Ganz München hatte den Chelsea-Blues
Dahoam ist eben doch nicht dahoam. Der Heimvorteil hat nichts geholfen. Am Ende eines langen Finaltages tobten die Chelsea-Fans in der Allianz Arena von München. Das Finale war gewonnen, der Jubel bei den Blues grenzenlos.
Die Spieler lagen einander ebenso in den Armen wie die englischen Fans auf den Tribünen. Während die Bayern-Fans ihre Trauer im
Weißbier zu ertränken versuchten, stießen die Chelsea-Anhänger bis weit nach Mitternacht in der Innenstadt auf den Triumph an. Dort, wo der Finaltag in der Früh begonnen hatte.
Und der sah so aus:
Hofbräuhaus, 10 Uhr. Peter ist ein echter Brite. Er erfüllt alles, was das Klischee verlangt: standhaft, trinkfest, unerschütterlich. Peter saß kerzengerade an der Theke, das zweite Weißbier vor sich, die Frisur hielt. Das Hofbräuhaus, die letzte Bastion der bayrischen Geselligkeit und Trinkkultur, war gefallen. Zumindest gestern, denn da war die Lokalität fest in englischer Hand. Die Chelsea-Fans schlürften den Bayern-Anhängern ihren geliebten Gerstensaft weg.
Der Marienplatz war in tiefes Bayern-Rot getaucht, ein echtes Heimspiel für die Münchner. Menschen bildeten Kreise, die Anhänger besangen sich selbst und ihren Lieblingsklub.
Die Engländer ölten ihre Stimmen unterdessen einen Steinwurf entfernt in der Kaufingerstraße. "Come on, Chelsea" hallte es durch die Straße, dass einem die Ohren wackeln. Kellnerin Maria stöhnte auf: "An normalen Samstagen ist bei uns am Vormittag schon viel los. Aber das übersteigt alles. So etwas habe ich noch nicht erlebt", sprach sie und versorgte die notorisch durstigen Briten schon mit der nächste Runde.
Geldsegen
Rund 30.000 Engländer hatten sich gestern in München aufgehalten. Nur 17.000 von ihnen hatten eine Karte für das Endspiel. Der Rest vergnügte sich beim Public Viewing in der Innenstadt oder auf dem Olympiagelände. München lockerte für das Champions-League-Finale sogar das Nachtflugverbot, damit 30 Maschinen im Fünf-Minuten-Takt nach Mitternacht in Richtung England abheben konnten.
Das Finale füllte die Kassen. Nicht nur des europäischen Verbandes, auch die
Gastronomie und der Tourismus rieben sich vor Entzücken die Hände. Mehr als 50 Millionen Euro haben die Fans nach einer Hochrechnung an dem Final-Wochenende in der Stadt gelassen. Für Übernachtungen, Gastronomie und vor allem beim Shopping.
Szenenwechsel. Hofbräuhaus, 12 Uhr. Sportsfreund Peter saß zwar immer noch auf seinem Hocker, doch sein Rücken wies schon eine deutliche Krümmung auf. Und die Frisur war ihm mittlerweile völlig egal. In einer Stunde fließt eben viel Bier die Kehle hinunter.
Reserve
Bei der Frauenkirche befindet sich das Irish Pub "Kilians". Wie alle Gastronomie-Betriebe an Tagen wie diesem zum Bersten gefüllt. Weil Besitzer Paul Daly ein schlauer Geschäftsmann ist, hatte er im Vorfeld schon vorgesorgt und drauf geschaut, dass er genügend Bier vorrätig hat, wenn es die Fans brauchen. 150 Fässer standen bereit, weitere 40 auf Reserve. Was, wenn das nicht bis Sonntag reicht? "Wir haben einen guten Kontakt zum Nachtportier der Brauerei."
München strahlte in Chelsea-Blau und Bayern-Rot, friedlich wurde in der Stadt gesungen, getrunken, gefeiert und verbrüdert. Von den angekündigten 150 Problem-Fans aus
England war nichts zu sehen. Die Polizei hielt sich dezent und deeskalierend im Hintergrund, aber jederzeit zum Einsatz bereit.
Nach dem Finale schloss sich in der Stadt der Kreis, das Finale fand im Zentrum von München sein feucht-fröhliches Nachspiel bis in die Morgenstunden. Und heute dürfen die Chelsea-Fans auch ganz offiziell blau machen.
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