Liverpool (500.000 Einwohner) und Manchester (550.000) trennen nur 50 Kilometer. Beide stehen im Wettstreit um den Status als wichtigstes Wirtschafts- und Kulturzentrum im Norden Englands. Die Städterivalität hat ihren Ursprung in den Zeiten der Industrialisierung. Im 19. Jahrhundert hatte Liverpool aufgrund der Lage an der Irischen See und seinem Hafen die Nase klar vorne. In der damals reicheren Stadt an der Mündung des River Mersey konzentrierten sich die Reedereien, Banken und Versicherungen, während im ärmeren Manchester nur produziert wurde – besonders in Textilfabriken.
Das änderte sich aber mit der Fertigstellung des Manchester Ship Canal 1894. Mit diesem konnten die Handelsschiffe die Industriestadt direkt erreichen und sich die Gebühren im Liverpooler Hafen ersparen. Dieser verlor dadurch Einnahmen, die Stadt Arbeitsplätze und den Status. Das hat man in Liverpool nicht vergessen.
Das wurde auch (oder gerade) auf den Fußball projiziert. Bis sich der FC Liverpool und Manchester United ihren Status als Englands Topklubs erarbeitet hatten, sollten aber Jahrzehnte vergehen. Beide hatten ihre Hochs (Meistertitel), aber auch ihre Tiefs (Abstiege). Zunächst bestieg Liverpool Englands Fußball-Thron. In den 1970er wurden die Reds zur ganz großen Nummer. Bis 1990 wurden in 17 Jahren elf Meisterschaften geholt. United war klar ins Hintertreffen geraten.
Dies zu ändern, war das erklärte Ziel von Alex Ferguson, als er 1986 das Manageramt in Manchester übernahm. Viele belächelten den Schotten, der das Unmögliche aber schaffte. Während sich beim Konkurrenten die erfolglosen Trainer die Klinke in die Hand gaben, blieb Ferguson 27 Jahre. Auf seinen ersten Meistertitel 1993 (den ersten für United seit 1967) sollten zwölf weitere folgen.
Er befeuerte die Rivalität gerne und oft. Und gab unumwunden zu: „Meine größte Herausforderung war es, Liverpool von ihrem verdammten Thron zu stoßen.“ Ferguson spürte den Hass einmal fast am eigenen Leib: Bei der Siegerehrung des FA-Cup-Finales 1996, das sein Team 1:0 gewann, konnte er dem Faustschlag eines Fans gerade noch ausweichen. Siegestorschütze Eric Cantona wurde von einem anderen Fan angespuckt.
Rassismus, Verhöhnungen und Ausschreitungen begleiteten das Duell ebenfalls. Und das nicht nur auf den Zuschauerrängen, sondern auch auf dem Spielfeld. Ein Vorfall sorgte für besonders viel Aufregung: Liverpool-Spieler Luis Suárez wurde 2011 acht Spiele gesperrt, weil er Patrice Evra rassistisch beleidigt hatte. Der Stürmer aus Uruguay bestritt die Vorwürfe. Suárez sah sich vielmehr als Opfer einer Kampagne und verwehrte dem Franzosen vor dem nächsten Duell den obligatorischen Handschlag.
Die große Rivalität treibt überhaupt seltsame Blüten: Seit 1964 wurde kein einziger Fußballer zwischen den Vereinen direkt transferiert. Und auch Jürgen Klopp ist sich durchaus bewusst, was geht und was nicht geht. Als Zlatan Ibrahimovic aus L.A. nach Europa zurückkehrte, schloss Liverpools Starcoach eine Verpflichtung aus – nicht aus sportlichen Gründen, sondern weil der Schwede schon bei United gespielt hatte.
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