Frauen und Männer im Spitzensport: Der unmögliche Vergleich

Zwei Tage, eine Sportart, zwei Cup-Endspiele. Am Sonntag trafen einander die Männer-Teams vom Sturm Graz und Rapid Wien in Klagenfurt zum Finale. 30.000 Menschen im Stadion, Hunderttausende vor dem Fernseher.
Heute, Montag, um 15 Uhr, treffen die Frauen-Teams von SKN St. Pölten und Altach/Vorderland aufeinander, ebenfalls um den Cup zu entscheiden. Wenn in der Arena Wiener Neustadt 1.000 Plätze besetzt sind, sei man beim ÖFB zufrieden, hieß es zuletzt bei einer Pressekonferenz.
Angelerntes Interesse
Der Zuschauervergleich ist nicht ganz fair, treffen doch mit Sturm und Rapid heute zwei der anhängerstärksten Fußballteams aufeinander. Doch es ist – nicht nur in Österreich – Realität: „Der Frauensport steht im Schatten des Männersports, was die Aufmerksamkeit der Medien und auch das Interesse des Publikums betrifft“, sagt Medienwissenschaftler Jörg Matthes.
Warum ist das so?
Die Medienanalytikerin Maria Pernegger erklärt sich die Gegebenheiten zum Teil mit „lange gelernter Tradition“. Sie beobachtet seit Jahren die Präsenz von Frauen, etwa in Medien. Gemeinsam mit der Frauen-Sport-Initiative „Exploristas“ und dem Verein „100 % Sport“ hat sie 2020 eine Studie veröffentlicht, die sich mit Frauen in der Sportberichterstattung auseinandersetzt. Auch Sportsoziologe Otmar Weiß glaubt, dass sich die Zuseher das Interesse über die Jahre angelernt haben: „Der Frauenfußball hat noch nicht jene Tradition, die der Männerfußball hat. Traditionen bilden sich über Jahre und Jahrzehnte, die Gewöhnung daran dauert noch.“
„In manchen Sportarten wurde lange das Bild kultiviert, dass sie vor allem von Männern betrieben werden“, sagt auch Jörg Matthes. „Dies ist natürlich falsch, lässt sich aber, wenn es einmal in den Köpfen ist, nur langsam wieder ändern.“ Vor allem auch deshalb, weil Medien sich stark am Publikum orientieren (müssen) – ein Teufelskreis.
Entscheidend sei aber nicht nur, dass über Frauen im Sport berichtet wird, sondern auch wie. Perneggers Studie zeigte etwa, dass Frauen seltener in Aktion gezeigt werden als Männer, sowie oft verniedlicht („Mädls“) oder sexualisiert werden.
Wie über Sportlerinnen berichtet wird, hänge wiederum auch damit zusammen, wer berichtet und welche Annahme bezüglich des Publikumsinteresses besteht. Expertinnen und Experten wünschen sich daher mehr Frauen im Sportjournalismus, aber auch im Trainer- und Funktionärsbereich. Auch dieser Mangel liege an einer „Tradition“, sagt Soziologe Weiß: „Weil die Popularität des Frauensports in Österreich erst mit der Öffnung der Gesellschaft in den 70er-, 80er-Jahren begonnen hat, sind wir noch nicht so weit.“
Prekäre Folgen
Unter dem medialen Radar Spitzensport zu betreiben, ist für viele nicht nur unbefriedigend, sondern auch teuer. „Die mediale Sichtbarkeit hängt etwa über Sponsorenverträge unmittelbar mit der finanziellen Situation der Sportlerinnen zusammen“, sagt Maria Pernegger. „Wenn ich als Sportlerin nicht sichtbar bin mit meinen Erfolgen, dann werde ich auch nicht gut vom Sport leben können.“
Die Expertinnen konnten in den vergangenen Jahren allerdings eine Steigerung des Frauenanteils erkennen, auch wenn sie warnen, daraus schon einen Trend abzuleiten. Es könne auch an einzelnen Phänomenen oder Events wie der Fußball-EM der Frauen liegen. „Im Fußball gibt es in den letzten Jahren eine deutliche Entwicklung“, sagt Pernegger. „Man hat immer gesagt, Frauenfußball interessiert niemanden. Die EM hat aber gezeigt: Wenn Frauenfußball im Hauptabendprogramm übertragen wird und in großen Stadien stattfindet, kann er fürs Publikum genauso attraktiv sein.“
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