Fuchs: "Man muss das Ego hintanstellen"

Fuchs: "Man muss das Ego hintanstellen"
Der Teamkapitän spricht über das Deutschlandspiel, die Stimmung im Team und den Abgang von Paul Scharner.

Christian Fuchs ging mit 17 Jahren zu Mattersburg. 2008 wechselte er nach Bochum, nach zwei Jahren zu Mainz und seit einem Jahr spielt er bei Schalke. Der 26-jährige Linksverteidiger hat seit 2006 bislang 48 Länderspiele bestritten.

Diese Saison mischt er erstmals in der Champions League mit. "Darauf freue ich mich riesig", sagt der Niederösterreicher. Vor der Königsklasse steht aber noch das emotionale WM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland im Wiener Happel-Stadion auf dem Programm.

KURIER: Sie haben am 11. September ein kleines Jubiläum, sie spielen zum fünften Mal im Nationalteam gegen Deutschland.
Christian Fuchs:
Jetzt spielen Sie darauf an, dass ich noch nie gegen Deutschland gewonnen habe. Das ist keine schöne Statistik. Aber wir haben auch schon lange nicht gegen die Türkei gewonnen. Und jetzt ist es nach 24 Jahren passiert.

Aber die Türkei ist nicht Deutschland.
Das stimmt natürlich. Ein gutes Beispiel über das Riesenrepertoire an Spielern ist Lewis Holtby, mit dem ich in Bochum, Mainz und Schalke gespielt habe und noch spiele. Der ist ein Riesenfußballer, hat aber auf der Position im offensiven Mittelfeld enorme Konkurrenz.

Zum Beispiel Marco Reus. Kennen Sie den neuen Star von Dortmund?
Ja. Ganz gut sogar. Aber auch Andre Schürrle aus unserer gemeinsamen Zeit in Mainz. Eigentlich kenne ich alle Teamspieler ganz gut.

Aber ist es nicht am schönsten, wenn man sich mit den Mitspielern beim täglichen Training necken kann?
Natürlich.

Ihr Schalke-Kollege Benedikt Höwedes war bei der Europameisterschaft dabei, hat aber nicht gespielt. Haben Sie mit ihm über diese Situation geredet?
Eigentlich nicht, obwohl wir uns gut verstehen. Aber als wir dann wieder im Training waren, da waren dann schon wieder ganz andere Dinge wichtiger.

Zum Beispiel die Gesundheit. Sie haben ja die beiden Juni-Länderspiele wegen einer Leistenverletzung auslassen müssen.
Stimmt. Die Gesundheit ist das Wichtigste. Ich war eine Nacht im Teamcamp in Seefeld und hatte danach acht Wochen zum Ausspannen. Das war wichtig. Und außerdem hat mir Martin Stranzl einige Kräftigungsübungen für Unterbauch und Rücken gezeigt. So hat er damals seine Leistenprobleme weggebracht. Und auch ich habe sie jetzt sehr gut im Griff.

Haben Sie im Urlaub von der Europameisterschaft überhaupt etwas mitbekommen?
Wenig. Aber mit Robert Almer haben wir uns beim Public Viewing in der Rheinterrasse in Düsseldorf das Halbfinale gegen Italien angeschaut. Robert und ich haben auf Italien gesetzt und damit das Tippspiel an unserem Tisch gewonnen.

Hatten Sie das Gefühl, dass die Erwartungshaltung in Deutschland riesig war und noch immer ist?
Damals in der Rheinterrasse waren die Leute enttäuscht. Natürlich. Aber das Anspruchsdenken war und ist vor allem in den Medien hoch. Das ist aber nicht viel anders als bei uns in Österreich.

Aber in Österreich wird doch kein EM- oder WM-Titel erwartet.
Das nicht. Aber kaum gelingen ein paar gute Spiele, wird schon wieder Was-weiß-ich-was erwartet.

Darf man von diesem Nationalteam nichts erwarten?
Es ist augenscheinlich, dass die Kurve nach oben zeigt. Marcel Koller hat Konstanz in unser Spiel gebracht. Wir brauchen jetzt Kontinuität und Stabilität. Bisher waren alles nur Testspiele, jetzt wird es ernst. Und ich kann von mir sagen: Ich will unbedingt zur Weltmeisterschaft nach Brasilien.

Wie ist die Stimmung in der Mannschaft?
Es fühlt sich sehr gut an im Team. Wir sind eine homogene Truppe.

Zuletzt hat es aber Wirbel um den Auszug von Paul Scharner gegeben, der keinen Fixplatz garantiert bekommen hat.
Wir alle waren etwas perplex. Aber das ist vorbei. Wenn man danach ein bisschen nachdenkt, kommt man zum Schluss: Wir betreiben einen Mannschaftssport. Und da muss man das Ego hintanstellen.

Haben Sie als neuer Kapitän gar nicht auf ihn einwirken können?
Nein, wir wurden ja überrascht davon. Aber ich für meinen Teil werde jetzt noch mehr Verantwortung übernehmen. Ich bin wirklich stolz darauf, Kapitän zu sein. Aber diese Entscheidung des Teamchefs war nicht das Wichtigste beim letzten Lehrgang. Da war es wichtiger, dass wir als Mannschaft auf dem Platz wieder einen Schritt weiter nach vorne gemacht haben.

Vor allem die Defensivarbeit hat gegen die Türkei schon ganz gut funktioniert. Was kann man gegen Deutschland erwarten?
Ein Offensivspektakel werden wir wohl nicht abfeuern. Aber wir werden unsere Chancen suchen, auch wenn Deutschland klarer Favorit ist.

Christian Fuchs: Der Wrestling-Fan
Der Linksfuß wurde am 7. April 1986 geboren und wuchs in Pitten (NÖ) auf. Er spielte von 2001 bis 2003 in Wr. Neustadt in der Landesliga. 2003 wurde er Dritter bei der U-17-EM und vom damaligen Bundesliga-Aufsteiger Mattersburg geholt. 2008 wechselte Fuchs zu Bochum, 2010 zu Mainz, 2011 zu Schalke. Das Spiel gegen Deutschland wird sein 50. Länderspiel. Der Wrestling-Fan wohnt in Düsseldorf zusammen mit seiner Frau Michaela.

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