Unglaublich klingt auch, dass Marsch die Liste der künftigen Bundesliga-Trainer mit Erfahrungen bei Red Bull auf acht erhöht – fast die Hälfte der deutschen Erstligisten setzt ab Sommer auf das Know-how und die Kraft der Dose: Entwickelt werden nicht nur Talente zu Millionen-Transfers, sondern auch Cheftrainer, die im Konzern und der Bundesliga aufsteigen. Marsch dürfte den künftigen Torschützenkönig Patson Daka mitnehmen. Zu weiteren Seitenwechslern sagt der Nagelsmann-Nachfolger: „Vielleicht viele.“
Die logische Nachfolger-Wahl wäre ursprünglich Bo Svensson gewesen. Doch der Liefering-Trainer war im Winter um 1,5 Millionen zu Mainz gewechselt – und wurde zum Jackpot. Die Mainzer, damals auf Augenhöhe mit dem Katastrophenteam Schalke, liegen nach ihrem Sieg gegen die Bayern bereits fünf Punkte über dem rettenden Strich.
Jetzt, während der aufregendsten Zeit auf dem Trainer-Karussell, war Wolfsburg-Coach Oliver Glasner nicht zu bekommen. René Aufhausers Aufstieg vom Assistenten zum Chef war ein Thema, doch die Bosse aus Leipzig haben (inoffiziell) Mitspracherecht: Jaissle ist die deutsche Lösung, die den nötigen Stall-Geruch versprüht.
„Die Situation mit Jesse war für uns nicht überraschend. Wir konnten uns lange darauf vorbereiten und haben uns schon vor längerer Zeit für Matthias entschieden“, meint Sportchef Christoph Freund.
Jaissles Trainerkarriere ging 2014 im Leipzig-Nachwuchs los. Von 2017 bis 2019 war der frühere Verteidiger (Vorbild John Terry) Co-Trainer bei Brøndby – natürlich unter einem früheren Red-Bull-Mann (Alexander Zorniger). Dann ging es in die Salzburger Akademie. Bislang hat er nur zwölf Spiele im Erwachsenenbereich gecoacht, mit den Talenten von Liefering. Zwei der ersten drei Partien gingen verloren (jeweils 0:1 gegen BW Linz und Steffen Hofmanns Rapid-Talente), seither eilt die nächste Red-Bull-Generation im 4-4-2 mit Raute von Erfolg zu Erfolg.
Den Hinweis, dass die Salzburger Ulmer, Walke und Junuzovic älter sind als er, pariert Jaissle gekonnt: „Alter spielt keine Rolle. Ich will und muss die Spieler mit Inhalten überzeugen.“ Stärker als der Stil wird sich der Kader des Serienmeisters ändern: Der Neue kann (so wie damals Rose) die größten Nachwuchs-Talente mit großer persönlicher Nähe einbauen.
Bleibt es beim aktuellen Red-Bull-Erfolgsmuster, wird Matthias Jaissle das Titel-Abonnement fortführen. Und in zwei Jahren – so lange scheint die Trainer-Halbwertszeit in Salzburg zu sein – wäre dann der Zeitpunkt für den Anruf aus Leipzig gekommen.
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