Hartberg-Trainer Schopp: "Da ist Rapid im Spitzenfeld"
Markus Schopp hat aus dem Letzten ein Spitzenteam geformt. Er spricht über sein Scheitern in Barnsley, Verhandlungen mit Rapid und warum Hartberg das Aus droht
11.11.23, 05:00
Rückblick in den November 2022: Rapid gewinnt beim bislang letzten Besuch in der Oststeiermark 2:1, die Hartberger gehen als Tabellenletzter in die WM-Pause und hoffen auf die Rückkehr von Markus Schopp als Retter. Tatsächlich übernimmt der frühere Erfolgstrainer wieder – diesmal auch als Sportdirektor. Die Doppelrolle hat sich der 49-Jährige ausbedungen, um den Kader komplett umbauen zu können.
Ein Jahr später begeistert Hartberg als Vierter mit einem billigeren Kader, mutigem Ballbesitzfußball und begrüßt Rapid vor ausverkauftem Haus (17 Uhr).
Im KURIER-Interview spricht Schopp über seine Arbeit, das wichtige Scheitern in Barnsley, ein mögliches Engagement in Hütteldorf, Teamstürmer Entrup und warum in Hartberg bald alles vorbei sein könnte.
KURIER: Der Tabellenvierte empfängt den Sechsten – wer ist heute für Sie der Favorit? Und bitte sagen Sie nicht, „Rapid muss gegen Hartberg immer Favorit sein“.
Markus Schopp: Das würde ich auch nicht antworten. Hartberg steht mit absoluter Berechtigung auf Platz vier. Wenn wir unsere 100 Prozent erreichen, können wir alle in Österreich schlagen. Es gibt überhaupt keinen Grund, Hartberg klein zu machen: Wir gewinnen unsere Spiele, weil wir gut sind – nicht weil die Gegner schlecht waren.
Stimmen Sie zu, dass es ein Duell wird von zwei Mannschaften, die spielerisch zu den Top-3 der Liga gehören?
Wenn man damit die Qualität mit dem Ball meint, erkenne ich bei Rapid extrem viele Ideen. Daraus ergeben sich die vielen von ihnen herausgespielten Torchancen – Rapid ist da im absoluten Spitzenfeld der Liga, vorne sind sie gewaltig. Deswegen als Antwort: Ja, Rapid gehört dazu – und ich glaube, Hartberg ebenso, weil klar ersichtlich ist, wofür wir stehen.
Hartberg stellt mit Goalgetter Max Entrup erstmals einen ÖFB-Teamspieler. Wie sind Sie auf ihn als Nachfolger von Rekordtorschütze Dario Tadic gekommen?
Ich kenne Maxi aus St. Pölten, wo ich damals für den SKN tätig war. Er war danach mehrmals in Hartberg ein Thema. Im Frühjahr wurde Ex-Goalie Rene Swete neben Andi Lienhart zum Scout, er kennt die Ostliga sehr gut und hat Entrup erneut empfohlen.
Entrup war vor einem halben Jahr noch in der dritten Liga. Ist er mit seiner Geschichte vor Höhenflügen gefeit oder müssen Sie jetzt auf ihn besonders aufpassen?
Ich erlebe Maxi seit einem halben Jahr sehr reflektiert, er hat seinen Weg super aufgearbeitet. Wir haben mit Christoph Moosburger einen Sportpsychologen im Verein, der für uns alle wichtig ist. Maxi schätzt es sehr, dass er nach Rapid und dem SKN noch einmal die Chance in der Bundesliga bekommen hat und versucht, an seine Grenzen zu gehen. Das ist wie ein Märchen.
Um nicht nur Entrup herauszuheben: Wo und wie war der geliehene schottische Innenverteidiger Ibane Bowat zu finden?
Ebenfalls über die Scoutingabteilung. Wir wollten einen jungen Linksfuß und haben Bowat aus der U-21 von Fulham gefunden. Auch er hat sich brutal gesteigert, neben Pauli Komposch in einer sich fantastisch entwickelnden Innenverteidigung.
Sie füllen als Trainer und Sportdirektor seit der Rückkehr zwei Fulltime-Jobs aus. Müssen Sie aufpassen, sich selbst nicht zu überfordern?
