Schüchtern, aber treffsicher: Wie Raul Florucz zur Hoffnung im ÖFB-Team wurde

Raul Florucz beim ÖFB-Medientermin
Union St-Gilloise ist in Belgien in etwa das, was in Österreich der Wiener Sport-Club oder die Vienna ist. Einer der ältesten Klubs des Landes mit Erfolgen in früheren Jahren, der später etwas untergetaucht ist. Mit dem feinen Unterschied: Im Gegensatz zum WSC und der Vienna ist der Verein nach Jahrzehnten im Unterhaus nun wieder erstklassig – und erfolgreich.
80 Jahre nach dem bisher letzten Titel krönte sich der Klub aus einem Vorort der Hauptstadt Brüssel in diesem Jahr wieder zum nationalen Meister und spielt in den kommenden Monaten in der Champions League. Um die stolze Ablösesumme von fünf Millionen Euro verpflichtete St-Gilloise diesen Sommer einen Teamspieler aus Österreich, der sofort eingeschlagen hat.

Raul Florucz bei St-Gilloise
Raul Florucz kam von Olimpija Ljubljana und erzielte in den ersten sechs Ligaspielen bereits vier Tore. Davon zwei aus Elfmetern. „Was meine Form betrifft, könnte man von den Zahlen meinen, ich wäre bei 100 Prozent. Aber ich sag’: Da geht noch viel mehr.“ Und das, obwohl das Niveau in der belgischen Liga deutlich höher sei als zuletzt in Slowenien. „Beim Spieltempo und im physischen Bereich merkt man einen richtigen Unterschied.“
Florucz, den man „Florutz“ ausspricht, hat jedenfalls gleich seinen Beitrag geleistet zum gelungenen Start in die Liga. Der Titelverteidiger ist nach sechs Runden mit 14 Punkten an der Spitze.
„Wir spielen attraktiven, offensiven Fußball, der zu mir passt“, sagt Florucz, der auch bei seinem Transfer genau darauf geachtet hat, was zu ihm passt. Gehandelt wurde er nach 18 Pflichtspieltoren in Slowenien auch bei Klubs der deutschen Bundesliga. „Ein Jahr vor der WM ist das Allerwichtigste für mich aber, zu spielen.“
Die Verantwortlichen von St-Gilloise hätten ihm eine Hauptrolle im Team in Aussicht gestellt. Und natürlich hat sich Florucz auch genau angesehen, welch gutes Sprungbrett die belgische Liga im Allgemeinen und sein neuer Klub im Speziellen ist. St-Gilloise hat in der nun vergangenen Transferperiode Spieler um knapp 70 Millionen Euro nach England, Deutschland, Frankreich und Portugal verkauft. Und der Klub vor den Toren Brüssels soll auch für ihn nicht die Endstation sein.
Was ihm egal ist
Druck verspüre er jedenfalls keinen, obwohl er durch die Ablöse von fünf Millionen Euro zum drittteuersten Einkauf der Klubgeschichte wurde. „Das ist mir egal. Ich seh’ keinen Grund, warum ich mir selbst Druck machen sollte. Ich bin da, um Fußball zu spielen.“ Das tut er der Linksfuß, der oft von rechts zur Mitte dribbelt, am liebsten als Freigeist hinter einer echten Spitze. Bei St-Gilloise ist er aktuell in der 3-5-2-Formation einer von zwei Stürmern.
Eine fixe Rolle im ÖFB-Team gibt es noch nicht. Bereits im März hatte der 24-Jährige unter Ralf Rangnick sein Debüt im ÖFB-Team gefeiert. Nachdem er wegen einer Muskelverletzung Anfang Juni vor den Siegen gegen Rumänien, die Heimat seiner Eltern, und San Marino aus dem Teamcamp abreisen musste, ist er nun wieder dabei – und für den Teamchef eine Option.
Was er besser machen will
„Ich bin fit und bereit“, betont Florucz, der schon sieben Pflichtspiele in den Beinen und damit gegenüber anderen Offensivspielern einen Vorsprung in Sachen Spielrhythmus hat. Klar, dass er dennoch aktuell noch zu den neuen Gesichtern zählt. „Die Connection mit den Mitspielern muss noch besser werden. Und ich noch lockerer. Dann spiele ich auch meinen besten Fußball, wenn ich zu 100 Prozent locker bin.“
Warum er das noch nicht sei? „Ich tu’ mir ein bisschen schwer mit Neuanfängen“, sagt der 24-Jährige mit einem schüchternen Grinser. Und trotzdem ist er bei seinem neuen Klub schon nach kürzester Zeit Elfmeterschütze. „Der Trainer hat mich einfach als ersten Schützen auf die Liste gesetzt.“ Mit Erfolg. „Anscheinend habe ich gleich mit dem ersten Elfer überzeugt, den ich in den Winkel gehaut hab’. Ich glaub’, das bleibt jetzt auch so.“
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