Österreich unterliegt Brasilien 1:2
Die Hymnen waren verklungen, die Fans noch am jubeln, da passierte Historisches. Rubin Okotie erzielte das erste Tor Österreichs gegen Brasilien seit 41 Jahren. Doch allein es galt nicht, weil die "Hand Gottes" einem gewissen Diego Maradona gehört und Okotie für die Volleyballeinlage Gelb sah.
Der Referee war eine Stunde später nicht so aufmerksam. Nach einem Eckball riss David Luiz Stefan Ilsanker nieder und köpfelte zum 0:1 ein (64.). Mr. Cullum aus Schottland gab den Treffer.
Aleksandar Dragovic war aber dennoch die historische Tat des ersten Tors gegen Brasilien seit 1973 vorbehalten. Oscar hatte den eingewechselten Andreas Weimann im Strafraum gelegt, Dragovic verwertete den Elfer flach ins Eck ganz sicher (75.).
Überwindung
Erst vor drei Tagen hatten sich die österreichischen Teamspieler nach einem intensiven Spiel gegen die Russen aus dem Ernst-Happel-Stadion geschleppt.
Müden Knochen? Blaue Flecken? Ja. Na und?
Ein Wehwehchen hin, ein Zwicken her. Egal.
Ob Dragovic, Hinteregger, Okotie oder Arnautovic. Am Dienstagabend meldeten sich fast alle von der Startelf gegen Russland fit. Nur Leitgeb konnte nicht, für ihn durfte Kavlak bei der brasilianischen Hymne auf dem Platz stehen.
Ein Spiel gegen die Ballzauberer aus Südamerika ist ein Highlight für jeden Fußballprofi. Besonders für österreichische. Denn die brasilianische Nationalmannschaft kommt nicht alle Tage nach Österreich. Im August 1988 gastierten die Brasilianer zuletzt in Wien, im Praterstadion, das damals so hieß, weil der spätere Namensgeber erst vier Jahre danach sterben sollte.
Marcel Koller belohnte also jene Spieler, die in der EM-Qualifikation so erfolgreich sind. Sie dankten es ihm mit viel Leidenschaft, aufopferndem Spiel und riesiger Laufbereitschaft. Sie wollten Historisches schaffen, den ersten Sieg im neunten österreichischen Spiel gegen Brasilien.
Marcel Koller verzichtete also auf einen Überraschungseffekt für Carlos Dunga, der gegen Russland auf der Tribüne gesessen war. Doch der brasilianische Teamchef hätte ohnehin nicht reagiert. Recht humorlos bot er jene Mannschaft auf, die letzten Mittwoch die Türkei in Istanbul 4:0 geschlagen hat. Weil Dunga die Aufstellung von Österreich linguiça war, also so was von Wurscht.
KURIER-Noten für die Teamspieler
Große Resonanz
Was aber für die Fans aufregend war, weil daher Superstar Neymar zu sehen war. Und weil Brasilien ganz einfach Brasilien ist, wurden von Sendern in 160 Ländern die Rechte gekauft, bewegte Bilder vom Spiel in Wien senden zu dürfen.
48.500 Zuschauer im Stadion und Millionen vor den TV-Schirmen sahen ambitionierte Österreicher, die nicht nur hinten standen, sondern auch nach vorne spielten. Nach schöner Aktion wurde ein Schuss von Klein übers Tor gelenkt (21.). Einen Sparring-Partner werde man auf keinen Fall abgeben, hatte Koller versprochen. "Wir wollen uns nicht wie die Puppen hinstellen und die Brasilianer um uns herumkurven lassen." Dazu kamen die Brasilianer auch nicht, denn die Österreicher erstarrten nicht in Ehrfurcht. Behagten den Südamerikanern das regnerisch-kühle Wetter nicht? Oder der enge Körperkontakt? David Luiz legte Harnik per Hüftwurf auf den Rasen. Fernandinho verpasste Kavlak mit dem Ellbogen ein Cut. Oscar rasierte Fuchs mit den Stollen übers Schienbein. Nach vorne strahlten Neymar, Willian und Oscar stets Gefahr aus, aber doch keine richtige Torgefahr.
Koller gab nach Seitenwechsel sukzessive weiteren Spielern die Gelegenheit, sich gegen Brasilien präsentieren zu dürfen. Doch der Faden riss weder dadurch, noch durch den Torfrust nach dem 0:1. Die Österreicher kämpften weiter, schafften den Ausgleich. Doch kurz vor Schluss zog Firmino aus 18 Metern genau ins Kreuzeck ab (83.). Der unhaltbare Schuss und ein irreguläres Tor beendeten damit ein stolze Serie. Österreich verlor das erste Spiel im Jahr 2014, das erste seit neun Partien.
