Als sogar Wuchtelakrobat Prohaska zwei Mal schmähstad war

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Warum sich der Jahrhundertfußballer einst seines Schnurrbarts entledigen musste und wann er bittere Tränen fließen ließ.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Vorm ersten seiner 83 Länderspiele war Herbert Prohaska in Istanbul im Herbst 1974 vom Teamchef Leopold Stastny aufgefordert worden, sich seines Schnurrbarts zu entledigen. Stastny ultimativ: „Sonst stell ich dich nicht auf. Weil ich nicht mag, wenn sich wer künstlich älter machen will.“ Diesbezüglich ist Prohaska, den sie ob seiner Haarpracht „Schneckerl“ nannten, längst unverdächtig.

Am 8.8. wird er 70 Jahre alt. Aus diesem Anlass kann sich Prohaska seit Wochen der Interviewanfragen kaum erwehren – nicht nur wegen seines Legendenstatus, weil er es als einziger Österreicher auf drei WM-Teilnahmen (zwei als Spieler, eine als Teamchef) brachte und er mit Roma italienischer Meister wurde. Prohaska gilt als unterhaltsamer Wuchtelgarant.

Schmähstad erlebte ich ihn selten. Doch zwei Mal 1978 in Cordoba, wo Prohaska nach dem 1:5 gegen Ernst Happels Niederländer zu seiner KURIER-WM-Kolumne nur Tränen beitrug. Und wo ihm kurz später just nach dem 3:2 gegen Deutschland Tormann Friedl Koncilia in der Kabine heftige Vorwürfe machte – bloß weil er vor dem zweiten deutschen Tor das Luftduell gegen Bernd Hölzenbein verloren hatte.

Beim ersten Skiurlaub verstummte Prohaska, als er auf dem Ahorn oberhalb von Mayrhofen mit angeschnallten Brettln und skeptischer Miene hinunter ins (Ziller-)Tal sah. Angesichts seiner ersten Stemmbögen wussten schadenfrohe Freunde warum. Sie erinnerte Prohaskas Fahrstil an den 13-er-Autobus. Einen Jänner später aber steigerte sich Prohaska so sehr, dass er im Original-Weltcup-Abfahrtsrenntrikot seines Promi-Skilehrers Uli Spieß beim Geschwindigkeitstest über 90 km/h erreichte. Wenn auch um 10 km/h weniger als Tormann Franz Wohlfahrt.

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Talent auf zwei Brettern

Auf der Alm gab’s ka Sünd

Die Austria-Skiferien, an denen sich mit Toni Pfeffer, Walter Kogler bis hin zu den Torjägern Toni Polster, Andi Ogris, Alfred Drabits , Ralph Hasenhüttl die Mehrheit der Mannschaft beteiligte, waren typisch für das gute Klima, das unter Kapitän Prohaska herrschte, während anderswo Profis froh waren (und sind), wenn sie ihre Kollegen in der kurzen trainingsfreien Zeit nicht sehen.

Prohaskas Teamchef-Ära endete nach sechs großteils ansprechenden Jahren im März ’99 weniger lustig. 0:9 gegen Spanien. Auch Erinnerungen an Reibereien mit Austria-Mächtigen, die ihm nicht einmal einen Co-Betreuer erlauben wollten, sind Mitgrund, weshalb er jetzt sagt: „So gern ich Spieler war, den Trainerjob vermisse ich keine Sekunde.“

So lässt sich auch erklären, weshalb Prohaska als TV-Analytiker Teamchefs nicht mit der gleichen Schärfe kritisiert wie das in Deutschland Honorarkritiker à la Lothar Matthäus und Didi Hamann tun. Wobei es Prohaska nicht mehr stört, wenn manch ORF-Konsument fair als fad interpretiert.

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