Neymar: Genie und Hairgott

epa03752195 Jo (C, from behind) of Brazil reacts after scoring from a pass by Neymar (R), accompanied by Dani Alves (L) of Brazil during the match between Brazil and Mexico at the FIFA Confederations Cup 2013 in Fortaleza, Brazil, 19 June 2013. EPA/ROBERT GHEMENT
Brasiliens Fußball-Liebling zeigt beim Confed-Cup, warum er Barcelona 57 Millionen Euro wert ist.

Die Frisöre in Brasilien müssten den jungen Mann eigentlich zu ihrem Schutzpatron ernennen. „São Neymar“ könnte er zum Beispiel heißen. Oder gar etwas blasphemisch „Hairgott“.

Die jungen Fans in Brasilien wollen ausschauen wie er und sorgen für den goldenen Schnitt. Trägt Neymar einen Irokesen, stehen bei Zigtausenden Youngsters die Haare zu Berge. Und wenn er beim Confed-Cup seitlich kurz, oben länger und vorne noch länger trägt – dann wird aufs Strähnchen genau neu geschnitten und frisch gegelt.

In Tagen wie diesen sieht man den echten Neymar aber nur selten, meist wird hinter verschlossenen Stadiontoren trainiert. Vor diesen schreien zwei- bis dreitausend Fans den Namen des Jungstars. Wenn die Tore schließlich doch geöffnet werden und Neymar die Hand zum Gruß hebt, steigt der Lärmpegel weit über österreichisches Bundesliganiveau. Die Neymarzetes, wie seine weiblichen Fans genannt werden, sorgen für Gekreische Marke Popkonzert.

Schönes Spiel

Mit seinen Auftritten beim Confed-Cup steigert Neymar den Hype um seine Person, rechtfertigt das Vertrauen des Teamchefs in ihn. Zumal Neymar in dieser teils biederen brasilianischen Nationalmannschaft der Vertreter des jogo bonito ist, des schönen Fußballspiels, das die Fans – natürlich neben den Erfolgen – von der Nationalmannschaft sehen wollen. Schon im ersten Spiel hat er gegen Japan getroffen, hat eine Durststrecke von 842 torlosen Teamminuten beendet. Auch gegen Mexiko hat er getroffen. Aber vor allem die Vorarbeit zum 2:0, bei der er zwei Mexikaner wie Schulbuben stehen ließ, zeigte sein Potenzial und seinen Zauber.

Dabei war schon von Krise die Rede. Neymar ist sogar von Pelé kritisiert worden. Das auch von Neymar verehrte Fußball-Idol, das wie der Jungstar bei Santos gespielt hat, sagte dem Independent im Februar dieses Jahres: „Seine Hauptsorgen sind Mode und Frisur.“

Andere Erklärungen über das spielerische Tief lagen im Transfertheater um Neymar. Und bei der Weltfußballer-Gala hat ihn Pep Guardiola, damals in Auszeit, ab Montag bei den Bayern, angesprochen. Neymar verriet, dass ihn dieser gefragt habe, ob er in Zukunft einmal unter seiner Regie spielen wolle. Seine Antwort verriet Neymar aber nicht.

Haarige Sache

Real Madrid wollte ihn 2005 mit 13, fragte zwei Jahre später nochmals an. 2010 nahm ihn Dunga nicht mit zur WM. Santos musste Sponsoren auftreiben (mittlerweile sind es zwölf), um ihn beim Klub halten zu können. Dann buhlte Chelsea um ihn und wieder Real. Santos-Präsident Luiz Alvaro de Oliveira erklärte aber: „Trainer José Mourinho hat von ihm verlangt, dass er sich die Haare schneidet, wenn er zu Real kommt.“

Neymar kommt im Sommer für rund 57 Millionen Euro nach Barcelona. Aber nicht nur er. Denn die Katalanen erfüllen ihm jeden Wunsch. Die ganze Familie übersiedelt nach Barcelona. Vater, Mutter, Schwester und vielleicht auch Telenovela-Sternchen Bruna Marquezine. Angeblich hat er sich vertraglich auch zusichern lassen, dass die sechs besten Freunde alle drei Monate eingeflogen werden. Mit seinen parças (Partner, Haberer) hat er einst in seinem Geburtsort Praia Grande an der Küste von São Paulo auf den steilen Straßen Fußball gespielt.

Politischer Kopf

Jetzt ist er für die Millionen Fans im Lande ein Quell der Freude. Der aber nicht die Augen verschließt vor dem, was außerhalb der Stadien passiert. Der 21-Jährige zeigt Verständnis für die Proteste der Menschen: „Ich will ein gerechteres Brasilien, ein sichereres, ein gesünderes, ein ehrlicheres.“

Damit kam er weit besser an als sein Idol: Pelé zog den Zorn der Brasilianer auf sich, indem er zum Streik-Ende aufrief. „Vergessen wir all die Aufregung, die derzeit in Brasilien passiert, all diese Proteste, und erinnern wir uns, wie sehr die brasilianische Mannschaft für unser Land und unser Blut steht“, sagte er.

„Gehen Sie in die Krankenhäuser, nehmen Sie einen Bus ohne Wachleute, dann möchte ich sehen, ob Sie weiterhin solche dummen Dinge sagen“, postete ein User auf Facebook.

Kommentare