Dragovic: "Jeder macht sich Sorgen"

Kiew-Legionär Dragovic versucht, sich von der Gewalt nicht beirren zu lassen.

Eigentlich lebt Aleksandar Dragovic als Fußballprofi seinen Traum. Derzeit ist das ganz und gar nicht so. Der 22-jährige Legionär von Dynamo Kiew durchlebt aufgrund der politischen Situation gerade eine schwierige Zeit. Der Wiener wohnt in Kiew nur zehn Gehminuten entfernt vom Maidan, jenem Platz in der Hauptstadt, auf dem seit drei Monaten Zehntausende Regierungsgegner den Rücktritt von Präsident Janukowitsch fordern (aktuelle Entwicklungen im Politik-Teil, S. 10). "Die Bilder gehen um die Welt und es ist schon ein mulmiges Gefühl, zu wissen, dass das fast vor deiner Haustüre passiert", sagt Dragovic, der seit Sommer für Kiew spielt.

Zu seinem Glück ist der 27-fache österreichische Nationalspieler derzeit nicht oft in Kiew. Am Donnerstag hätte in der Metropole das Hinspiel im Sechzehntelfinale der Europa League gegen Valencia stattfinden sollen. "Erst am Mittwoch um 17 Uhr haben wir erfahren, dass die UEFA das Spiel nach Zypern verlegt hat und, dass wir sofort nach Nikosia fliegen müssen." Um 1.30 Uhr in der Früh sind Dragovic und Kollegen dort angekommen. "Nicht die beste Vorbereitung auf so ein wichtiges Spiel."

Außerhalb von Kiew

Dass der ukrainische Rekordmeister die Partie mit 0:2 verloren hat, wurde zur Randnotiz. Direkt nach dem Spiel flog die Mannschaft nach Kiew, wo man außerhalb der Stadt im Trainingszentrum nächtigte. Auf dem Gelände hat Dragovic sein eigenes Zimmer. Am Freitag durfte er zu seiner Familie in seine Wohnung im Zentrum von Kiew und konnte den Tag mit den Großeltern, die ihn großgezogen hatten, und seiner Freundin verbringen. Die Wohnung verlassen hat er nicht. "Ich war nur kurz einkaufen, aber zum Glück haben wir einen Supermarkt direkt unten im Haus."

Dragovics Familie wollte am Samstag nach Wien fliegen, er selbst sollte mit der Dynamo-Mannschaft gestern ins spanische La Manga weiterreisen, um sich in Ruhe auf das Rückspiel gegen Valencia am Donnerstag vorzubereiten. "Der Klub tut wirklich alles, damit wir uns so gut wie möglich auf unseren Job konzentrieren können. Aber vor allem für meine ukrainischen Kollegen ist die Situation nicht leicht. Im Vergleich dazu geht’s mir ja noch gut." Wie sehr die Situation seine einheimischen Kollegen belastet, konnte Dragovic nicht genau einschätzen. "Jeder macht sich Sorgen. Auch wenn er es nicht preisgibt."

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