Napoli-Boss De Laurentiis: Autoritär, aufbrausend, ausgeflippt

Liebt  Auftritte ohne Tabus: Aurelio de Laurentiis sagt, was er sich denkt und nimmt Anfeindungen in Kauf.
Filmproduzent Aurelio de Laurentiis führte Salzburgs Gegner aus der dritten Liga in die europäische Elite.

De Laurentiis ist ein klingender Name – in der Filmwelt sowieso, aber mittlerweile auch im Fußball. Der italienische Filmmogul Aurelio De Laurentiis leitet seit 15 Jahren die Geschicke von Salzburgs Champions-League-Gegner SSC Napoli – und das selbstherrlich, autoritär, cholerisch, aber auch ziemlich erfolgreich.

Der 70-Jährige steht im Mittelpunkt. Und das gerne. Wenn De Laurentiis in ein Stadion kommt, dann hält er Hof. Das war auch vor zwei Wochen in Salzburg so. Als er beim Abschlusstraining am Tag vor dem ersten Duell zwischen Österreichs Meister und Italiens Vizemeister in der Red-Bull-Arena auftauchte, bildete sich sofort eine Menschentraube um ihn.

Denn die italienischen Journalisten wissen: Redet der allmächtige Napoli-Boss in der Öffentlichkeit, dann gibt das Stoff für eine Geschichte. Und sie wurden nicht enttäuscht: Mit Superstar Zlatan Ibrahimovic habe er sich in Los Angeles zum Essen getroffen, erzählte De Laurentiis, der sich den Schweden in seinem Team vorstellen könnte: „Viel mehr als ein Vorschlag, könnte es ein Wunsch sein. Es hängt aber alles von ihm ab.“ Das reichte für die Schlagzeile „ Napoli will Ibrahimovic“ in praktisch allen Gazetten.

Berühmter Onkel

Der Clan der De Laurentiis stammt aus Torre Annunziata in der Nähe von Neapel. Dort produzierte man Pasta – bis Dino, dem Onkel von Aurelio, die Kleinstadt zu klein wurde. Das Kino hatte ihn gefesselt, also zog es ihn mit 17 in die Filmmetropole Rom.

Bald erkannte Onkel Dino De Laurentiis, dass er weniger Talent habe, um in Filmen mitzuspielen als diese zu produzieren. Schon 1946, im Alter von nur 27 Jahren gründete er eine eigene Filmfirma.

Drei Jahre später kam jener Streifen in die Kinos, der nicht nur zu einem Klassiker wurde, sonder auch das Leben aller De Laurentiis veränderte: „Bitterer Reis“ mit seiner späteren Ehefrau Silvana Mangano, mit der er bis zu deren Tod 1989 verheiratet war. Es folgten große italiensche Filme, darunter der wohl bekannteste, oscarprämierte „ La Strada“ von Regie-Star Federico Fellini, der 1954 auch mit dem Oscar als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet wurde.

Doch als er dann noch ein eigenes Filmstudio namens „Dinocitta“ gründete, riss der Erfolgsfaden. „Das war der einzige Fehler meines Lebens“, sagte Dino De Laurentiis vor seinem Tod 2010.

Er wagte den Neustart in Hollywood – und das, obwohl sein Englisch alles andere als gut war. Aber auch in den USA hatte er Erfolg. Filme wie „Serpico“, „Drei Tage des Condors“, „King Kong“ oder „Conan der Barbar“ gehören zu jenen 150 Werken, die von ihm finanziert wurden.

Seichte Komödien

Fast alle Mitglieder der Familie De Laurentiis verdienen heute ihr Geld im Filmgeschäft. Natürlich auch Neffe Aurelio. Er leitet das Familienunternehmen „Filmauro“, eine Filmproduktions- und -verleihfirma. Viel Geld verdiente er mit seichten Weihnachtskomödien, die in Italien mehr Menschen als Harry Potter in die Kinos lockten. Aber als echter Italiener hat Aurelio De Laurentiis auch ein Faible für den Fußball. Über seine Firma kontrolliert er seit 2018 neben Napoli mit dem Drittligisten SSC Bari einen zweiten Klub. Dort ist sein 40-jähriger Sohn Luigi Präsident, der natürlich ebenfalls Filmproduzent ist.

Bei Napoli sitzt Aurelio De Laurentiis selbst auf dem Präsidentenstuhl. Als er diesen 2004 übernahm, stand der Klub, der in den 1980er- und 1990er-Jahren mit Zugpferd Diego Maradona seine größte Zeit hatte, vor dem Ende.

„Er hat ein fotogenes Profil – wie der junge Kirk Douglas.“

von Aurelio de Laurentiis

Aurelio de Laurentiis erklärte, warum er Erwin Hoffer von Rapid verpflichtet hat.

De Laurentiis musste in der 3. Liga starten – mittlerweile gehört Napoli nicht nur in Italien, sondern auch in Europa zu den Topklubs – sportlich und wirtschaftlich. Er führt den Klub rigide, aber auch extrem sparsam.

Berühmt machten Aurelio De Laurentiis seine markigen Sprüche und sein Hang zur Selbstinszenierung. Vergangene Woche vergriff er sich ordentlich im Ton. Nachdem Trainer Ancelotti beim 2:2 gegen Atalanta von Schiedsrichter Pino Giacomelli ausgeschlossen wurde, giftete der Napoli-Boss erbost in Richtung Referee: „Ohne uns würde er Kartoffel schälen!“

Verkleidungskünstler

Er führt auf unkonventionelle Weise Regie: Teampräsentationen finden auf Luxusyachten statt, zu denen die Spieler eingeflogen werden. Der Schweizer Gökhan Inler musste bei seiner Vorstellung eine flauschige Löwen-Maske tragen – mitten im Hochsommer. Der Filmemacher produziert auch andere Schlagzeilen: Bei einer Versammlung der italienischen Klubbosse prügelte er auf den Lazio-Präsidenten ein.

Und als er sich einmal bei der Spielplanerstellung der Serie A benachteiligt fühlte, stürmte er wutentbrannt aus dem Verbandsgebäude in Rom, bestieg den Rücksitz eines vorbeifahrenden Mopeds und schrie den wartenden Journalisten zu: „Das ist eine Schande für ganz Italien. Ich gehe zurück ins Filmgeschäft.“ Er ist natürlich beim Fußball geblieben.

Kommentare