Hohe Schulden, "praktisch tot": Der Transferwahnsinn des FC Barcelona

Teure Teamkollegen: Sergi Roberto (li.) und Robert Lewandowski
Die Katalanen haben Verbindlichkeiten im Milliarden-Bereich. Das hindert sie nicht daran, Topstars wie Lewandowski zu verpflichten.

Es ist schon absurd: Da verpflichtet der FC Barcelona mit Robert Lewandowski den besten Stürmer der letzten Jahre, und dann ist fraglich, ob dieser zum Auftakt der spanischen La Liga überhaupt eingesetzt werden kann. So starten die Katalanen am Samstag mit einem Heimspiel gegen Rayo Vallecano in die neue Saison, Lewandowski ist allerdings nach wie vor nicht spielberechtigt. 

Das Problem: Weil Barcelona deutlich mehr ausgibt als einnimmt und damit auch die Gehaltsobergrenze übersteigt, dürfen keine neuen Spieler für die spanische Liga registriert werden. Das betrifft einerseits Lewandowski, aber auch andere Neuzugänge wie Raphina und Jules Koundé. Ob das bis zum Auftaktspiel am Samstag gelöst werden kann, ist fraglich.

"Der Patient ist praktisch tot"

Der Verein versucht jedenfalls eifrig, Spieler loszuwerden, um Lewandowski und Co. dann auch tatsächlich auf das Spielfeld zu bekommen. Etwa Frenkie de Jong, der dem Klub nun "Erpressung" und eine "Verleumdungskampagne" vorwirft. Auch Memphis Depay, der erst vor einem Jahr zu Barça wechselte, steht vor einem Abschied und dem Wechsel zu Juventus Turin. Bayern-Trainer Julian Nagelsmann brachte es zuletzt auf den Punkt: "Barcelona ist der einzige Klub der Welt, der kein Geld hat, aber jeden Spieler kauft. Das ist verrückt."

Wie aber konnte es überhaupt soweit kommen? Wie konnte aus dem einst besten Klub der Welt ein Verein am Rande des Bankrotts werden? 

Die Misswirtschaft der Katalanen in den letzten Jahren ist jedenfalls offensichtlich, der Schuldenberg war letztes Jahr auf 1,3 Milliarden Euro angewachsen. Was auch zum Abgang von Superstar Lionel Messi führte. Erst im Juni gestand Präsident Joan Laporta ein, dass der "Patient in finanzieller Hinsicht praktisch tot" sei. Zur teilweisen Verbesserung der Situation verkaufte man zuletzt etwa 25 Prozent der TV-Einnahmen an einen US-Investmentfonds, was 500 Millionen Euro brachte.

Ein Minusgeschäft

Doch anstatt die Schulden langsam abzubauen und langfristig zu planen, zeigen sich die Katalanen spendabel wie eh und je. Man holte Lewandowski um 45 Millionen, Raphinha um 58 Millionen sowie Koundé um 50 Millionen. Den 153 Millionen Euro an Transfer-Ausgaben stehen lediglich 23 Millionen an Einnahmen gegenüber. 20 Millionen davon generierte man durch den Verkauf von Philippe Coutinho.

Ergibt also ein sattes Minus von 130 Millionen Euro. Nur zweimal in den letzten zehn Jahren fiel die Transfer-Bilanz schlechter aus: In der Saison 2017/'18, als Barcelona rund 365 Millionen Euro in neue Spieler investierte, verbuchte man ein Minus von 132,6 Millionen Euro. 2019/'20 waren es sogar 145,6 Millionen. 

Seit 2012 hatten die Katalanen nach der Transferzeit überhaupt nur einmal ein Plus zu Buche stehen, der Gewinn fiel mit in Summe lediglich knapp 44 Millionen Euro aber verhältnismäßig gering aus. In den letzten zehn Jahren kam Barça damit auf rund 1,6 Milliarden Euro an Transferausgaben. Dem gegenüber stehen 957 Millionen Euro an Einnahmen. Macht ein Minus von fast 660 Millionen.

Milliarden-Ausgaben

Doch nicht nur die Transfer-Bilanz des 26-fachen spanischen Meisters fällt verheerend aus. Die finanzielle Situation ist überhaupt dramatisch. Konnte der Verein in den letzten 13 Jahren zumindest meist einen Gewinn verbuchen, rutschte der Klub auch da zuletzt in die roten Zahlen. 2019/'20 machte der Umsatz 855 Millionen Euro aus, die Ausgaben allerdings 955 Millionen Euro.

Im Jahr darauf kam es noch dicker: Während Barcelona lediglich 631 Millionen an Einnahmen generierte (ein Einbruch von rund 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), standen auf der Ausgabenseite mehr als eine Milliarde Euro. Der mit Abstand höchste Wert der 122-jährigen Klubgeschichte.

Katalanische Tricksereien

Die Corona-Pandemie spielte dabei nur eine Nebenrolle, denn nach Angaben der Katalanen wirkte sich diese mit lediglich 92 Millionen Euro auf die Verluste aus. Die Situation wird für den Verein und Klub-Präsident Laporta jedenfalls nicht angenehmer, auch wenn dieser weiter beschwichtigt und sich auch bezüglich einer rechtzeitigen Registrierung von Lewandowski und Co. optimistisch zeigt. 

Um dies zu ermöglichen, scheint Barça wohl auch jedes Mittel recht: So wurde zuletzt auch bekannt, dass man versucht haben soll, die spanische Liga auszutricksen. Demnach wollte der Klub im Zuge des Verkaufs der Fernsehrechte Mehreinnahmen von 150 Millionen Euro vortäuschen. Blöd nur, dass sich La Liga querlegte.

Viel Zeit bleibt den Verantwortlichen jedenfalls nicht mehr, um zumindest zu klären, ob Lewandowski und die anderen Neuzugänge zum Liga-Start einsatzberechtigt sind. Die viel größeren und drängenderen Probleme bleiben im Hintergrund aber weiter bestehen. Ein Schulden-Abbau sieht anders aus.

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