Real-Boss verteidigte Super League: "2024 sind wir alle tot"

New Super League announced
"Die Situation ist sehr dramatisch" - Der designierte Vorsitzende Perez sieht nur so die Rettung des Fußballs möglich.

Real Madrids Präsident Florentino Perez hat die geplante Super League verteidigt und als notwendigen Schritt zur Rettung des Fußballs bezeichnet. Er sei nicht der Eigentümer von Real Madrid. Der Klub sei ein Mitgliederverein. "Jetzt machen wir das, um den Fußball zu retten, der sich in einer kritischen Situation befindet", sagte der als Boss der neuen Liga auserkorene Spanier in der Nacht auf Dienstag in einem Interview des spanischen Senders El Chiringuito de Jugones.

Überall auf der Welt seien Vereine wegen der Corona-Pandemie in finanziellen Schwierigkeiten, und es gehe darum, den "Fußball zu retten, damit wir zumindest für die nächsten 20 Jahre in Ruhe leben können. Die Situation ist sehr dramatisch", betonte Perez. Real hat wie der FC Barcelona und weitere Klubs hohe Schuldenberge, die Corona-Pandemie hat die Lage für viele wegen der eingebrochenen Umsätze verschlimmert.

"Wir werden versuchen, sobald wie möglich zu beginnen"

Die Königlichen sind einer von drei Klubs aus Spanien, sechs aus England und drei aus Italien, die sich zu einer Super League zusammenschließen wollen und damit tags zuvor auf Konfrontationskurs mit der UEFA und deren Champions League gegangen sind. Teilnehmen sollen insgesamt 20 Mannschaften, für die Gründungsmitglieder sind 3,5 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

"Wir werden versuchen, sobald wie möglich zu beginnen", versicherte Perez, der als Vorstandsvorsitzender des Unternehmens auserkoren ist. Der Darstellung, dass die Superreichen noch reicher werden wollen, widersprach der 74-Jährige: "Wenn gesagt wird: Das sind die Reichen - nein. Ich bin nicht der Eigentümer von Real Madrid, Real Madrid ist ein Mitgliederverein. Alles, was ich tue, ist zum Wohl des Fußballs."

Kleine Mannschaften nicht attraktiv genug

Die bei der Exekutivsitzung der UEFA am Montag beschlossene Reform der Champions League, die zukünftig mit 36 statt 32 Klubs ausgetragen werden und durch einen neuen Modus 100 Spiele mehr pro Saison haben soll, kommt laut Perez zu spät: "Sie sagen, das neue Format kommt 2024. 2024 sind wir alle tot." Die Meinung des Bau-Magnaten über die aktuelle Königsklasse: "Die Champions League ist ab dem Viertelfinale attraktiv. Wir müssen gegen bescheidene Mannschaften spielen, was nicht attraktiv ist."

Die harsche Reaktion der UEFA und der nationalen Ligen auf die Super-League-Pläne kann Perez nicht nachvollziehen. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin droht damit, dass Nationalspieler der abtrünnigen Klubs bei der EM und folgenden Weltmeisterschaften nicht spielen dürfen. Auch ein Ausschluss aus der laufenden Champions-League-Saison steht im Raum, betroffen wären von den Halbfinalisten neben Real auch Chelsea und Manchester City. Einzig Paris Saint-Germain würde im Bewerb bleiben.

"Mit den Monopolen ist es vorbei"

"Wann immer es eine Veränderung gibt, gibt es immer Leute, die dagegen sind", sagte Perez. "Was ist attraktiv? Dass wir Großen unter einander spielen, die Konkurrenzfähigkeit. Das ist attraktiv und wird im Fernsehen mehr wertgeschätzt, generiert also mehr Ressourcen."

Mit Konsequenzen für die abtrünnigen Klubs rechnet Perez nicht. "Man muss transparent sein. Die UEFA ist nicht transparent gewesen, und damit ist es vorbei. Mit den Monopolen ist es vorbei, und wir alle sagen, dass der Fußball am Rande des Ruins steht. Wir werden mit Sicherheit nicht aus der Champions League rausfliegen. Auch nicht aus La Liga, nichts dergleichen", meinte der Real-Boss. "Die UEFA hat kein gutes Image. Ich will Dinge, die bei der UEFA passiert sind, nicht erwähnen, aber sie muss einen Dialog führen und nicht drohen."

