Was fehlt Ihnen vom Profifußball?
Wenn überhaupt etwas, dann das Kabinenflair. Aber ansonsten nichts, weil sich der Fußball stark verändert hat. Es ist nicht mehr so, wie es früher war. Die Kabinenatmosphäre ist ganz speziell. Wer Mannschaftssport gespielt hat, weiß das. Man trifft sich tagtäglich, schon zum Frühstück, hat gemeinsam Spaß, erlebt gemeinsam Höhen und Tiefen, es schweißt zusammen oder gibt auch Reibereien.
Sie haben bei Mönchengladbach die U19 trainiert, jetzt in Güssing die U14. Da ist sicher auch die Pubertät der Spieler ein Thema. Was unterscheidet die Jugendlichen von heute von jenen aus Ihrer Generation?
Die Jugendlichen hängen viel an ihren Handys, Tablets oder an der Playstation. Ich bin damals nach Hause gekommen, hab’ die Schultasche abgegeben und hab’ mich mit Freunden verabredet zum Fußballplatz. Wenn die Sonne untergegangen ist, bist du nach Hause gegangen, hast Hausaufgaben gemacht, hast gegessen und bist schlafen gegangen. Die Prioritäten verschieben sich. Damit muss man auch als Nachwuchstrainer klarkommen. Man kann nicht sein eigenes Ich heranziehen und sagen: Ich hab das so gemacht, jetzt müssen es die anderen auch so machen. Das ist der falsche Ansatz. Auch im Profibereich, wo sich viele mehr im Social-Media-Leben darstellen, als sie ihre Arbeit auf dem Platz verrichten. Das finde ich unheimlich schade und ich will diese Generation dahin kriegen, dass sie wieder weggehen von dem ganzen Thema und wirklich alles dafür geben, um ihre Wünsche und Ziele zu erreichen.
Wie machen Sie das, als Vater, aber auch als Trainer?
Ich hab’ immer so einen lockeren Spruch drauf und frage: Wenn ihr Playstation oder mit eurem Smartphone spielt, wie werdet Ihr besser? Dann sagen sie: Ja wenn sie viel Zeit damit verbringen und viel spielen. Und dann sage ich, dass das selbe Prinzip auch auf den Fußball zutrifft. Das funktioniert dann ein paar Tage ganz gut und der Fokus ist wieder mehr auf das Fußballtraining gerichtet. Aber wir bewegen uns hier in der Jugend in einem Bereich, wo man speziell im Südburgenland noch nicht davon reden kann, dass es irgendwo in die Richtung von professionellem Sport geht. Wir versuchen, jedem Kind die Möglichkeit zu geben, dass die Basis vorhanden ist, wenn ein Talent dabei ist, das später in eine Fußballakademie geht oder irgendwo entdeckt wird.
Wie bewegen Sie sich selbst in der Social-Media-Welt?
Ich war aktiv, dann habe ich ein Jahr lang alles offline geschalten. Jetzt habe ich es wieder aktiviert, um wieder Kontakt zu ehemaligen Kollegen zu haben.
Sie werden demnächst Israels Team von Teamchef Andreas Herzog als Videoanalyst und Individualtrainer für die Defensive unterstützen. Wie ist es dazu gekommen?
Andi hat mich schon voriges Jahr gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Damals sind wir gerade nach Österreich zurückgekommen und ich wollte noch die Ruhe genießen. Jetzt hat er mich wieder kontaktiert. Der Zeitrahmen ist überschaubar. Ich fand das Thema spannend und habe mir einige Spiele angesehen. Auch das Land ist spannend. Am 15. März treffen wir uns zur Vorbereitung auf das Spiel in Schottland.
Welche Erkenntnisse haben sie aus Ihren Videoanalysen gewonnen?
Die Mannschaft kriegt zu viele Gegentore. Sie bekommen zwar viele Spieler hinter den Ball, wie man so schön sagt, verteidigen aber nicht aktiv. Da setzen wir an.
Das Abenteuer könnte bei einer Niederlage in Schottland schon wieder vorbei sein. Welche Vereinbarung haben Sie getroffen?
Ich bin nicht fest angestellt. Für die Zeit, die ich da bin, schreibe ich ein Honorar. Auch aufgrund meiner Trainerausbildung. Ich bin gerade Mal im dritten Stadium, der UEFA-B-Lizenz. Danach kommt die A-Lizenz und dann die Pro-Lizenz. Und du musst immer ein Jahr dazwischen Arbeiten, bevor du in die nächste Ausbildung gehen kannst. Deshalb kann ich auch nicht den Status eines Co-Trainers haben. Deshalb bin ich Individualtrainer oder Videoanalyst. Man wird sehen, wie der Verband plant, wie es mit Andi Herzog weitergeht und für die weitere Zeit wird man sich zusammensetzen. Es kann aber auch ganz schnell gehen und auf einmal ist man bei einer Europameisterschaft. Das wäre ein Highlight.
