Krammer: "Das sollte Herr Mateschitz wissen"

Offensiv: "Ich habe den Fans meine Meinung gesagt"
Präsident Michael Krammer im Interview über die Ziele von Rapid und Konkurrent Red Bull.

Michael Krammer tritt nicht oft an die Öffentlichkeit. Aber wenn der Rapid-Präsident etwas zu sagen hat, dann hat es auch Gewicht. Im KURIER-Interview spricht der 55-jährige Mobilfunk-Manager über Trainer Barisic, erhöhte Ansprüche und das Vorgehen von Red Bull Salzburg.

KURIER: Bleiben Zoran Barisic und sein Trainerteam auch kommende Saison im Amt?

Michael Krammer: Ja! Er bleibt jedenfalls Chefcoach, auch wenn es natürlich keine Jobgarantie für die Ewigkeit gibt. Es gibt bei ihm ja zwei Wahrheiten. Seine externe und die interne, also die echte Wahrheit. Die haben wir zuletzt in ausführlichen Analysen sehr offen mit den beiden Geschäftsführern und dem Präsidium besprochen.

Mit welcher Erkenntnis?

Es geht von der Putzfrau bis zum Präsidenten – und dazwischen gibt es wichtige Menschen wie die Spieler, den Trainer und den Sportdirektor – wir alle gemeinsam müssen uns hinterfragen. Wir suchen das durchaus vorhandene Verbesserungspotenzial und werden das nächste Saison nutzen.

Die Saison war finanziell extrem erfolgreich, aber es gibt wieder keinen Titel. Verstehen Sie es, wenn deshalb der Trainer in die Kritik gerät?

Emotional ja, weil das Gefühl da ist, dass mehr möglich war. Und das war es wirklich. Rational gesehen hätte ich vor zwei Jahren zu zwei zweiten Plätzen im Ausweichquartier und einer Überwinterung im Europacup gesagt: ,Passt! Wunderbar.‘ Jetzt legen wir bei den Transfers vor, auch die Abstimmung zwischen Trainerteam, Sportdirektor und Scouting wurde verbessert. Nach dem Urlaub werden die neuen Ziele definiert.

Barisic hat angekündigt, sich im neuen Stadion bei schlechten Leistungen nicht mehr bedingungslos vor die Mannschaft stellen zu wollen. Unterstützen Sie das?

Ich weiß ja, wie Barisic intern Probleme anspricht. Aber nach außen könnte der Eindruck einer Wohlfühloase entstanden sein. Eines ist klar: Rapid-Spieler müssen auch öffentlich Kritik aushalten. Sie, genauso wie die Klub-Verantwortlichen.

Im Jänner haben Sie im KURIER-Interview "immer 100 %, auch in Wolfsberg, Grödig und bei der Admira" gefordert. Das wurde offensichtlich nicht erfüllt.

In Wolfsberg müssen wir 5:0 gewinnen! Nach dem vorenthaltenen Elfmeter haben wir uns wie eine Schülermannschaft angestellt. Das ist nicht okay, da stimmt etwas nicht. Aber noch schlimmer waren das 0:4 gegen Admira und das 0:2 in Grödig.

Was schließen Sie daraus?

Aufgrund der Top-Leistungen im Herbst gab es für einige Spieler Angebote oder auch nur Anfragen. Diese Zahlen und Vereine haben die Spieler nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Und dann fehlen entscheidende Prozente auf dem Rasen. Niemand von den Betroffenen hat das Niveau aus dem Herbst gehalten. Kein Einziger! Daraus werden diese Spieler lernen. Denn derzeit gibt es keine großartigen Angebote mehr.

Ein Lösungsansatz wäre: Sobald das Angebot stimmt, wird sofort verkauft, und der nächste Neue darf sich beweisen.

Wir wollen eher prüfen, wer ein echter Rapidler mit mehreren Saisonen hier sein will und wer nur auf der Durchreise ist.

Ich behaupte: Fast jedes Talent ist auf der Durchreise, weil Rapid als Sprungbrett in eine Top-Liga gesehen wird.

Mal schauen. Ich bekenne mich ja dazu: Wir sind ein Ausbildungsverein, aber auf sehr hohem Niveau. Auf jeden Fall wollen wir die Top-Talente holen und entwickeln. Die können später auch in eine der fünf Top-Ligen wechseln. Aber nicht mehr in die zweite deutsche Liga.

Stimmt es, dass Sie nach den kritischen Transparenten aus dem Fanblock direkt nach dem Schlusspfiff gegen Altach in die Kurve gegangen sind?

Ja. Ich habe den Fans meine Meinung gesagt. Aber diese Diskussion hat nichts in der Öffentlichkeit verloren.

Fürchten Sie, dass der anstehende Kader-Umbau die sportlichen Ziele gefährdet?

Zum einen liebt unser Trainerteam solche Herausforderungen. Zum zweiten müssen wir schauen, wen unsere Freunde aus Salzburg noch einkaufen. Pro-Forma-Angebote für aktuelle Rapid-Spieler können sie sich behalten. Über die Summen, die ich da höre, kann ich nicht einmal lachen. Nicht so lustig ist hingegen das Missverhalten von Red Bull beim Nachwuchs.

Was meinen Sie konkret?

Es werden 14-, 15-, 16-jährige Österreicher zusammengekauft und später wieder ausgeschieden, weil es in Salzburg und Liefering ja ohnehin mehrheitlich Legionäre gibt. Das zerstört das Ökosystem in Österreichs Fußball. Da werden Kinder mit Geld erschlagen, und den Eltern werden zusätzliche Angebote gemacht. Das sollte Herr Mateschitz wissen. Ich bezweifle, dass er bisher davon wusste. Denn diesen Stil kann er als Red-Bull-Boss nicht unterstützen.

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