GROSSBRITANNIEN:

"The Sun": "Wer außer den Milliardären selbst denkt, dass eine bedeutungslose 'Super League' - die die Champions League, die Premier League und unsere unteren Ligen zerstören würde, ganz zu schweigen von denen in Spanien und Italien - eine gute Idee ist?"

"The Telegraph": "Florentino Perez, Andrea Agnelli und Joel Glazer sind nun als steuernde Kräfte der schlechtesten Idee in der Geschichte des europäischen Fußballs eingesetzt. Der Vorsitzende und die beiden Vize-Vorsitzenden der gerade entstandenen European Super League (ESL) führen den jüngsten Vorstoß der Zombie-Apokalypse des Fußballs auf der Suche nach frischem Fleisch an - denn selbst die letzten zwei Jahrzehnte mit gewaltigen Einnahmezuwächsen bei den Übertragungsrechten haben ihnen nie gereicht."

"The Independent": "Die European Super League ist ein grotesker Verrat am Fußball."

"Daily Mirror": "Diese sogenannte Super League muss nicht nur scheitern, sie muss für immer aus dem Sport verjagt werden."

"The Times": "Es gibt nichts, was die nationalen Verbände davon abhalten könnte, Spieler bestimmter Clubs nicht für ihre Nationalmannschaften aufzustellen. Das würde die Verlockung, die diese abtrünnigen Vereine für Spieler darstellen, stark mindern. Vor allem aber sind da die Fans, die wahren Hüter der Magie des Fußballs, ohne deren Unterstützung die neue Liga nicht erfolgreich sein kann. Wenn jemand diese Clubs davon überzeugen kann, dass sie einen schweren Fehler begangen haben, dann sind das sicherlich sie."

DEUTSCHLAND:

"Bild": "Tschüss, Fußball! Es war so wunderschön mit dir! ... Das ist keine Super League! Das ist eine Scheiß-Liga! Die Champions League, wie wir sie kennen, wäre Geschichte. Und die nationalen Ligen wären im Eimer... Das ist Verrat am Fußball! Verrat an allem, was wir lieben!"

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": Auch wenn in Europa schon länger das Gespenst einer wie auch immer verfassten Superliga umging: Nun ist die Katze aus dem Sack. Von entsprechenden Planungen ist seit einigen Jahren die Rede. Die Kommerzialisierung und Internationalisierung des Fußballs haben diese Entwicklung nahegelegt. Mehr noch: Sie erscheint geradezu zwangsläufig. Doch nach der ganz konkreten Präsentation der sogenannten Super League durch zwölf der teilweise namhaftesten Klubs in Europa zeigt sich: Diese Katze ist ein Tiger. Einer, der die Kraft hat, den europäischen Fußball in Stücke zu reißen."

"Süddeutsche Zeitung": "Den zahlreichen Manifesten von Ablehnung und Empörung, die aus der Bundesliga kamen, schlossen sich auch Vertreter von Vereinen an, die potenziell in die Sonderliga abdriften könnten. ... Doch wenn die unsympathische Veranstaltung Superliga wirklich kommen sollte - werden die deutschen Spitzenklubs dann in der Heimat bleiben und sich mit einer Diät-Version der Champions League begnügen, in der die großen Namen fehlen? Es könnte der Tag kommen, an dem man die Münchner und Dortmunder an ihr Wort erinnern muss."

"Die Welt": "Als das Virus im Frühjahr 2020 auch die Fußballbranche für einige Wochen zum Erliegen brachte, da war plötzlich selbst im Fußball von mehr Demut und Zurückhaltung die Rede. Innehalten solle man, so hieß es, und darüber nachdenken, ob denn wirklich alles in die richtige Richtung läuft. Die nun veröffentlichten Pläne verdeutlichen dagegen: Die Gier nach noch mehr Geld ist größer denn je. Es geht den großen Vereinen einzig und allein um Gewinnmaximierung. Was den Fan, den Konsumenten bewegt, schert sie überhaupt nicht."

ITALIEN:

"La Gazzetta dello Sport": "Stoppt sie! So lautet, von Draghi bis zur UEFA, die Aufforderung an die Rebellen."

"La Repubblica": "Der Sezessionskrieg im europäischen Fußball, ausgelöst durch eine in der Nacht eingereichte Erklärung von zwölf Abtrünnigen mit ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, markiert den endgültigen Bruch zwischen zwei Arten, diesen Sport zu leben und zu verstehen."

