Irlands Dancing Stars

Anstoß: Magische Momente
Fahrtenbuch: Die Iren sind die besten Fans der EM. Trap’s Army hat Polen schnell erobert.

Shaun ist begeistert. Er ist zwar Engländer, aber was die Iren da gegen Kroatien gemacht haben, hat ihm imponiert. Nicht die irischen Spieler, sondern die irischen Fans.

"Hast du das gesehen?", fragt er. Große Augen beim Gegenüber. "They did the Poznan", sagt Shaun und hüpft durch den Frühstücksraum. Okay. Irland hat gegen Kroatien im EM-Stadion in Posen gespielt. Shaun dreht den Unwissenden weg von müden Frühstücksgästen, hin zu Eierspeis und fetten Würstchen, legt den Arm auf die Schultern und beginnt zu hüpfen.

Das also ist der Poznan dance, der Posen-Tanz. Und wenn den Tausende, vom Spielfeld abgewandt, machen, dann ist das ganz toll. In Shauns Augen.

"Trap’s Army"

Irlands Dancing Stars

Die Posen beim Posen-Tanz der Iren abseits der Stadien sind aber ganz andere. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt, die Schrittfolgen variieren. Einmal vor, dann wieder zurück, Schlenker nach links oder rechts werden schier willkürlich eingestreut.

Manch einer, der die Gebräuche der irischen Fans nicht kennt, könnte also meinen, dass sie torkeln. Diese so seltsam anmutenden Grün-Bewegten. Und wenn diese so treuen Fans versuchen zu reden, dann könnte man glauben, dass die ihrer – ohnehin schon schwer verständlichen – Muttersprache teilweise verlustig geworden sind. Dabei reden sie nur wie ihr Trainer.

"Trap’s Army", tragen einige von ihnen auf den Leibchen durch Posen und auch kurzfristig durch Danzig. Irland-Trainer Giovanni Trapattoni ist ihr Held. Er ist 73 und sagt von sich: "I am fresh in the head." Kein Wunder bei dieser EM, denn da geht ihm ja viel durch den Kopf. Das heißt das auf Trapsch: "I must think very much."

Trinkfest

Während das Kauderwelsch des Generalissimo längst Kult ist, haben etliche seiner Soldaten die englische Aussprache in billigem polnischen Bier ertränkt. Wobei ja der Italiener mehr auf Weihwasser setzt, denn auf Feuerwasser.

Je später der Tag wird, desto seltener tauchen verständliche Englisch-Brocken im Gefasel auf. Mit dem Einsetzen der Dunkelheit entwickelt sich das Gefasel zu leise gebrabbeltem Nonsens.

Es war noch keine 20.30 Uhr an der Hotelbar voller irischer Gäste, als sich ein rund 70-jähriger Fan im Zustand vollkommener Sprachlosigkeit auf die Jagd nach Knabberzeug begab. Mit schnellen Finten täuschte ihn das hinterlistige Soletti-Stangerl aber zwei Mal gekonnt ab. Erst ein waghalsiger Sprung vom Barhocker Richtung Boden führte zur Verhaftung des mittlerweile gebrochenen Stangerls.

Zur Verhaftung des Senior-Fans führte dann das Auftauchen einer ebenfalls älteren Dame. Vermutlich seine Frau.

Denn schon am nächsten Tag tauchte er mit ihr frisch und munter beim Frühstück auf. Mit frischem Irland-Shirt, Irland-Kappe, Irland-Shorts und Irland-Socken.

Es werden wohl unvergessene Tage in Posen bleiben. "Remember you this", pflegt dazu Trap zu sagen.

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