Als ich vor einem Jahr zurückgekommen bin, war der Verein in einer sehr schwierigen Situation. Mein Anspruch war, die Dinge im größeren Ganzen zu erfassen. Ich bin dankbar für die vielen erteilten Kompetenzen. Mir war aber damals schon klar, dass es sich für mich alleine nicht ausgehen wird. Ich habe Mitarbeiter, die mich in sportlichen und wirtschaftlichen Fragen begleiten.
Wer ist das?
Das ganze Trainerteam ist großartig, daneben gibt es die erwähnte neue Scoutingabteilung. Dazu möchte ich Christian Gratzei erwähnen, der zwar Tormanntrainer ist, aber als sehr innovativer Kopf mit einem guten Netzwerk immer wieder spannende Spielernamen einbringt. Ich moderiere das und bin jetzt umso stolzer, wie wir mit Hartberg dastehen. Ich bin sehr dankbar, größer werden zu dürfen.
Ist das Kaderbasteln genauso spannend wie die tägliche Arbeit als Trainer am Platz?
Ja, aber es ist sehr intensiv. Das Ablaufdatum darf nicht immer das Saisonende sein: Hartberg hatte bei meiner Rückkehr eine der ältesten Mannschaften. Jetzt gehören wir zu den jüngsten Teams und zu den billigeren – der Kader ist um einiges günstiger geworden. Und: Wir können nur durch künftige Transfererlöse wachsen. Wir bereiten uns mit spannenden Namen auf mögliche Abgänge vor.
Am meisten soll es ja durch Niederlagen und Krisen zu lernen geben. War es wichtig, dass mit Barnsley auch für Sie einmal etwas schiefgegangen ist?
Ja, absolut! Ich habe als Spieler schon in Hamburg eine sehr schwierige Zeit gehabt und bin nach dem HSV besser geworden. So geht es mir mit Barnsley: Ganz viel, was ich dort gelernt habe, fließt jetzt in Hartberg ein.
Privat Der Steirer wurde am 22. Februar 1974 in Graz geboren. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder
Fußball-Profi Der rechte Flügel und 56-fache Teamspieler kickte von 1991 – ’96 bei Sturm, bis ’98 beim HSV, bis 2001 erneut bei Sturm, bis 2005 bei Brescia (mit Guardiola, R. Baggio, Toni), bis 2006 bei Red Bull Salzburg und beendete 2007 seine Karriere in New York
Trainer Ab 2008 zehn Jahre bei Sturm (Nachwuchs, Co, Interimscoach). 2017/’18 Co-Trainer in St. Pölten. Nach drei Jahren Chefcoach in Hartberg ging er zu Barnsley (Aus nach 5 Monaten) und kehrte vor einem Jahr zurück
Vor zwei Jahren sind Sie beinahe Rapid-Trainer geworden. Eigentlich hätten Sie mit ihrer Fußballphilosophie besser zum damaligen Sportdirektor Zoran Barisic gepasst als Ferdinand Feldhofer. Wissen Sie, warum Sie es nicht geworden sind?
Nein, ich brauche aber auch keine Erklärungen dafür. Das Wichtigste ist immer der Zeitpunkt und damals hat es aus verschiedenen Gründen nicht gepasst.
Falls eines Tages noch eine Anfrage von Rapid kommt – wären Sie noch interessiert?
Rapid hat eine extrem interessante Mannschaft, vor allem offensiv. Wenn man weiß, wie in Hütteldorf Fußball gespielt wird, kann man Parallelen erkennen. Das eine ist, diese zu erkennen. Das zweite ist, was versucht man, um das alles auf den Weg und zum Laufen zu bringen. Aktuell bin ich aber zu sehr mit Hartberg beschäftigt, um bei Rapid einen genauen Einblick zu haben.
Ihre Zukunft in Hartberg hängt auch mit dem Stadionprojekt zusammen. Ist der erhoffte Neubau nahe?
Die Uhr tickt. Wir müssen im Sommer 2025 für die Lizenzierung etwas präsentieren können. Es muss also bald Nägel mit Köpfen geben, sonst geht sich das nicht mehr aus. Ich bin zuversichtlich, aber noch gibt es keine verbindlichen Zusagen. Wenn es nicht klappt, helfen keine Visionen mehr – dann ist das Projekt Hartberg gescheitert mit allen Konsequenzen, die dazugehören.
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