"Corriere della Sera": "Es bedurfte einer Revolution im Fußball, um eine einheitliche Reaktion aus Europa auszulösen, geschlossen in der Verurteilung einer Spaltung durch die neugeborene Super League. Gewollt ist diese von zwölf der reichsten Clubs, zum Nachteil aller anderen Mannschaften, so vieler kleiner und großer Städte, von Gemeinden und vor allem der Tradition."

SPANIEN:

"La Vanguardia": "Dass wirtschaftliche Gründe im Vordergrund stehen, zeigt auch der Anstieg der Kurse der beteiligten englischen Clubs an der Wall Street und die von Juventus an der Mailänder Börse. Diese Vereine versuchen seit Jahren, einen halbgeschlossenen Wettbewerb im Stil der NBA zu schaffen, der ihnen Geld und finanzielle Stabilität garantiert. Die großen Clubs sind überzeugt, dass sie am Ende gewinnen werden, weil sie wissen, dass vom zu verteilenden Kuchen ohne sie nur Krümel bleiben würden."

DÄNEMARK:

"Politiken": "Die UEFA hatte reichlich Gelegenheit, die Regelung einzuführen, die paradoxerweise ein Motor in den geschlossenen amerikanischen Ligen ist. Eine Gehaltsobergrenze und eine umgekehrte Hierarchie bei der Unterzeichnung von Verträgen mit neuen Spielern haben, gelinde gesagt, eine angestrebte Gleichstellung geschaffen, ohne dass dies einem enormen Wachstum im Wege gestanden hätte. Mit einer solchen Initiative hätte die UEFA ein stabiles Fundament für die Fußball-und Fan-Kultur des europäischen Fußballs schaffen können. Stattdessen wackelt es jetzt."

FRANKREICH:

"Dernieres Nouvelles d'Alsace": "Die Welt des Fußballs muss also voller Verblüffung und Ärger feststellen, dass sie vom Geld regiert wird. Was für eine Überraschung, was für eine Enthüllung! Nachdem das Projekt der Super League schon vor einigen Jahren angekündigt wurde, fängt es nun an, zu wachsen und zu gedeihen - und ist nichts anderes als das Ergebnis eines verdorbenen Systems."

BELGIEN:

 "De Standaard": "Die Chefs von zwölf Top-Fußballteams aus Spanien, England und Italien bilden seit gestern den meistgehassten Club Europas. Mit ihrem dreisten Plan, einen neuen Wettbewerb - die Super League - aus dem Boden zu stampfen, ziehen sie den Groll der Fußballföderationen, der nationalen Verbände, der übrigen Clubs, ihrer eigenen Anhänger und der Politik auf sich. Soviel Geldgier ist beispiellos, so der allgemeine Tenor." (...) "Aber es steht so gut wie fest, dass der Fußball auf dem Weg zu einem kommerziellen Modell nach amerikanischem Vorbild ist."

RUSSLAND:

"Nesawissimaja Gaseta": "Es ist wahrscheinlich zu früh davon zu sprechen, dass die Revolution schon passiert ist. Aber der Prozess ist angestoßen. Beide Seiten - die UEFA und die Super League - haben schwere Geschütze aufgefahren, folglich müssen sie so oder so einen Kompromiss suchen."

UNGARN:

"Magyar Nemzet": "Heutzutage steht Europa vielleicht mit einer einzigen Tätigkeit, mit einem einzigen Industriezweig im Mittelpunkt der Welt: mit dem Fußball. Dieser Stolz hat seinen Preis. Einerseits ist er in Euro-Milliarden messbar, andererseits verlor die nationale Idee erneut eine Schlacht. Denn, daran besteht kein Zweifel, die Superliga wird kommen."

SCHWEIZ:

"Tages-Anzeiger": "Die Gründung der ESL führt zu einer enormen Zerreißprobe im Fußball. Die UEFA fürchtet um ihren Wettbewerb, eine zwar immer mehr verwässerte Champions League. Ihr ist die Kraft zu wünschen, dass sie sich durchsetzt und die Clubs von den nationalen Meisterschaften ausschließt. So wie ihr der ehrliche Beistand der FIFA zu wünschen ist, Spieler von der WM fernzuhalten, die an diesem Projekt teilnehmen. Denn im Größenwahn der ESL steckt vor allem eines: der Angriff auf die nationalen Ligen und damit auf die Basis des Fußballs."

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