Das Theater an der Wien als neutraler Ort für das Präsidentendoppel wurde von Alexander Wrabetz vorgeschlagen. Der Rapid-Präsident – und möglicher baldiger SPÖ-Minister – ist nämlich auch Aufsichtsrat der Wiener Symphoniker, die gerade im Traditionshaus proben. Als Hausherr fungiert Kurt Gollowitzer: Der Austria-Präsident ist Boss der Wien Holding, die wiederum das Theater an der Wien führt.
Alexander Wrabetz: Die ganz große Geschichte, die Tradition als erster Arbeiter-Fußballverein der Stadt mit einer Volksverbundenheit. Wir sind der populärste Klub mit der stärksten Fanszene.
Was macht die Austria aus?
Kurt Gollowitzer: Eine sehr lange erfolgreiche Historie als Rekordtitelträger in Österreich, mit einer immer stärker werdenden Fanbasis – wir haben mittlerweile ein starkes Netzwerk um uns. Und die Erwartung nach Erfolgen und schönem Spiel.
Und wie sehen Sie den jeweiligen Rivalen?
Wrabetz: Abseits von Dingen, die leider nicht positiv sind wie beim letzten Derby, ist unsere Rivalität zur Austria wichtig für die Stadt. Das zieht sich durch alle gesellschaftlichen Bereiche. Beide Fanlager haben eine starke Haltung zu ihren Klubs.
Gollowitzer: Rapid ist ein ganz wichtiger Konkurrent für uns, das Bestehen beider Klubs ermöglicht uns die Emotionen und Spiele des Jahres. Es trägt zur Bedeutung des Fußballs in Wien bei. Es ist gut, dass es beide Klubs gibt.
Wie wichtig ist Ihnen, dass Sie gemeinsam für ein positives Image sorgen?
Wrabetz: Die unschönen Szenen rund um Derbys schaden uns beiden. Bei aller Rivalität darf es solche Bilder nicht mehr geben. Wir wollten das beide konsequent aufarbeiten. Das geht nur gemeinsam. Rivalität ist gut, aber es braucht auch immer Respekt.
Gollowitzer: Ohne Emotionen wäre der Fußball steril, aber als Verantwortliche haben wir darauf zu achten, dass rote Linien nicht überschritten werden. Daher ist es mir ein Anliegen, öffentlich zu zeigen, dass Rivalität nicht dazu führen soll, Gesprächsebenen zu beeinträchtigen.
Wrabetz: Wir laden uns nun gegenseitig zu den Derbys ein. Das war bisher keine Selbstverständlichkeit, gilt allerdings nicht jetzt für die vier Derbys ohne Auswärtsfans. Ich würde es komisch finden, wenn ich aus der Loge allein hinunter schreie. Wir beide kennen einander schon viel länger, als wir jetzt Präsidenten sind, daher tun wir uns damit vielleicht leichter.
Gollowitzer: Wir haben schon am nächsten Tag gemeinsam beschlossen, dagegen vorzugehen und auf das Abrufen der Fankontingente bei Auswärts-Derbys zu verzichten. Darüber hinaus gibt es Arbeitsgruppen, in denen auf Augenhöhe kommuniziert wird. Am Sonntag laden wir 23 karitative Vereine aus Wien, für jeden Bezirk einen, in den Gästesektor ein.
Wrabetz: Die Entscheidung gegen Auswärtsfans ist uns nicht leicht gefallen, aber es gibt eben Sicherheit als oberste Priorität. Wir haben eine Sicherheitsanalyse im Stadion durchgeführt mit nationalen und internationalen Experten. Wir werden bauliche Veränderungen vornehmen, sodass so ein Platzsturm in diesem Ausmaß nicht mehr geschehen kann. Die Trennlinie zwischen den Fansektoren soll klarer gezogen werden, Tore dürfen nicht geöffnet werden können. Und das Werfen aus einem oder in einen Sektor muss erschwert bis verhindert werden. Wir arbeiten mit der Polizei zusammen. Wir stellen unseren Ordnerdienst neu auf. Von einem bei den Ausschreitungen beteiligten Mitarbeiter haben wir uns getrennt.
Gollowitzer: Uns ist es ein Anliegen, gegen Personen vorzugehen, die im Stadion gewaltbereit sind. Der Austria ist eine familienfreundliche Atmosphäre wichtig. Die Sicherheitsbehörden konnten mehrere Personen ausforschen, 18 Stadionverbote wurden ausgesprochen.
Wrabetz: Jeder, der bei uns ausgeforscht wird und gewalttätig war, soll ausgeschlossen werden. Es war aufgrund der Vermummung nicht einfach (es gab fünf Stadionverbote, Anm.).
Der Hass zwischen den Fanlagern ist größer geworden. Wo sind für Sie rote Linien?
