Mädchen im Rapid-Dress: Kick-off mit Verspätung

Mädchen im Rapid-Dress: Kick-off mit Verspätung
124 Jahre nach seiner Gründung stellt der SK Rapid seine ersten Mädchenteams zusammen. Der KURIER war beim Startschuss dabei.

„Habt ihr Bock auf Fußball“, fragt Steffen Hofmann, der mit Trainerteam und einer Gruppe von Mädchen auf dem Kunstrasenplatz vor dem Allianz Stadion steht. Die Kinder zwischen 8 und 12 Jahren, die gekommen sind, um den Rapid-Trainerinnen, dem Geschäftsführer, dem Nachwuchsleiter und der Vizepräsidentin ihr Können zu präsentieren, schreien lauthals „jaaaaaaaaaaaaa“.

Der KURIER war bei einem der drei Sichtungstrainings für Mädchen in Hütteldorf mit dabei und hat nachgefragt, wie zufrieden die Verantwortlichen mit deren Können sind und wie die Pläne im Bereich Mädchenfußball im Vergleich zu den Bubenteams aussehen.

Dass die Mädchen wirklich „Bock“ haben, merkt man wenig später. Matias Costa, Leiter der neu entstandenen Abteilung Frauenfußball, steht mit Klemmbrett und rotem Rapid-Trainingsshirt vor den Mädchen und teilt sie in Kleingruppen auf. Bei einer Technik-, einer Passstation, einer Geschwindigkeits- und einer Matchstation zeigen sie, was sie schon können.

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Die rund 100 Mädchen warteten an drei Tagen geduldig auf Anweisungen der Trainerinnen und Trainer

Auf demselben Rasen wie die Idole

Marco Grüll“, antwortet Stephanie Fuchs auf die Frage nach ihrem Lieblingsspieler. Dass die 10-Jährige an diesem Tag auf demselben Rasen trainieren kann wie Idol, war allein schon die Reise aus dem Burgenland wert. Stephanie ist eines von rund 100 Mädchen, die in der vergangenen Woche nach Hütteldorf zum Sichtungstraining gekommen sind.

Bei der Matchstation zeigt sie im Zwei-gegen-Zwei ihre Kämpfernatur. Sie dribbelt, läuft und passt. „Es ist genau umgekehrt wie bei den Buben“, hört man jemanden sagen: „Den Mädchen muss man eher abgewöhnen, den Ball abzugeben.“ Doch Matias Costa will das nicht so stehen lassen. Verallgemeinerungen zum Frauen- und Mädchenfußball lässt er nicht gelten.

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Franzi

Franzi, 9, aus Dresden hat über eine Freundin vom Sichtungstraining erfahren

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Stephanie

Stephanie, 10, ist Rapidfan und Nachwuchsfußballerin im Burgenland

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Amelie

Amelie, 12, spielt meistens mit Jungs im Park und würde gern bei Rapid spielen

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Sofia

Sofia, 11, will öfter trainieren als bei ihrem bisherigen Verein SC Pötzleinsdorf

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Die Trainerinnen

Lisa-Marie Marik und Mirjam Freimann: "Es ist eine Ehre, die ersten Trainerinnen bei Rapid zu sein"

Verspäteter Start

Mitte August beginnen U-10 und U-12 der Mädchen mit dem Training. Im Herbst steigen sie in die Mädchenliga des Wiener Fußballverbands ein.

Parallel beginnt die Sichtung für das Frauenteam. Im Frühjahr soll mit dem Training begonnen werden. Im Sommer 2024 ist der Einstieg in den Meisterschaftsbetrieb geplant. In der 3. oder 4. Liga. Eine Kooperation mit einem bestehenden Klub ist bei Rapid nicht geplant.

124 Jahre musste der SK Rapid Wien alt werden, bevor er sich für Frauenteams geöffnet hat. Lange wurde über das Thema diskutiert, auch unter früheren Rapid-Führungen. Immer wieder hörte man Argumente gegen ein Frauenteam, während andere Bundesligisten längst eines hatten.

Antrag und Startschuss

Doch als ein Antrag von 165 Rapidfans rund um Clara Gallistl bei der Hauptversammlung vor einem Jahr mit 95 Prozent angenommen wurde, führte kein Weg mehr daran vorbei. „Wir sind im Herbst als neues Präsidium angetreten und für uns war es vollkommen klar, dass wir da ernst machen und das schnell umsetzen“, sagt Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger, die sich selbst beim Sichtungstraining ein Bild machte. Um Sponsoren für das Projekt macht sie sich keine Sorgen, man sei mit einigen interessierten Unternehmen in Kontakt.

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Vizepräsidentin Hanappi-Egger freut sich über mehr als 100 fußballbegeisterte Mädchen in Hütteldorf

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass sich Rapid hier geöffnet hat, weil das eine ziemliche Zugkraft hat

von Vizepräsidentin Hanappi-Egger

hebt die Rolle von Rapid trotz des späten Starts hervor

Nicht nur die Vizepräsidentin ist erfreut über den Startschuss im Frauenfußball, auch Mitinitiator*in Clara Gallistl: „Wir sind hoffnungsfroh, werden aber die Entwicklung weiter kritisch beobachten“, sagt Gallistl und bezieht sich dabei auf die Einbettung des Frauenteams in den Verein und dessen Gleichbehandlung, was Training, medizinische Begleitung und Rahmenstruktur betrifft.

Mädchen im Rapid-Dress: Kick-off mit Verspätung

Nachwuchsleiter Willi Schuldes: "Das Niveau war sehr gut, fast schon überraschend hoch. Das Durchschnittsniveau den Burschen entsprechend."

Spaß und Talent

Nachwuchsleiter Willi Schuldes, unter dessen Aufgabenbereich die Mädchenteams fallen, verspricht im KURIER-Gespräch „das gleiche Qualitätsmanagement, das für die Burschen gilt“. Trainingsinhalte und -schwerpunkte werden dieselben sein. Schuldes ist nach den Sichtungen „sehr zufrieden“ und spricht von „überraschend hohem Niveau – sowohl koordinativ, als auch technisch“.

„Es ist schön zu sehen, wie viel Spaß die Mädls am Fußball haben“, sagt Geschäftsführer Steffen Hofmann. „Es wird eine Herausforderung im Positiven, ein Team zusammenzustellen“, sagt Matias Costa.

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