Die eigenproduzierte Salzburger Krise

Der Titelfavorit hat in der Bundesliga seit sieben Wochen nicht mehr gewonnen. Die Gründe dafür sind vielschichtig.

Die Salzburger Spieler schicken sich derzeit an, einen klubinternen Negativrekord in der Bundesliga nach dem anderen aufzustellen. Die 0:3-Blamage in Mattersburg war das sechste Spiel ohne Sieg und gleichzeitig die vierte Auswärtspleite in Serie.

Beides sind Bestmarken seit dem Einstieg von Red Bull vor sechs Jahren. Sportliche Krisen sind in Salzburg nichts Neues, ebenso wie die Gründe, die zu dieser geführt haben. Eine KURIER-Analyse:

Philosophie-Irrsinn

Für was steht Red Bull Salzburg? Sicher nicht für eine bestimmte Spielweise. Dazu gab es zu viele völlig unterschiedliche Trainer in den letzten fünf Jahren. Giovanni Trapattoni war ein Defensivapostel, Co Adriaanse ein Offensivgeist, Huub Stevens dachte defensiv, Ricardo Moniz denkt offensiv - mit jedem Trainerwechsel wurde eine andere Spielphilosophie propagiert. Das Wirrwarr sorgt für mehr Verwirrung beim eigenen Team als bei den Gegnern.

Spieler-Fluktuation

Mit Ibrahim Sekagya und Christoph Leitgeb stehen bei Salzburg nur zwei Fußballer unter Vertrag, die länger als drei Jahre beim Klub sind. 74 Spieler wurden seit 2005 geholt, viele blieben maximal zwei Jahre. So konnte sich nie ein Stamm der Mannschaft entwickeln.

Hierarchie-Vakuum

Es konnte sich durch die extreme Personalfluktuation auch nie eine Rangordnung innerhalb der Mannschaft bilden. Es gibt praktisch nur Häuptlinge und keine Indianer, weil scheinbar jeder, der nach Salzburg kommt, für sich den Anspruch stellt, ein Häuptling zu sein.

Gehälter-Wahnsinn

Ein Spieler, der von Salzburg unter Vertrag genommen wird, hat ausgesorgt. Brutto-Gehälter zwischen 700.000 und 1,2 Millionen Euro pro Jahr sind die Regel und nicht wie bei anderen Topklubs der Liga die Ausnahme. Leistung war und ist kein Kriterium für diese Gehälter. Mehr als Salzburg vorzeitig verlassen zu müssen und dafür eine satte Abfertigung zu kassieren, kann einem Spieler nicht passieren.

Motivationsmangel

Die Salzburger Elf hat zwei Gesichter. In der Europa League passen wenigstens Einsatz, Laufbereitschaft und Kampfgeist, in der Bundesliga hingegen zu oft nicht einmal diese Grundtugenden. Viele Spieler vermitteln den Eindruck, dass Spiele gegen Mattersburg, Kapfenberg oder Wiener Neustadt für sie nur lästige Pflichtaufgaben seien. Dies schlägt sich auch regelmäßig in katastrophalen Leistungen nieder.

Einschätzungsfehler

Es beweist sich wieder einmal, dass Ergänzungsspieler von Klubs wie Ajax Amsterdam oder Werder Bremen für eine österreichische Mannschaft nicht zwangsläufig Verstärkungen sein müssen. Rasmus Lindgren und Petri Pasanen waren von Trainer Moniz als "herausragende Spieler" angekündigt worden. Bisher sind beide bestenfalls teure Mitläufer.

Transfer-Chaos

Bei vielen Verpflichtungen kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass diese nur getätigt werden, weil das Geld dafür vorhanden ist. Ein Beispiel von vielen: Chema Anton wurde geholt, weil Franz Schiemer nicht fit war. Seit August kann der Teamspieler wieder spielen, der Spanier hat seitdem einen Stammplatz auf der Tribüne. Warum bekam eigentlich nicht ein Salzburger Talent die Chance, sich zu beweisen?

Nachwuchs-Lüge

Eigentlich war im Sommer wieder einmal angekündigt worden, dass nun auf Talente aus den Akademien gesetzt werde. Zwar kommen mit Hinteregger und Teigl zwei junge Spieler wirklich regelmäßig zum Einsatz, trotzdem scheinen viele Talente den Versprechungen nicht zu glauben und verlassen den Klub. In Salzburg wird weiter auf 18 Legionäre gesetzt, von denen viele bisher nicht bewiesen haben, dass sie besser sind als jene zwölf Spieler, die in Salzburg ausgebildet wurden und mittlerweile bei anderen Klubs in der Bundesliga spielen.

Verletzten-Dilemma

Solche Leistungsträger wie die Dauerpatienten Mendes, Douglas und Alan kann Salzburg trotz eines 29-Mann-Kaders nicht ersetzen. Dazu fallen jedes Spiel zumindest zwei Stammkräfte wegen irgendwelcher Wehwehchen aus. Der Kader ist nur quantitativ groß, qualitativ hingegen klein. Auch diesen Sommer wurden wieder Spieler verpflichtet, bei denen man sich fragen muss, warum sie gekommen sind. Nur sportliche Gründe können dafür nicht ausschlaggebend gewesen sein.

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