Die ungewöhnliche Familiengeschichte des Rapidlers Leopold Querfeld
Leopold „Leo“ Querfeld stellt am Sonntag seinen durchtrainierten Körper Titelfavorit England entgegen. Dass der Rapidler bei der U-19-EM in der Slowakei für Österreich verteidigen wird, galt vor zwei Jahren als fast unmöglich. Der 18-Jährige ist – auch wenn das in seinem Alter komisch klingt – ein Spätstarter.
Teamchef Martin Scherb erzählt: „Uns sind kurzfristig Innenverteidiger ausgefallen. Querfeld war bis zur U 17 nicht auffällig, aber Rapid-Nachwuchschef Schuldes hat mir damals den Tipp gegeben, es mit Leo zu versuchen. Er hat sofort überzeugt.“
Der Wiener erzählt im KURIER-Gespräch: „So schnell kann es gehen: Drei Monate nachdem ich noch nachgedacht hatte, ob es in der Rapid-U-18 zum Stammspieler reichen würde, war ich Teamspieler. Knapp danach Stammspieler bei Rapid II.“ Im Saisonfinish wurde der Blondschopf sogar zur Stütze der Profis. „Das hängt alles mit harter Arbeit zusammen.“
Harte Arbeit gehört bei den Querfelds einfach dazu. Die Großeltern haben das Kaffeehaus-Imperium aufgebaut, Vater Berndt führt viele Betriebe. In sein Café Landtmann am Ring geht, wer in Wien in oder am Rande der Politik gesehen werden will. Gleichzeitig ist Querfeld senior mit Milliardär Michael Tojner befreundet und teilt sich mit dem ebenso glühenden Fan eine Rapid-Loge.
Abgebrüht
Querfeld junior gleicht auf dem Rasen Tempo-Defizite mit gutem Stellungsspiel aus, abseits davon drückt er sich gewählt aus: „Nervosität ist kein guter Begleiter in Spielen – ich bin nur bis zum Anpfiff angespannt.“ Oder: „Meine älteren Brüder sind Ruderer. Sie trainieren viel mehr als ich, bekommen aber kaum Geld dafür. Das hat mich geprägt, ich habe diese Tugenden übernommen.“
Ferdinand, der Erstgeborne, hat seinen Olympia-Traum mittlerweile aufgegeben und dafür das Lokal Bootshaus an der Alten Donau übernommen. „Ein Sprung ins kalte Wasser“, sagt Leo und lacht. Rudolph, der Mittlere, ist hingegen ein heißer Tipp für einen Ruder-Start bei Olympia in Paris.
„Papa hat uns immer zu allen Trainings geführt. Ich bin mit neun Jahren zu Rapid gekommen. Er war selbst Judoka“, erzählt Leo. Die Ausdauer kommt von Mutter Irmgard, einst Triathletin und Marathonläuferin.
Und die Oma? „Sie ist so stolz, dass sie im Café mittlerweile dauernd auf mich angesprochen wird. Ihr Traum war, dass sie mich im Fernsehen einmal spielen sieht.“
Die erste Chance dazu gab es beim Profidebüt in Kroatien gegen Dinamo. Auch in der Liga hatten es die ersten Gegenspieler in sich: „Höjlund, Adeyemi und Vrioni – das war ein guter Start.“
Spiele und Matura
Jetzt zählt nur die EM: „Ich hatte schon so coole Momente mit dem Team, die Vorfreude auf das Turnier ist riesig. Ich gehe davon aus, dass wir bis Anfang Juli dabei sind.“ Also bis zum Finale.
Danach kommt der Urlaub („Eigentlich tu’ ich mir schwer, nix zu tun“), dann wartet bei Rapid der verschärfte Konkurrenzkampf in der Innenverteidigung: „Ich möchte kommende Saison weitere Schritte zum Stammspieler und daneben die Matura schaffen.“
Und nach der Karriere? „Ich bin begeistert, was meine Familie aufgebaut hat. Ich bin im Kaffeehaus ja schon aufgewachsen, das interessiert mich.“ Es wird also auf den Kick der Kaffee folgen. „Ich trinke ihn auch schon.“
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