Wunderteam-Stürmer: Wie das Grab einer ÖFB-Legende vergessen wurde

Das Grab von Anton Schall und seiner Frau Liesl ist verfallen
Marcel Sabitzer hat mit seinem Treffer gegen Bosnien das 23. Tor seiner ÖFB-Karriere erzielt und ist damit zu Walter Schachner auf Rang elf der ewigen Torschützenliste gleichgezogen. An der Spitze könnte vielleicht noch Marko Arnautovic den mit 44 Treffern führenden Toni Polster ablösen – drei Tore fehlen ihm noch.
Auf Platz sieben liegt einer, der von der Torquote her unerreicht ist. Und dennoch ist Anton Schall in Vergessenheit geraten. Zwischen 1927 und 1934 erzielte er in nur 28 Länderspielen 27 Tore für das legendäre Wunderteam. Schall war einer der prägenden Spieler dieser Generation: Beim 6:1 in Brüssel gegen Belgien traf er ebenso viermal wie beim 8:2 gegen Ungarn vor 60.000 Zuschauern auf der Hohen Warte.

Das Wunderteam 1932 mit Anton Schall (hinten, 2. von rechts)
„Schall zu Vogl, Vogl zu Schall“ – dieser legendäre Ausspruch des Radio-Kommentators Willy Schmieger steht sinnbildlich für das Wiener „Scheiberlspiel“, mit dem die Techniker des Wunderteams ihre Gegner reihenweise ausspielten.
Trotz seiner Verdienste ist Schall heute weitgehend vergessen – sowohl von der Politik als auch vom ÖFB. Der Stürmer, der seine gesamte Vereinskarriere bei der Admira verbrachte, starb 1947 im Alter von nur 40 Jahren als Trainer des FC Basel an einem seltenen Herzfehler. Seine Frau Liesl wurde 1976 im selben Grab am Hernalser Friedhof beigesetzt.
Wie KURIER-Recherchen ergaben, sind die Nutzungsrechte für die Grabstätte 2022 abgelaufen. Der Grabstein, auf dem Schalls Name nicht mehr lesbar ist, liegt bereits umgestürzt auf dem Deckel. Das Grab des Wunderteam-Stürmers könnte jederzeit aufgelassen und neu vergeben werden.
Eine Anfrage des KURIER dazu blieb vom ÖFB unbeantwortet.

Die Anton-Schall-Gasse in Floridsdorf
Entdeckt hat das Schicksal der Grabstätte der Wiener Arzt Karem El-Rabadi. „Eine Patientin hat am Schalter ihre Adresse in der Anton-Schall-Gasse bestätigt. Ich habe das im Behandlungsraum gehört und dann die Kollegin gefragt, ob sie denn weiß, wer Anton Schall war.“ Ein Blick auf Wikipedia führte ihn zum Hinweis auf die Ruhestätte auf dem Hernalser Friedhof. „Weil wir ein Grab meiner Familie besuchten, habe ich dann auch nach Schalls Grab gesucht – und war entsetzt“, erzählt El-Rabadi.
Schon als Kind war ihm der Name Anton Schall ein Begriff: „Ich kannte von klein auf alle Spieler des Wunderteams. Die Sportbücher über diese Zeit habe ich in der Bibliothek verschlungen“, erinnert er sich.
Doch seine Anfragen bei der Admira und bei der Hernalser Bezirksvorstehung, ob man die Grabstätte einer solchen Legende nicht retten wolle, blieben bis dato ebenfalls unbeantwortet.
Wie eine Rettung aussehen könnte, erklärt Lisa Pernkopf von den Wiener Friedhöfen: „Man kann eine ’ehrenhalber Widmung’ bei der MA 7 beantragen. Die zweite Möglichkeit wäre, das Grab privat oder als Verein zu übernehmen.“
Für einen Sportler von Schalls Rang wäre eine solche Ehrung würdig. Dann könnte er auch künftig in der Nähe der Wiener Fußball-Legenden wie Ernst Happel und Erich Hof bleiben.
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