Wie die FIFA den VAR in Südamerika gerade neu erfindet

Wie die FIFA den VAR in Südamerika gerade neu erfindet
Bei der U-20-WM der Frauen gibt es keinen Video-Assistenten, dafür dürfen die Teams eine Prüfung einfordern.

Im Jahr 2016 feierte der Video-Assistant-Referee (VAR) bei der Klub-WM seine Weltpremiere. Was damals nicht alle geglaubt hätten: Die Diskussionen sind seither nicht weniger geworden. Fehlentscheidungen gibt es nach wie vor, auch die Dauer mancher Überprüfungen wird vielerorts kritisiert. Für die FIFA offenbar Grund genug, das Rad weiterzudrehen.

Sie tut dies in diesem Fall bei der Unter-20-Weltmeisterschaft der Frauen in Kolumbien, wo eine neue Variante des Videobeweises getestet wird. Offenbar mit Erfolg.

Was dabei neu ist? Es gibt keinen Video-Schiedsrichter mehr, der in einem Kammerl im Stadion oder andernorts in einer Zentrale sitzt und das Geschehen überprüft. Diese Aufgabe wird in Kolumbien der Vierten Offiziellen zuteil, die ihren Arbeitsbereich wie gehabt als Ersatzschiedsrichterin zwischen den Betreuerbänken hat.

Von dort aus überprüft die vierte Unparteiische auf einem Bildschirm allerdings nur die Korrektheit der erzielten Tore oder eben die Entscheidungen, die zur Aberkennung von Toren führen. Aufbereitet werden die Bilder von einem anwesenden Techniker („Video-Operator“). Bei offensichtlichen Fehlentscheidungen kann die Vierte Offizielle der Schiedsrichterin empfehlen, sich die betreffende Szene noch einmal mittels „Onfield-Review“ anzusehen. So weit, so gut.

Bei Elfmeterentscheidungen, Roten Karten und möglichen Verwechslungen von Spielerinnen bei Gelben Karten hat die Vierte Offizielle aber kein Eingriffsrecht. Dieses wird nun den Trainern eingeräumt. Sollte die Schiedsrichterin etwa nach einem Zweikampf im Strafraum nicht auf Elfmeter entscheiden, können die Teams einen Onfield-Review verlangen. Zwei „Challenges“, wie sie in anderen Sportarten schon längst üblich sind, hat jedes Team pro Partie. Sollte eine Challenge erfolgreich sein, also die Schiedsrichterin nach verlangtem Videostudium ihre Entscheidung revidieren, so erhält das betreffende Team diese Challenge zurück und darf auch danach noch zwei weitere Male eine Überprüfung einfordern.

Lautsprecherdurchsage

Neu ist auch, dass die Schiedsrichterin, so wie etwa im American Football schon lange üblich, ihre „neue“ Entscheidung über die Stadion-Lautsprecher kommuniziert.

Um die Auswirkungen der nun getesteten Neuerungen einschätzen zu können, braucht es womöglich noch weitere Testphasen bei anderen Turnieren. Gut möglich, dass die Partie durch nun fünf oder sechs Challenges pro Partie noch mehr in die Länge gezogen wird als dies ohnehin schon der Fall ist.

Fakt ist jedoch, dass es die FIFA mit dem Test ernst meint. Nicht nur Gianni Infantino, der Präsident des Weltverbandes, ist in Südamerika vor Ort. Auch Pierluigi Collina, der ehemalige Starreferee aus Italien („Glatze Gnadenlos“) und nunmehrige Schiedsrichter-Chef der FIFA, machte sich vor Ort ein Bild und sah dabei auch eine Unparteiische aus Österreich. Die Vorarlberger Schiedsrichterassistentin Amina Gutschi, 37, erhielt am Freitag ihren zweiten WM-Einsatz: Beim Schlagerspiel zwischen Mexiko und Gastgeber Kolumbien in Medellín.

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