Rangnick: "Wir sind in einem Prozess"

Rangnick: "Wir sind in einem Prozess"
Der Salzburger Sportchef über das Duell mit Düdelingen, millionenschwere Transfergerüchte und die Causa Leonardo.

Genau vier Wochen ist Ralf Rangnick in Salzburg Sportchef. Am Sonntag nahm sich der 54-jährige Deutsche für einen ausgewählten Kreis von Journalisten Zeit. Dabei sprach der Ex-Trainer von Stuttgart, Hannover, Schalke und Hoffenheim über ...

... das 2:0 bei Sturm Graz: "Ich habe eine sehr gute erste Halbzeit von uns gesehen. Besonders die erste halbe Stunde hat mir richtig gut gefallen. Das war, was wir in Zukunft sehen wollen. Die zweite Hälfte war geprägt durch die Unterzahl. Da hat man gesehen, dass die Spielweise noch nicht gefestigt ist. Das kann aber auch nicht sein. Die Mannschaft hat sehr abwartend gespielt. Wir haben es dann gut gemacht, aber nicht mit den richtigen Mitteln."

... das Niveau: "Wir brauchen keine Vergleiche anstellen mit Spitzenmannschaften in der Deutschen Bundesliga. Das macht keinen Sinn. Wir sind am Anfang einer neuen Zeitrechnung. Wir sind in einem Prozeß, der nicht mit Fingerschnippen von heute auf morgen geht. Das muss man trainieren. Wir hatten nicht sehr viele Trainingseinheiten, sondern vier Testspiele gegen internationale Gegner innerhalb von acht Tagen. Das hätte ich so nicht ausgemacht. Und Roger Schmidt hätte das sicher auch nicht so ausgemacht."

... die Pleite in Düdelingen: "Ich kann nachvollziehen, dass die Spieler sich gesagt haben: Wir haben gegen Anderlecht 2:0 gewonnen, da werden wir gegen Düdelingen schon irgendwie gewinnen. Das gibt es immer wieder im Fußball. Das sollte nicht so sein, ist aber so. Dann kommst du dort hin, siehst den Platz, siehst das Stadion. Wenn mir jemand nach 20 Minuten gesagt hätte, dass dieses Spiel verloren geht, das hätte ich nicht geglaubt. Und die Jungs auf dem Platz haben das vielleicht auch gedacht. Die Spieler haben dann die falschen Mittel angewendet, sind in die alten Verhaltensmuster der letzten Saison gefallen. Es gab Phasen, da hat kein Spieler versucht, direkt zu spielen. Wir hatten zu lange den Ball, oder wir haben ihn zu schnell verloren. Das war in Graz anders. Das hatte aber auch mit den Spielern zu tun, die auf dem Platz gestanden sind."

... ein mögliches Ausscheiden: "Ich bin kein Mensch, der sich mit Worst-Case-Szenarien auseinandersetzt. Ich bin überzeugt, dass die Mannschaft weiterkommt. Wenn wir in einer der drei Qualifikationsrunden ausscheiden, dann bedeutet dies, dass wir uns noch mit mehr Konsequenz den Dingen widmen müssen. Wenn wir ausscheiden sollten, dann war das, was wir bisher gemacht haben, einfach nicht gut genug. Das muss man einfach so sehen."

... seine Gemütsverfassung beim Spiel in Luxemburg:
"Ich hätte beinahe in meinen Kuli gebissen, weil ich gesehen habe, dass die Jungs immer wieder auf die falschen Mittel zurückgegriffen haben. Aber erfahrungsgemäß nützt das nichts. Du kannst in diesem Moment nichts ändern. Wichtig ist, dass danach die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden. Und das ist geschehen, wie man in Graz gesehen hat. Jetzt geht es darum, das weiter zu führen."

... die Salzburger Kaderplanung: "Momentan ist der Kader nicht zu groß. Es ist klar, dass wir der Mannschaft weitere Qualität zuführen werden. Durch die Verletzung von Dusan Svento suchen wir für links vorne einen schnellen Mann. Auch vorne sind wir wegen der Freistellung von Leonardo am Schauen. Dass wir einen Stürmer suchen, ist logisch. Und sollten wir dann noch einen holen, egal auf welcher Position, bedeutet das gleichzeitig, dass wir auch irgend jemanden abgeben werden. "

... den Status Quo der Causa Leonardo: "Er geht nicht in Salzburg spazieren. Er trainiert jeden Tag mit einem unserer Athletiktrainer, damit er fit bleibt. Das ist auch in unserem Interesse. Ich habe mit seinem Berater eine längeres, sehr gutes Gespräch geführt und ihm gesagt, dass wir offen sind für Gespräche mit interessierten Klubs. Und jetzt muss man sehen, ob es die gibt. An uns wird es nicht scheitern."

... das Gerücht, dass Hannover-Stürmer Didi Ya Konan um acht Millionen Euro Ablöse nach Salzburg kommen wird: "Ich habe den Namen bisher noch nie genannt. Ich bin niemand, der Namen kommentiert, über die in der Boulevardpresse spekuliert wird. Eines kann ich ihnen zu 100 Prozent sagen: Ein Spieler wird nicht um acht Millionen Euro nach Salzburg wechseln."

... Joaquin Boghossian, den mit sechs Millionen Euro Ablöse teuersten Salzburger: "Er war am Samstag nicht im Kader, obwohl wir noch keinen neuen Stürmer geholt haben. Da können sie ihre Schlüsse draus ziehen. Am Samstag hat Jonathan Soriano gespielt. Der ist für mich ein richtig guter Spieler mit hoher Qualität. Stefan Maierhofer hat auch seine Qualitäten, sonst hätte er letzte Saison nicht so viele Tore erzielt. Aber trotzdem tut es der Mannschaft gut, wenn da vielleicht ein anderes Element dazukommt, und das ist Geschwindigkeit."

... die Salzburger Transferphilosophie: "Wir wollen in Zukunft junge Spieler in Salzburg haben. Das schließt aber nicht aus, dass wir irgendwann einen älteren Spieler, den wir zu vernünftigen Konditionen kriegen können und der uns als Mannschaft auf ein ganz anderes Niveau bringt, holen werden."

... mögliche Transfersummen: "Grundsätzlich ist es so, wenn du viel Geld in die Hand nimmst, vier, fünf, sechs Millionen, dann musst du sicher sein, dass der Spieler, wenn er schon älter ist, so eine hohe Qualität hat, dass er der Mannschaft kurzfristig helfen kann, sportliche Ziele zu erreichen, die du ohne ihn nicht erreichen kannst. Wenn es ein jüngerer Spieler ist, dann musst du überzeugt sein, dass, wenn du ihn entwickelst, einen Mehrwert erzielen kannst. Laut meinen Informationen war das in Salzburg bisher nur bei Marc Janko so."

... Teamchef Marcel Koller: "Bisher hatten wir noch keinen Kontakt. Aber ich kenne den Marcel natürlich sehr gut. Es wird sicher bald telefonischen Kontakt mit ihm geben. Und vielleicht bin ich beim Länderspiel gegen die Türkei Mitte August in Wien dabei."

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