Pacult: "In Leipzig zählt nur Platz eins"
Peter Pacult hat zur Saisonhalbzeit sein Ziel mit dem deutschen Fußball-Viertligisten RasenBallsport Leipzig erreicht. Die "Bullen" führen die Tabelle der Regionalliga Nord an. Derzeit schuften die Leipziger noch bis Dienstag im Trainingslager in Belek für den Frühjahrsstart. Im Interview spricht der 52-jährige Wiener, der sich in Leipzig schon gut eingelebt hat, über seine bisherige Tätigkeit beim Red-Bull-Klub, die Umstellung von der Bundesliga in die vierte Liga und seinen Ex-Klub Rapid.
RB Leipzig ist Herbstmeister, wie lautet Ihr Zwischenresümee?
Peter Pacult: Zufrieden kann man dann sein, wenn man das Ziel erreicht hat. Wir sind auf einem guten Weg dahin, aber es ist eine gefährliche Liga. Wir wollen schauen, dass wir den Platz da oben halten können. Unser Vorteil ist, dass wir ganz vorne stehen, auf der anderen Seite sind wir immer der Gejagte. Bis jetzt ist die Mannschaft mit dem Druck gut umgegangen, aber die Meisterschaft entscheidet sich immer im Frühjahr, wenn die Spiele weniger werden, da wird man sehen, wer mit der Situation besser umgehen kann.
Der Druck für Sie als Trainer ist wahrscheinlich größer als noch bei Rapid, wie sehen Sie das?
Ich nehme ungern das Wort Druck in den Mund. Es ist heute egal, ob du ein Bundesligatrainer bist oder ein Trainer in der letzten Klasse, der will auch seine Mannschaft siegen sehen. Es ist eine gewisse große Spannung da, gar keine Frage. In Österreich wollen Salzburg, Rapid, Austria um die Meisterschaft mitspielen, aber es ist so, dass dort die ersten drei oder vier Plätze reichen, um sich international zu qualifizieren und damit zumindest ein kleines Ziel zu erreichen. Hier ist es so, dass nur der erste Platz zählt, auch wenn es für viele unter Anführungszeichen nur die vierte Liga in Deutschland ist.
Kann man eigentlich gewisse Vergleiche mit der Bundesliga ziehen?
Fehler passieren da und dort dieselben. Den Spielern fehlt in gewissen Situationen die nötige Ruhe, irgendwo werden Situationen nicht richtig erkannt, das passiert aber oben genauso. Die Fehlerquote fällt einfach höher als in der Bundesliga aus, aber vergleichen kann man es nicht. Ich würde auch nie Länder miteinander vergleichen.
Wenn man sich den Zuschauerschnitt anschaut sind Vergleiche aber doch möglich, da wäre RB Leipzig in der österreichischen Liga auf Rang vier.
Das ist natürlich positiv, aber wir haben auch 80 Millionen Einwohner in Deutschland. Uns hat das Pokalspiel gegen Wolfsburg sehr viel geholfen. Erstes Pflichtspiel nach einer Saison, die nicht so gelaufen ist, wie man es sich vorgestellt hat und dann kommen 31.000 Zuschauer. Dann gewinnst du auch noch ein dramatisches Spiel, das hebt die Stimmung. Augsburg hat dann noch einmal alles übertroffen. Unsere Spiele haben auch immer etwas hergegeben, wo der Zuschauer auch mitfiebern hat können.
Das Fan-Potenzial scheint in dieser Region groß zu sein.
Absolut, es ist nicht nur in der Region so, sondern allgemein im Osten, egal ob es Dynamo Dresden, Cottbus, Rostock oder Jena ist, die alle schon einmal oben waren. Aber mit der Stadt Leipzig, die eine begeisterte Sportstadt ist, triffst du irgendwie den Nagel auf den Kopf. Da sieht man, dass die Leute wieder Bundesligafußball sehen wollen, aber das wird noch ein bisschen dauern.
Wie war eigentlich für Sie persönlich die Umstellung, plötzlich gegen "No-Name-Gegner" zu spielen?
Für mich persönlich ist es nicht so ein großer Unterschied, weil ich alles in meinem Fußballerleben mitgemacht habe. Als Spieler schon habe ich meine Karriere beendet und trotzdem noch bei einem kleinen Verein Fußball gespielt, da hast du dann gegen richtige Amateure gespielt, deshalb kenne ich das auch. Außerdem habe ich als relativ junger Trainer mit den 1860-München-Amateuren auch irgendwo hinfahren müssen und oft vor nur 200, 300 Leuten gespielt. Natürlich ist ein Derby schön, aber bei mir ist die Anspannung genauso groß, wenn ich gegen Havelse oder wie das alles heißt spiele, weil ich selber alles aus meiner Amateurzeit kenne. Von der Arbeit und der Einstellung macht es keinen Unterschied.
Sollte die Zielsetzung von Red Bull erfüllt werden können, werden Sie es aber ohnehin bald wieder mit klingenderen Vereinsnamen zu tun bekommen?
Meine Motivation ist einfach, erfolgreich zu arbeiten, und man weiß hier ja, was erfolgreich bedeutet, was geplant ist.
Inwiefern könnten weitere Verstärkungen wie Roman Wallner die Ausgangsposition im Titelkampf verbessern?
Ich bin ein Trainer, der auch bei Rapid schon damals, wie wir Meister geworden sind, gesagt hat, die Spieler haben uns ja auch zum Meister gemacht, warum sollten sie nicht die Chance bekommen, sich weiter zu bewähren. Genauso sehe ich das hier. Wir sind mit dem Kader Erster geworden. Statt den Neuen muss wer draußen bleiben, dann fängt etwas die Unruhe an. Aber natürlich tut dir jeder Spieler, wo du hoffst, dass er dir weiterhelfen kann, gut.
Inwieweit verfolgen Sie eigentlich noch die österreichische Bundesliga?
Natürlich schaue ich mir das an, aber ich bekomme nicht mehr so viel mit, was bei den Vereinen so abläuft.
Kam der Winterkönig-Titel für Rapid für Sie überraschend?
Rapid muss man den Titel immer zutrauen. Dass Rapid vom Potenzial her, von der Mannschaft und den Fans da oben steht, würde ich nicht als große Überraschung bezeichnen. Es stimmt natürlich, dass Probleme da waren - keinen Europacupplatz erreicht voriges Jahr, der Platzsturm, im Pokal früh ausgeschieden - diese gewisse Unruhe hat es dem Peter (Schöttel, Anm.) nicht leicht gemacht, aber man sieht was möglich ist, wenn man in aller Ruhe weiterarbeitet.
Wer wird Meister?
Die Meisterschaft ist sehr, sehr eng, wenn man schaut, wie die alle zusammenpicken, da kannst du dir nicht einmal sicher sein, wenn du einmal mit drei, vier Punkten weg bist. Es wird sicher eine sehr interessante Meisterschaft.
Der gerichtliche Streit mit Rapid ist immer noch nicht beendet, wie sehen Sie die Situation?
Ich finde es einfach sehr schade, dass es soweit gekommen ist, das ist das Enttäuschende für mich. Das Kapitel ist aber ausgelesen, und das Buch sollte nun endlich geschlossen werden.
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