Wie sehen darüber hinaus Ihre persönlichen Ziele für eine Trainerkarriere aus?
Langfristig zu planen habe ich mir abgewöhnt. Ich habe bewusst kleiner angefangen, im Jugendbereich, um alle Facetten des Trainerseins kennenzulernen. Ich habe schon in Deutschland beim FC Büderich im Bereich der U9, U10 und U11 als Trainer gearbeitet, um Erfahrung zu sammeln. Da kannst du auch testen und Fehler machen. Im Profibereich kannst du dir wenige Fehler erlauben.
In Ihrer Mannschaft spielt auch Ihr Sohn. Sprühen da manchmal die Funken?
Ja, die sprühen, aber zwischen Spieler und Trainer und vielleicht Mal von Sohn zu Vater, aber umgekehrt nicht. Eine meiner positiven Eigenschaften ist, dass ich das sehr gut trennen kann. Für den Sohnemann ist es natürlich schwieriger. Er hat aber auch schon seine Erfahrungen gesammelt. Er bezieht halt vieles auf sich, jedes Wort oder Kommando, das von außen kommt. Jede Anweisung, oder Kritik oder Lob. Als ich aber in Mönchengladbach mit der U19 gearbeitet habe, hat er von außen gesehen, dass es egal ist, wie der Spieler heißt. Aber das ist natürlich für einen 12- oder 13-Jährigen schwierig nachzuvollziehen. Ich versuche ihn dabei zu unterstützen, seine Ziele zu verwirklichen. Im Endeffekt ist es mir egal, was er macht oder werden will. Hauptsache er macht es mit 100 Prozent Einstellung und Leistungsbereitschaft. Wenn man nur mit 50 oder 60 Prozent arbeitet, hat man in der aktuellen Zeit keine Chance mehr.
Was ist er für ein Spieler?
Er spielt im defensiven Mittelfeld, hat ein sehr gutes Auge, ein sehr gutes Passspiel, ist läuferisch gut und überrascht uns immer wieder, wie er gewisse Situationen im Spiel erkennt. Da sieht man, dass er ein gutes Talent in diesem Bereich hat.
Verfolgen Sie den Profifußball in Österreich?
Teilweise. Ausgewählte Spiele. Von der Nationalmannschaft habe ich den letzten Spiele verfolgt, österreichische Liga weniger, deutsche Bundesliga mehr und die englische Premier League. Ab und zu werde ich dann enttäuscht und ärgere mich und frag mich: Warum hast du dir das angeguckt?
Was kann Sie enttäuschen?
Wenn man das Gefühl hat, dass die Spieler nicht mit 100 Prozent bei der Sache, sondern mit dem Kopf schon wo anders sind, als auf dem Platz. Ich musste mir in meiner Karriere alles immer sehr hart erarbeiten und ich weiß, was es bedeutet, auf vieles zu verzichten. Dann tut es weh, wenn ich Spieler sehe, die es eigentlich geschafft haben, aber der letzte Wille fehlt, um erfolgreich zu sein.
Woran könnte das liegen?
Da sind wir wieder bei dem Thema. Viele leben in ihrer Social-Media-Zeit. Wenn man sieht, wie viele Spieler tagtäglich Posts absetzen, wenn man kurz vor dem Spiel noch ein Selfie oder irgendwas postet. Aber auch Geld spielt eine Rolle. Zu meiner Zeit waren ein oder zwei Unter-20-Jährige im Kader, der Rest war zwischen 28 und 32. Jetzt ist eher es umgekehrt. Früher hast du deinen ersten guten Vertrag auch erst mit 25 oder 26 unterschrieben. Heute wollen ein Top-Talent viele Vereine haben. Automatisch schaukeln sie sich hoch und die Spieler kriegen irrsinnig viel Geld bezahlt.
Wie könnte man dagegen steuern?
Es besteht kein Bedarf, dass man die Handys in der Kabine hat. Ich kenne es aus meiner Zeit, dass es draußen ein Postfach gibt, wo man sie abgibt. Wenn was wichtig ist, kann man den Spieler jederzeit über den Verein erreichen und bescheid sagen. Nichts ist so wichtig, dass man permanent sein Handy dabei haben muss. Selbst beim Mannschaftsabend ist es ständig dabei. Aber wie kann man dagegen wirken? Nimmt man es ihnen weg, weiß man wie das ab und zu geht. Dann spielen die Spieler halt schlecht oder tun sich zusammen und schießen sich auf den Trainer ein. Das Thema ist nicht einfach anzupacken. Aber wenn man in der Kindheit anfängt, gewisse Regeln einzuführen, dann ist es oben dann auch einfacher. Nicht nur im Fußball, auch in der anderen Arbeitswelt.
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