Von den Nazis verfolgt, dann ÖFB-Teamchef: Leopold Stastny

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Wenn die Gestapo auftauchte und nach ihm suchte, wurde Leopold Stastny von seinen Mitspielern gewarnt. Eine Ausstellung erinnert an sein Leben.

Zusammenfassung

  • Ausstellung in Innsbruck ehrt Leopold Stastny, Überlebender des Nazi-Terrors und prägender ÖFB-Teamchef.
  • Stastny revolutionierte österreichischen Fußball mit nachhaltigen Projekten und neuen Trainingsmethoden.
  • Als Jude erlebte Stastny Verfolgung, sprach aber nie öffentlich darüber und lehnte später ein Angebot des FC Bayern ab.

Am Innsbrucker Sparkassenplatz herrscht für gewöhnlich ein hektisches und lautes Treiben. Seit einigen Tagen kann man hier freilich immer wieder Menschen beobachten, die im allgemeinen Trubel inne halten, eine kurze Auszeit nehmen  und sich den Tafeln widmen, die quer über den Platz aufgestellt sind.

Leopold Stastny –  Überlebender des Nazi-Terrors, Trainerlegende und Erfinder der Schülerliga so heißt die Ausstellung, die in Innsbruck einen Monat lang Station macht. Die Schau behandelt das Leben und Wirken einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des österreichischen Fußballs.

Vom aktuellen ÖFB-Team werden vermutlich nur die wenigsten mit dem Namen Leopold Stastny (1911 – 1996) etwas anfangen können. Dabei ist der gebürtige Slowake nicht nur bis heute der ÖFB-Teamchef mit der längsten Amtszeit in der Nachkriegszeit (2.657 Tage), vor allem fungierte Leopold Stastny von 1968 bis 1975 als Entwicklungshelfer und Modernisierer mit langfristigen Visionen und nachhaltigen Projekten. „Er war der Baumeister der Erfolge bei der WM 1978 und 1982 und war Wegbereiter neuer Trainingsmethoden“, sagte  Tirols Verbandspräsident Josef Geisler anlässlich der Eröffnung der Ausstellung in Innsbruck.

Leopold Stastny, und das ist durchaus eine Parallele zu Ralf Rangnick, hat sich nie nur als Trainer und Teamchef gesehen, er hat über die Seitenlinie hinausgeblickt und  sich als  Integrationsfigur verstanden. In Innsbruck, wo er von 1966 bis 1968 beim FC Wacker tätig war, trainierte er nebenbei noch Studenten und Hobbykicker. 

Nach seiner Zeit als Teamchef führte er die Fußball- und Volleyballschülerliga ins Leben.

Fußballer, von der Gestapo verfolgt

Was die wenigsten wussten und worüber Leopold Stastny auch nie in der Öffentlichkeit sprach:  Er war Jude und sah sich mit den Gräueltaten des Naziregimes konfrontiert. Seine Eltern kamen im Konzentrationslager um, Stastny wurde als Fußballstar von SK Bratislava vorerst „geduldet“. In der Wiener Ausgabe des Völkischen Beobachter wurde er als „Zionistenjüngling“ und „Hausjude“ des SK Bratislava denunziert.

Die letzten Kriegsmonate versteckte sich Stastny in Bratislava, ließ sich aber trotzdem immer wieder im Stadion blicken. Wenn die Gestapo auftauchte und nach ihm suchte, wurde er von seinen Mitspielern gewarnt.

Über diese grausame Zeit verlor Leopold Stastny kein Wort. „Bis ich 14 war, wusste ich nicht, dass er ein Jude ist“, erzählt Sohn Michal Stastny, der extra zur Eröffnung der Ausstellung aus Kanada angereist kam, wo sein berühmter Vater seinen Lebensabend verbrachte. „Ich habe den Eindruck, dass sein Leben erst nach dem Krieg richtig begonnen hat.“

Bayern-Angebot abgelehnt

Als er später ein Angebot des FC Bayern erhielt, schlug es Leopold Stastny dankend aus. „Er wollte nichts mit den Deutschen zu tun haben“, erzählt Sohn Michal, der sichtlich berührt ist von der  Ausstellung, die von der  fairplay Initiative gemeinsam mit dem Stadtarchiv Innsbruck und der Faninitiative Innsbruck organisiert wurde. „Es ist schön, dass mein Vater nicht vergessen wurde.“

Wie könnte man Leopold Stastny auch vergessen. Er war nicht nur ein Visionär, sondern auch bekannt für seinen trockenen Humor. Wie meinte er doch gleich in einem alten Interview, das bei der Eröffnung eingespielt wurde. „Die ganz braven Spieler sind nicht angenehm, man muss schon auch mit Pülchern arbeiten können.“ 

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