Wrabetz: Jedenfalls das Spielfeld, wie bei einem Platzsturm. Was bei den letzten Derbys überhandgenommen hat, ist das Werfen von gefährlichen Gegenständen in Familiensektoren. Auseinandersetzungen in Stadien hat es früher fallweise gegeben, aber wenn sogar Unbeteiligte in der Stadt attackiert werden, geht es in eine falsche Richtung.
Gollowitzer: Eine gefährliche Handlung, bei der Menschen Schaden nehmen können, hat auf den Rängen, aber auch außerhalb des Stadions nichts verloren. Es braucht ein konsequentes Vorgehen gegen jegliche Gewaltanwendung.
Wird es nach diesen vier Derbys Auswärtsfans geben?
Gollowitzer: Ja, das haben wir mit der Liga akkordiert.
Die Stadt Wien steht vor dem Kauf der Generali Arena. Wann wird Rapid Wünsche bei der Stadt deponieren?
Wrabetz: Das ist kein Basar. Das eine ist die Restrukturierung der Austria, das andere ist die Kooperation mit der Stadt, die es immer wieder gibt. Zuletzt etwa bei den Trainingsplätzen im Prater. Außerdem hat die Stadt auch etwas von uns: Beide Vereine zahlen den Sportgroschen und sind große Wirtschaftsunternehmen. Dementsprechen macht es Sinn, dass die Stadt immer wieder fördert.
Beide Klubs stehen solide in den Top-6. Ist der Wiener Fußball wieder in Mode?
Gollowitzer: Gott sei Dank! Weil Wien ist auch die Sporthauptstadt, die Stadtregierung macht sehr viel. Bei der Austria hatten wir seit meinem Antritt eine sehr schwere Zeit. Ich hätte es nicht erwartet, dass wir ohne große Investitionen so weit nach vorne kommen. Wir spüren den Aufschwung im Stadion massiv mit mindestens 12.000 Fans bei jedem Heimspiel. Bei den Mitgliedern ist es zuletzt von knapp 3.000 auf 8.500 hochgegangen.
Wrabetz: Wir konnten seit der Wahl Ende 2022 die Mitgliederzahl von 16.500 auf 22.500 steigern. Die Austria ist nicht zu unterschätzen, aber da schaue ich eher auf Sturm – die haben auch schon über 20.000. Die Finanzen waren schon bei meinem Antritt gut. Aber was wir uns erarbeitet haben, vor allem im Europacup, ist ein finanzieller Spielraum. Deswegen konnten wir im Winter sehr gute Angebote ablehnen und den Kader weiter verbessern.
Geht es Österreichs Fußball gut, wenn es den Wiener Vereinen gut geht?
Wrabetz: Für mich ist es nicht angenehm, wenn die Austria sechs Punkte voran liegt. Deswegen ist das Derby für uns schon ein entscheidendes Spiel. Respekt für die Austria, aber es ist auch eine große Erwartung nach den Verstärkungen dieser Saison an das Trainerteam und die Spieler, im Derby Erfolg zu haben. Denn dass es Wiens Fußball gut geht und ich mir dann auch noch die Austria vor uns wünsche – so weit geht’s wirklich nicht (beide lachen).
Gollowitzer: Ich bin sehr froh, dass wir noch zwei Möglichkeiten haben. Wir können nach Klagenfurt kommen. Und wenn sich die Mannschaft weiter so entwickelt, kann es auch der Cuptitel sein. Die Meisterschaft erwarte ich als sehr enge Angelegenheit. Ich möchte keinesfalls einen Titel ausschließen.
Wrabetz: Ausschließen möchte ich nur den Cupsieg, das haben wir vermasselt. Die Liga ist viel enger zusammengerückt – gut so. Ich erinnere mich noch, als vor einem Jahr in der Klubkonferenz diskutiert wurde, die Punkteteilung abzuschaffen. Salzburg war da wieder mal dafür.
Gollowitzer: Jetzt braucht Salzburg die Punkteteilung.
Herr Gollowitzer, was soll am Ende der Saison übrig bleiben? Es könnte für die Austria sportlich und finanziell sehr viel gelingen.
Gollowitzer: Die Situation war zu meinem Antritt im Verein tatsächlich fragil und sehr angespannt. Es wäre schön, wenn wir zum Ende des ersten Quartals aus dem Gröbsten raus sind und wirtschaftlich einmal ganz kurz durchatmen könnten. Um nicht mehr jeden Tag mit der größten Angst schlafen zu gehen, und der Frage, wie die Situation in ein, zwei Wochen sein wird. Sportlich ist sehr viel möglich, aber wir bleiben demütig und am Boden. Ich traue mich anzukündigen: Es wird am Ende eine gute Saison für die Austria sein.
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