Wien, Ernst-Happel-Stadion, 48.500 Zuschauer (ausverkauft), SR Collum (Schottland)
Tore: 0:1 (64.) David Luiz 1:1 (75.) Dragovic (Foulelfmeter) 1:2 (83.) Firmino
Österreich: Almer (46. Özcan) - Klein, Dragovic, Hinteregger, Fuchs - Ilsanker, Kavlak - Harnik (88. Prödl), Junuzovic (71. Weimann), Arnautovic (76. Ulmer) - Okotie (54. Sabitzer)
Brasilien: Diego Alves - Danilo, Miranda (28. Thiago Silva), David Luiz, Filipe Luis - Willian, Luiz Gustavo (62. Douglas Costa), Fernandinho (82. Casemiro), Oscar (76. Fred) - Luiz Adriano (62. Firmino), Neymar (91. Marquinhos)
Gelbe Karten: Okotie bzw. keine
Marcel Koller: "Ich bin absolut zufrieden. Das, was wir spielen wollten, haben sie (Anm.: die Spieler) hervorragend umgesetzt. Vielleicht waren die Brasilianer ein bisschen überrascht, dass wir sie attackiert haben. Vielleicht hat der Trainer auch gedacht, die ziehen sich gleich zurück.
Der Schiri hat ein bisschen Probleme gehabt, Kavlak hat den Ellenbogen raufbekommen. Das ist absolut ärgerlich, weil es eine sehr gute Leistung von unserem Team war. So ein Tor zu bekommen... Und Neymar geht gefühlte fünf Minuten raus, ohne dass etwas passiert. Das ist unglaublich. Das ist, als wenn es fast eine Majestätsbeleidigung wäre, ihm eine Gelbe Karte zu geben. Ich habe ihn (Schiedsrichter Collum) gefragt, ob er die Karten nicht dabei hat. Er hat nur gesagt 'Alles Gute'.
Es waren zwei Spieler auf der Liste (als Elfmeterschützen), Junuzovic und Dragovic. Das hat sich auch bewährt. Er (Dragovic) hatte im Training die absolute Ruhe. Das Siegestor der Brasilianer war perfekt, da kannst du nichts machen.
Es war ein fantastisches Jahr mit vielen guten Spielen, guten Ergebnissen. Leider hat das Letzte gefehlt, wir hätten gerne einen Punkt mitgenommen. Vom Ergebnis hat es nicht gepasst, aber von der Leistung. Jeder hat noch einmal alles rausgehauen."
Marko Arnautovic: "Ich habe mich beim Elfer gut gefühlt, ich wollte zum Abschluss noch das Tor machen. Aber Drago (Dragovic) war auf der Liste, ich habe ihm den Ball gegeben, und er hat das Tor gemacht. Ich wollte unbedingt das Tor machen, dieses Tor schießen. Ich freue mich aber, dass Drago sein erstes Tor in der Nationalmannschaft gemacht hat."
Aleksandar Dragovic: "Wir haben beschlossen, dass ich ihn (Elfmeter) schießen muss. Marko (Arnautovic) hat sich gut gefühlt, aber im Endeffekt ist es egal. Wir wollten nicht verlieren, aber gegen Brasilien kann man schon einmal verlieren. Es war ein schönes Gefühl, gegen Brasilien mal ein Tor zu schießen. Wir haben gut gekämpft, haben uns vielleicht nach vor ein bisschen mehr erwartet. Aber wir können mit erhobenem Haupt dieses Jahr beenden."
Carlos Dunga (Trainer Brasilien): "Die Resultate zeigen die Arbeit, die wir gemacht haben. Die Spieler haben verstanden, worum es geht. Es war ein guter Anfang, und wir wollen im März so weitermachen. Österreich hat eine sehr gute Mannschaft mit guter Qualität, sie haben heute besser gespielt als im Russlandspiel.
Wir haben uns an die nassen Verhältnisse erst anpassen und mit Geduld spielen müssen. Auch wenn Österreich eine gute Deckung hatte. In der zweiten Hälfte haben wir mehr Bewegung hineingebracht und ihre Stürmer auch besser gedeckt."
Zu Österreichs EM-Qualifikation: "Sie haben eine große Chance weiterzukommen. Sie haben einen Vorsprung, das muss man so weiterführen, dann wird es klappen."
David Luiz (Brasiliens Torschütze): "Die Österreicher haben physisch stark gespielt, es war sehr schwierig. Wir haben beide ziemlich heftig gekämpft (zur Situation beim Elfmeter gegen Ilsanker). Ich kann mich nicht erinnern, ob ich gefoult habe. Aber es war ein Tor."
Datum | Spielort | |
05.03.2014 | Klagenfurt (FS) | Österreich - Uruguay 1:1 |
30.05.2014 | Innsbruck (FS) | Österreich - Island 1:1 |
03.06.2014 | Olmütz (FS) | Tschechien - Österreich 1:2 |
08.09.2014 | Wien (EM-Q) | Österreich - Schweden 1:1 |
09.10.2014 | Chisinau (EM-Q) | Moldawien - Österreich 1:2 |
12.10.2014 | Wien (EM-Q) | Österreich - Montenegro 1:0 |
15.11.2014 | Wien (EM-Q) | Österreich - Russland 1:0 |
18.11.2014 | Wien (FS) | Österreich - Brasilien 1:2 |
8 Spiele - 4 Siege, 3 Unentschieden, 1 Niederlage 10:7 Tore |
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