Die Mattersburger Talfahrt
Fast elf Jahre ist es her, dass der Name Mattersburg im Kreis der zehn besten Fußballmannschaften auftauchte. Die Truppe aus der nur 7000 Einwohner großen Kleinststadt im Burgenland bereicherte die Bundesliga. Ein mit mehr als 17.000 Fans ausverkauftes Pappelstadion gegen Rapid, Zuschauerschnitt im fünfstelligen Bereich, eine Mannschaft, die mit viel Herz sogar zwei Mal ins Cupfinale einzog und im Europacup spielte. So strafte man jene Lügen, die von "Dorfklub" oder von "Eintagsfliege" redeten.
Obmann Martin Pucher, der 1988 den Verein in der fünfthöchsten Leistungsstufe übernommen und 2003 in die höchste geführt hat, sagte schon in Erfolgszeiten: "Freuen wir uns, dass es so ist. Aber es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Mattersburg mit so einem kleinen Einzugsgebiet dauerhaft oben ist." Dass aus der Warnung Realität wurde, war ein Schock: Nach elf Saisonen musste Mattersburg 2013 nach einem dramatischen letzten Spieltag überraschend absteigen.
Mattersburg kam in der "Heute für Morgen Erste Liga" aber nicht richtig an. Am Freitag fiel die Mannschaft auf Rang neun, den Relegationsplatz, zurück. 29 Punkte nach 27 Runden – so schlecht war in den letzten zehn Jahren nur die Admira (2007 24 Punkte und Vorletzter). Die Admira schaffte damals als Zehnter sportlich den Klassenerhalt, bekam aber keine Lizenz. Umso mehr verwundert die derzeitige Talfahrt der Mattersburger. Denn der Verein ist zusammen mit Ried und Altach in den letzten zehn Jahren der wirtschaftlich gesundeste Verein, der absteigen musste. Fast neun Millionen Euro hat das Budget im Oberhaus betragen, rund 5,5 Millionen davon Gehaltskosten, fast eine Million fließt in die Akademie. Weil Pucher in den Spielerverträgen ordentliche Abschläge für den Fall eines Abstiegs festlegte, sank das Budget auf rund die Hälfte.
Schwierigkeiten
Vielleicht wurden aber zu viele gehalten, vielleicht war das Festhalten an der Kontinuität, die Mattersburg so lange Jahre oben gehalten hat, in dieser Situation nicht das Richtige. Wenn man in Innsbruck an den Abstieg denkt, dann ist ein radikaler Umbau geplant. Trainer Michael Streiter hat viel Erfahrung in der Ersten Liga gemacht. "Da sind andere Qualitäten gefragt", sagt er. Martin Pucher sagt: "Ich bin jetzt 26 Jahre dabei und will mich nicht verstecken. Vielleicht war es nicht das Beste, die Mannschaft größtenteils zu halten, vielleicht wäre mehr frisches Blut besser gewesen." Für zu wenige Mattersburger ist die Liga Herausforderung, für weit mehr ist sie anscheinend Bestrafung.
Erinnerungen
Einer, der das Zeug zum Führungsspieler hat, ist mit einem Kreuzbandriss zum Zuschauen gezwungen: Patrick Bürger. Ein Zweiter, Manuel Seidl, teilt dasselbe Schicksal. Bei aller Ursachenforschung der Mattersburger Misere muss auch das Verletzungspech berücksichtigt werden: Schon in der Abstiegssaison hatten Leistungsträger langfristig gefehlt. Zuletzt in Parndorf hatte Trainer Vastic zehn Spieler nicht zur Verfügung. Auch wenn Pucher das nicht als Ausrede gelten lässt, sagt er: "Das ist eine Realität, da fehlt dann auch im Training die Konkurrenz und bringt uns an unsere Leistungsgrenzen."
Der Klubchef verfällt aber nicht in Schwarzmalerei. Pucher: "Natürlich bin ich absolut unzufrieden. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass die Herrschaften die sicherlich noch notwendigen zehn bis zwölf Punkte holen." Neun Partien stehen noch aus, 27 Punkte sind noch zu vergeben. Pucher glaubt daran, dass sich die Spieler des Ernsts der Lage bewusst sind. Und falls nicht? "Wenn wir anfangen, die Stahlrohrtribüne abzubauen, ist klar, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen."
Wenn alles schiefgeht, werden das auch die Spieler müssen, denn Martin Pucher hat auch die Abschläge für den Fall des Abstiegs in die Ostliga in den Verträgen festgehalten. Der Klubchef sagt: " Wir werden auch in diesem Fall ein wirtschaftlich gesunder Verein bleiben. Aber diese Frage stellt sich für mich nicht, denn ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden."
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