Nach dem Wiener Derby: So sieht die Trendwende bei Rapid und der Austria aus

Der Fußball ist schon ein verrücktes Spiel. Allwöchentlich wird beurteilt, bejubelt oder beschimpft. Und nicht selten wechseln diese Emotionen von Woche zu Woche.
Umso wichtiger sind Menschen in führenden Positionen ihrer Klubs, die dabei mehr auf Pragmatismus setzen und sich nicht von den Gefühlen anderer mitreißen und zu unüberlegten Aktionen hinreißen lassen. Wie zum Beispiel Austria-Trainer Stephan Helm oder Rapid-Coach Peter Stöger.
Nach nur wenigen Runden wurde Helm intern und extern plötzlich angezählt, man traute ihm nicht mehr zu, der richtige Mann in der violetten Coachingzone zu sein. Vier Siege später, vor allem nach dem 3:1-Derbysieg gegen Rapid in Hütteldorf, wird der Burgenländer nicht mehr hinterfragt.
Seine größte Stärke: In beiden violetten Gemütslagen behielt Helm die Ruhe und konzentrierte sich auf das von ihm Beeinflussbare – seine Arbeit als Trainer.
Ruhe bewahrt
Die Austria durchlebt aktuell eine Phase, die jener aus dem Vorjahr ähnelt. Einem schlechten Start folgte eine Trendwende. Dennoch will Helm die Situationen nicht vergleichen mit jener aus dem Vorjahr.
„Heuer haben die Ergebnisse einfach nicht zu den Leistungen gepasst. Wir verfolgen einen Weg, den darf man eben nicht verlassen.“ Auch die Unruhen im Umfeld mit dem Rücktritt von Jürgen Werner als Sportvorstand und dem Verkauf von Dominik Fitz brachten die Veilchen nicht ins Wanken.
Goalie Sahin-Radlinger sagt: „Der Spirit innerhalb des Teams fühlt sich geil an.“ Derby-Torschütze Lee bestätigte: „Das Entscheidende war, dass wir als Team zusammengehalten haben.“

Pleite mit Vorspiel
Während die Formkurve der Austria steil nach oben zeigt, ist jene von Rapid im Sinkflug. In Oberwart hatte der behäbige Auftritt noch keine direkten Folgen, mit dem 2:1 wurde die Cup-Pflicht erledigt. Beim GAK war es ein umstrittener Last-minute-Elfmeter, der zwei Punkte kostete. Warum dann – nach einer ganzen Woche Vorbereitung – die Leistungsbilanz ausgerechnet im Derby, also im Spiel der Spiele für die Fans, noch stärker in den falschen Bereich ausschlug, muss exakt und nüchtern analysiert werden.
Beim 1:3 passten weder der Spielplan, noch die Körpersprache, noch der Wille und auch nicht die Anpassungen zur Pause, die schon öfters entscheidend für die knappen Erfolge waren, so exakt, wie es im ersten Saisonviertel oft zu sehen war.
Die lasche Zweikampfführung kritisierte Stöger öffentlich: „Halbherzig“. Auch die fehlende Initiative aus dem Mittelfeld: „Ganz vorne haben sie gerackert wie die Wahnsinnigen, aber da kam zu wenig Unterstützung.“ Und auch den erstmals auffallend fehlerhaften „Defensivverbund“: „Alle drei Gegentore waren zu billig.“
Was am Plan von Helm grundsätzlich besser war als jenem, der in Hütteldorf ausgeheckt worden war, wird Stöger mit seinem Team in Ruhe besprechen und daraus seine Schlüsse ziehen für die schwierigen Partien in Posen am Donnerstag und direkt vor der Länderspielpause in Salzburg am Sonntag.

Routinierte Gelassenheit
Das ist nach Jahrzehnten im Geschäft auch die Stärke des 59-Jährigen: Der Chefcoach wird sich von nervösen Gefühlsausschlägen bei Fans oder im Klub-Umfeld nicht anstecken lassen.
Stöger ist weder bei den verfrühten „Rapid ist der Meisterschaftsfavorit“-Rufen dabei gewesen, noch wird er in vorzeitige Abgesänge einstimmen. Der Blick ausgerechnet zum violetten Erzrivalen beweist: Es geht im Fußball extrem schnell. Rauf, runter, und auch wieder rauf.
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