ÖFB-Star Baumgartner: "Dürfen nie vergessen, wie gut es uns geht"
Seit Sommer ist Christoph Baumgartner Österreichs teuerster Transfer im Fußball (27 Millionen Euro). Dienstagabend beendete der 24-Jährige beim 1:1 von Leipzig in Bremen (der Niederösterreicher kam in der 63. Minute für Forsberg) ein erfolgreiches Kalenderjahr.
KURIER: Beschreiben Sie bitte Ihr Jahr 2023 in einem Wort.
Christoph Baumgartner: Turbulent.
Und in ein paar Sätzen?
Meine Ziele sind aufgegangen. Auf der einen Seite der Wechsel zu einem Top-Verein, zudem haben wir die EM-Quali geschafft. Es war ein sehr positives Jahr.
2024 bringt einige Highlights. Mit Leipzig in der Champions League, im Sommer dann die EM.
Die EURO war für uns schon mit der Vergabe etwas Besonderes. Ich lebe schon einige Jahre in diesem Land, freue mich auf das Turnier. Und die Qualifikation war nichts Selbstverständliches.
Leipzig ist ein anderes Kaliber als Ihr vorheriger Klub Hoffenheim. Wie war die Eingewöhnung?
Mit Nicolas Seiwald und Xaver Schlager kannte ich ja schon zwei Spieler, gegen die anderen habe ich schon gespielt. Es hat eine Zeit gedauert, bis ich voll angekommen bin, das lag an körperlichen Dingen, weil ich anfangs nicht zu 100 Prozent fit war. Das habe ich hinter mir gelassen, was man auch in den vergangenen Wochen gesehen hat. Ich muss auch ehrlich sagen, dass der ganze Verein es mir leicht gemacht hat mit dem Eingewöhnen.
Wenn man zu einem neuen Klub kommt, dann will man sich beweisen. Wenn es nicht gleich klappt, wird man nervös?
Wenn dich der Verein für relativ viel Geld verpflichtet, dann bist du dir schon bewusst, was erwartet wird. Das willst du mit Leistungen zurückzahlen. Leider war das verletzungsbedingt anfangs nicht möglich. Mein Profi-Denken hat mir geholfen, dass ich mit harter Arbeit zurückkommen werde.
Christoph Baumgartner:
Der Horner (*1. August 1999) wurde in der Akademie von St. Pölten ausgebildet. 2017 wechselte er zur U19 von Hoffenheim, wo er es auch zu den Profis schaffte. In diesem Sommer wechselte der Mittelfeldspieler für kolportierte 27 Millionen Euro nach Leipzig.
34 Länderspiele
für das A-Team hat Baumgartner seit seinem Debüt im September 2020 bestritten. Er kommt dabei auf elf Tore. In der abgelaufenen EM-Qualifikation gehörte er zum Stammpersonal.
Haben Sie mit diesem Preiszettel von kolportierten 27 Millionen auf dem Rücken mehr Druck verspürt?
Es hört sich vielleicht dumm an: Am Ende des Tages ist das für einen jungen Spieler, der schon gute Leistungen gebracht hat, ein marktüblicher Preis. Für mich als Privatperson ist es eine hohe Summe, aber irgendwie auch eine Auszeichnung.
Was halten Sie von den Summen im heutigen Fußball?
Der Fußball entwickelt sich eben in diese Richtung. Es ist der Sport, der die Menschen so sehr begeistert und der auch polarisiert, für den Menschen dann auch Geld zahlen. Am Ende bestimmt der Markt die Preise. Privat kann ich eine Meinung dazu haben, aber für mich geht es um den Fußball, die Emotionen und nicht um das Finanzielle.
Sie gelten als sehr bodenständig. Was hält Sie auf dem Boden?
Ein ganz wichtiger Faktor ist die Erziehung. Ich bin normal aufgewachsen, uns ist es immer gut gegangen, uns wurden aber gewisse Werte vermittelt.
Welche?
Respekt, Bodenständigkeit, Freundlichkeit. Wenn ich in unserem Ort zum Bäcker gehe, dann grüße ich ihn genauso wie damals, als ich mir mit sechs Jahren ein Weckerl geholt habe, bevor ich in die Schule gegangen bin. Das sind für mich wichtige Dinge, die ich weitergeben möchte. Wir dürfen nie vergessen, wie gut es uns geht, wo wir aufwachsen durften. Meine Freundin ist bodenständig, macht ihren Master in Psychologie. Sie baut sich selbst etwas auf. Mir ist wichtig, dass mein Umfeld nicht denkt, dass wir jetzt die Tollsten sind. Es geht uns gut, wir können uns was leisten. Trotzdem müssen wir wissen, woher wir kommen.
Sie investieren in ein Sozialprojekt mit Schulen in Afrika. Ist das Ihre Art etwas weiterzugeben?
Ich habe als 24-Jähriger jetzt Möglichkeiten, die andere ihr ganzes Leben vielleicht nicht haben. Ich kann damit vielen Menschen helfen, ohne dass es mir schlechter geht. Diese Menschen bekommen vielleicht eine Chance. Ich bin stolz, was uns schon gelungen ist.
Wie wichtig ist Bildung im Fußball?
Bildung war bei mir noch wichtiger als Fußballspielen, weil ja nicht jeder Profi werden kann. Mein Bruder und ich müssen uns bei unseren Eltern, vor allem bei unserer Mutter bedanken, die Lehrerin ist. Sie hat gesagt, sie fährt uns für den Fußball überall hin, aber die schulische Leistung muss passen. Irgendwann kommt es vielleicht zu einer Verletzung und der Traum platzt. Da sollte man etwas in der Hinterhand haben.
Wie gehen Sie mit Social Media um?
In einer gewissen Art bin ich schon digital. Oftmals sind Social Media negativ, wenn man sich Hasskommentare zum Beispiel anschaut. Aber es ist für uns eine Möglichkeit, Dinge mit den Fans zu teilen. Insofern ist es auch ein gutes Werkzeug.
Umgekehrt lieben Sie Bauernschnapsen und Saunagänge. Woher kommt das?
So bin ich halt aufgewachsen. Wenn ich mir aussuchen könnte, ob ich am Abend drei Stunden vor der Playstation verbringe oder mich mit Kollegen zum Bauernschnapsen oder für ein Gesellschaftsspiel zusammensetze, dann würde ich mich immer für die Gesellschaft entscheiden. Weil das vielmehr verbindet, weil du dabei über dein Gegenüber viel mehr herausfindest und eine ganz andere Beziehung zu dem Menschen aufbaust. Dasselbe gilt für die Saunarunde.
In der beim ÖFB auch Stürmer Michael Gregoritsch und der Teamkoch sind.
Richtig. Der Gregerl ist einer meiner besten Freunde. Wir versuchen einfach, ganz normal zu sein. Immer gelingt uns das aber nicht. Wir sitzen gerne bei einem Kaffee zusammen und plaudern. Das ist wichtig in unserer Generation, die ohnehin genug am Handy hängt.
Und Sie haben eine Vorliebe für Austropop.
Ja, vor allem nach Siegen gibt es nichts Schöneres. Das verbindet in der Kabine, solche Momente sind unbezahlbar.
Wie sehr können Sie bei Ihrem Terminkalender mit Vorbereitung und Ligastart Mitte Jänner die Weihnachtszeit genießen?
Man muss es versuchen. Wir haben doch zwölf freie Tage. Eine gewisse Zeit will ich mit der Familie verbringen und dann noch ein bissl Sonne tanken.
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