Die „Rapid-Philosophie“ – was ist das eigentlich? Von Entscheidungsträgern in Hütteldorf wurde sie in der Vergangenheit als gut klingendes Schlagwort genutzt, unter dem einen oder anderen Trainer war sie überhaupt nur eine leere Hülle.
Seit einiger Zeit wird von den Kleinsten bis zu Rapid II danach trainiert, bei der Präsidentenwahl im November sagte Steffen Hofmann, „dass jetzt auf 500 Seiten alles niedergeschrieben ist“.
„Mittlerweile sind es bereits 642 Seiten“, verrät Willi Schuldes über sein work in progress.
Der seit acht Jahren amtierende Nachwuchschef hat in Zusammenarbeit mit den Trainern, Scouts, Ärzten, Physiotherapeuten und Sportpsychologen – auch diesem lange gering geschätzten Bereich ist eines der zehn Kapitel gewidmet – die Vereinsphilosophie zusammengefasst, niedergeschrieben, mit nötigen Grafiken versehen – und dem KURIER Einblick gewährt.
„Lehre zum Rapidler“
Während die Profis am Ostersonntag gegen Klagenfurt um den kurzfristigen Erfolg spielen, geht es bei der „Rapid-Bibel“ um Langfristiges. Es wird laut Titel die altersübergreifende „Lehre zum Rapidler“ beschrieben.
„Bis ins kleinste Detail“ wollten Schuldes & Co. in den Sparten „Ausbildung“, „Training“, „Spiel“ die grüne Philosophie abbilden. Und weil sich der Fußball laufend weiterentwickelt, gibt es Updates und Erweiterungen.
Neue Trainerakademie
Die neueste ist die „Rapid-Trainerakademie“. Schuldes betont: „Der ÖFB bildet Trainer aus, wir bilden unsere Coaches und Interessierte von außen, wie von den neuen Partnervereinen in den Regionen, weiter. Da gibt es mit dem Verband weder Probleme noch Konkurrenz.“
Das Ziel ist, „dass Trainer für den modernen Profi-Fußball vorbereitet werden, im Idealfall natürlich für Rapid“.
Deshalb ist es besonders wichtig, dass im Verein von klein auf nach denselben Prinzipien trainiert wird und auch ein durchgängiges Wording verwendet wird. Talente, die bei den Profis plötzlich nicht mehr wissen, was der Trainer mit gewissen Begriffen verbindet, sollen der Vergangenheit angehören.
Anders als bei Sturm – in Graz üben alle im 4-4-2 mit Raute – gibt es zwar „das 1-4-3-3 mit Tormann als Grundordnung, aber ganz bewusst kein vorgeschriebenes System. Es geht viel mehr darum, wie welche Räume besetzt und bespielt werden“, erklärt Schuldes.
Fixe Philosophie-Pfeiler sind offensive Ausrichtung, Ballbesitz, Dominanz, flacher Spielaufbau, Mut zur Kreativität. Die größten Stärken sollen zu „Waffen“ weiterentwickelt werden.
Als „Anker für Drucksituationen“ werden für und gegen jedes System Spielformen trainiert. Zur visuellen Unterstützung gibt es jede Übung auch als Lehr-Video, denn der grüne Leitfaden ist nicht nur ein dickes Buch, sondern auch eine Powerpoint-Präsentation mit hinterlegten Videos.
Die Coaches können sich an „Mustertrainingswochen“ orientieren, die jeden Trainingstag in passende Übungen mit entsprechender Belastung aufteilen, im Mittelpunkt steht immer der einzelne Spieler und wie er weiterentwickelt werden kann.
Besonders spannend: Jedes einzelne Talent wird in einer Matrix mit einer Stärken-Schwächen-Tabelle bewertet und von den Trainern halbjährlich neu eingestuft – danach folgt eine Analyse mit dem Spieler, seinen Eltern oder Beratern.
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