbauer geherzt, wenn mir danach war. Wenn es jemandem unangenehm ist, hoffe ich, dass er es mir sagt.
Wenn Sie die vielen Telefonate und Verhandlungen von Markus Katzer sehen: Geht Ihnen der Sportchef-Job ab?
Mich hat es besser gemacht, dass ich wirklich alles – vom Regionalliga-Trainer bis Dortmund, vom Kolumnisten bis zum Sportdirektor erlernt habe. Und von alledem ist der Rapid-Trainer der spannendste Job. Aber ich hätte ihn vergangenes Jahr nicht annehmen können.
Wegen der damaligen privaten Situation?
Ja. In knapp zwei Jahren haben uns die vier wichtigsten Menschen verlassen: Mutter, Bruder, die Schwiegermutter und am 1. Jänner der Schwiegervater. Bis dahin hätte ich einfach nicht Trainer sein können, der immer auf der Wiese steht – egal, was passiert. Deswegen habe ich alle Angebote abgelehnt.
Wurden Sie durch die Schicksalsschläge noch gelassener? Weil es eben Wichtigeres als Rapid-Aufreger gibt?
Absolut. Mir ist vieles wichtig und ich passe auf, die „kleinen Probleme“ von Spielern oder Mitarbeitern nicht gering zu schätzen. Aber ich kann es einordnen. Ich weiß immer: Ich habe Schlimmeres durchgemacht.
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