Glasner bei Crystal Palace: "Der beste Trainer, den der Klub je hatte“

Oliver Glasner
Wenn Oliver Glasner am Sonntag mit seinem Klub Crystal Palace gegen den FC Chelsea in der Premier League in die Saison startet, dann erwarten viele rund um den kleinen Klub aus dem Süden von London den Beginn einer Abschiedstournee. „Viele Fans haben sich schon mit seinem Abgang abgefunden“, sagt Matt Woosnam über den Trainer aus Österreich. Der Journalist von The Athletic berichtet seit sechs Jahren über Crystal Palace und hat seither knapp 300 Partien des Klubs gesehen. Er erlebt die Stimmung, die rund um Glasner jede Woche herrscht, hautnah. „Die Fans lieben ihn, in ihren Augen ist er der beste Trainer, den der Klub je hatte.“ Nun gut, das überrascht insofern nicht, als dass Glasner es war, der Crystal Palace zu den ersten beiden Trophäen in der 120-jährigen Klubgeschichte geführt hat.
Große Träume
Dem Gewinn des in England so prestigeträchtigen FA-Cups folgte vor einer Woche der Supercup, genannt „Community Shield“, gegen Meister Liverpool. Oliver Glasner lässt die Fans eines kleinen Klubs, der sich so oft nur mit Abstiegskampf konfrontiert sah, von mehr träumen.
Durch den Cupsieg dürfen die Londoner international spielen. Die Conference League ist der vierte Bewerb neben Premier League, FA-Cup und Liga-Cup, an dem man in der bevorstehenden Saison teilnimmt. Und Oliver Glasner hat nach dem Gewinn des Community Shield vor einer Woche sogleich die Marschrichtung vorgegeben. „Wir spielen dieses Jahr in vier Bewerben. Das sind vier Titel, die wir gewinnen können“, sagte der 50-Jährige in seiner Kabinenansprache, die gefilmt und vom Klub über die sozialen Netzwerke verbreitet wurde. Geschmunzelt hat er dabei nicht. Oliver Glasner meint es ernst, wenn er von vier Titeln spricht. „Stillstand akzeptiert er nicht. Glasner will immer einen Schritt weiter gehen. Das hat bei diesem Klub sehr lange gefehlt“, sagt der Journalist.
Doch die Ambitionen des Trainers sind irgendwie Fluch und Segen zugleich und der Grund, warum ihn schon viele bei einem anderen Klub sehen. Fakt ist: Im Sommer 2026 läuft Glasners Vertrag aus. Und obwohl es schon Gespräche über eine Verlängerung gegeben hat, hat der Oberösterreicher noch kein neues Arbeitspapier unterschrieben. Immer wieder ist zu lesen, dass Glasner Verstärkungen fordert. Gekommen ist bisher nur ein zweiter Tormann und der linke Verteidiger Borna Sosa.
Kann Glasner auch mit fast identem Personal den nächsten Schritt gehen mit seinem Team? „Die fehlende Kaderbreite wird in dieser Saison definitiv zu seiner größten Herausforderung“, sagt Matt Woosnam. Durch die Teilnahme an der Conference League stehen dem Klub deutlich mehr Spiele und Reisen bevor als zuletzt, sofern man sich im Play-off gegen Fredrikstad aus Norwegen erwartungsgemäß für die Ligaphase qualifiziert.
Doch vermutlich wird es Oliver Glasner nicht aus der Ruhe bringen, sollte ihm Klubbesitzer Steve Parish keine neuen Spieler gewähren. Denn Gelassenheit und Geduld zählen zu den großen Stärken des Innviertlers. Der dreifache Familienvater weiß nicht erst seit einer Blutung im Kopf, wegen der er 2011 seine aktive Karriere beenden hatte müssen, dass es Wichtigeres gibt, als Fußball.
Trainer und Mensch
Und so schätzt man Oliver Glasner in London nicht nur als Trainer, sondern als Mensch, der sich nach den wöchentlichen Pressekonferenzen im Vorfeld des jeweiligen Spiels traditionell bei Kaffee und Kuchen Zeit nimmt, um alle Fragen zu beantworten. Nur, als vor dem FA-Cup-Finale im Mai mehr Reporter gekommen waren und schließlich kein Stück Kuchen mehr für den Chefcoach übrig war, wurde es kurz hektisch. „Da hat er gesagt, das sei jetzt ein schlechtes Omen fürs Finale“, erinnert sich Matt Woosnam. „Zum Glück hat man in der Kantine noch ein Stück für Glasner gefunden.“ Der Ausgang des Endspiels ist bekannt. Wie oft mit Oliver Glasner noch genascht wird, bleibt abzuwarten.
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