Nach Horrorverletzung: Trauriges Ende eines italienischen Helden
Hätte Leonardo Spinazzola vor rund 2.000 Jahren gelebt, hätte man ihm durchaus die Bezeichnung tragischer Held auf den durchtrainierten Leib schneidern können. Immerhin war der 28-Jährige eine der Entdeckungen der Italiener bei dieser EM, immerhin ist er in seiner Arbeitsanstellung stolzer Römer.
Und nun? Ein Achillessehnenriss, zugezogen im Sprint, stoppte Spinazzolas Erfolgslauf in der Schlussphase des 2:1-Viertelfinalsieges seiner Italiener gegen Belgien. Während sich die Kollegen in den siebenten Himmel spielten, landete Spinazzola auf dem Boden einer traurigen Realität. Schwer verwundet an der Achillesferse (um die griechische Mythologie zu bemühen). Die Bilder, als er unter Tränen auf die Trage und auf dieser vom Platz musste, gingen um die Fußballwelt.
Offensivgeist
Der AS-Roma-Spieler hat den Begriff des typischen italienischen Verteidigers wie nur wenige vor ihm umgeschrieben, selten sah man einen etatmäßigen Defensivspieler mit einem derartigen Drang, die Offensive zu gestalten. Selten wurde es um den gegnerischen Strafraum so gefährlich, wenn Spinazzola zu seinen Sturmläufen ansetzte. Als Sinnbild für eine ungewohnt erfrischend aufspielende Squadra Azzurra, die einst vom Catenaccio gegeißelt wurde. Dem Abwehrriegel, der einst von der argentischen Trainer-Legende Helenio Herrera nach Mailand gebracht wurde und der irgendwie über Jahrzehnte die Taktik prägend nicht mehr aus dem Land verschwinden wollte. Irgendwie bezeichnend, dass dieser nun endgültig Geschichte ist, seitdem mit Roberto Mancini ein ehemaliger Topstürmer das Trainer-Zepter in den Händen hält.
Der 56-Jährige ist bei aller Freude und Vorfreude auf das Halbfinal-Duell mit Spanien am Dienstag auch ein bisschen traurig, er hat Mitleid mit dem schnellsten EM-Verteidiger. „Es hat mich sehr getroffen, ihn in Tränen zu sehen. Er hat das nicht verdient. Er war einer unserer besten Spieler.“ Und auch Torschütze Lorenzo Insigne bedauert Spinazzolas Verletzung: „Das ist ein schwerer Verlust für uns. Das ist sehr schade und traurig. Er war so wichtig.“
Vor geraumer Zeit wäre es noch undenkbar gewesen, dass über Spinazzola so viel geschrieben und gesprochen werden würde. Denn als der Verteidiger im Jahr 2010 im Alter von 17 Jahren einst zu Juventus kam, dauerte es mit dem Durchbruch noch lange Zeit. Sieben Ausleihen folgten (Empoli, Lanciano, Siena, Atalanta, Vicenza, Perugia und nochmals Atalanta), ehe Bergamo den Mann im Jahr 2018 fest verpflichtete. Der letzte, große Schritt folgte 2019, als ihn die AS Roma für etwa 30 Millionen Euro erwarb. Dort blüht Spinazzola richtig auf, er war gerade in der jüngsten Serie-A-Rückrunde einer der besten Akteure, wenngleich es am Ende nur für einen Conference-League-Platz reichte.
„Bald zurück“
Die Verletzung Spinazzolas wird deswegen auch in der Ewigen Stadt mit Bedauern aufgefasst, schließlich tangiert eine monatelange Pause auch die Planungen des dort jüngst vorgestellten neuen Trainers José Mourinho.
Spinazzola macht gute Miene zum traurigen Spiel. „Ich kann euch nur sagen, dass ich bald zurück sein werde! Da bin ich sicher!“, schrieb der 28-Jährige am Samstag auf Instagram.
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