Vor exakt zehn Jahren ging in Florenz der Stern des David Alaba auf. Bei der 2:3-Niederlage der Bayern im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League, die aufgrund des 1:0-Heimsieges zum Aufstieg reichte, spielte der damals 17-Jährige als Außenverteidiger durch und überzeugte alle. Aus dem Küken ist ein Führungsspieler und im Dezember ein stolzer Familienvater geworden.
KURIER:Wie ist denn das Leben als Jungvater?
David Alaba: Es ist eine sehr, sehr schöne Verantwortung, ein Segen und einfach cool.
Wie war es, das erste Mal Windeln zu wechseln?
Entspannt und lustig. Und es hat ganz gut funktioniert.
Dann wechseln wir jetzt zum Fußball. Ein großes Ereignis in Ihrem Leben war am 9. März 2010. Erinnern Sie sich?
Die Bayern haben vor ein paar Tagen ein Foto von meinem Bundesligadebüt gepostet. Wenn ich jetzt eins plus eins rechne, dann wird das wohl mein Debüt in der Champions League gewesen sein.
Korrekt. Was ist hängen geblieben von damals?
Nur Positives. Das war auch mein erstes Spiel von Beginn an bei Bayern München und das gleich in der Champions League. Ich glaube, nein ich weiß, dass ich da ein super Spiel gemacht hab’. Der Tag war gefühlt wirklich sehr lange, weil ich nicht wirklich gut schlafen konnte, da ich schon am Tag zuvor wusste, dass ich spielen werde. Es war ein Tag mit viel Aufregung und Nervosität, aber als der Schiri gepfiffen hat, war ich voll da und konnte es nur genießen.
Was empfinden Sie heute vor einem wichtigen Spiel?
Die Nervosität habe ich heute nicht mehr, aber Anspannung und Aufregung sind immer da. Damals hat mir die Nervosität aber gut getan, um mich vorzubereiten und mir den Fokus, den ich gebraucht habe, zurechtzulegen.
Bereiten Sie sich heute anders vor?
Ja, weil ich mich selbst und meinen Körper besser kenne nach zehn Jahren auf diesem Niveau und genau weiß, was ich brauche. Es ist alles ein bisschen anders.
Es gab nach besagtem Spiel nur Lobeshymnen. War diese Partie der Durchbruch oder der Beweis dafür, dass Sie es 'draufhaben'?
Ein bisschen von allem auf jeden Fall. Ein Durchbruch und ein Zeichen von mir, dass ich auf diesem Level und in diesem Verein unbedingt spielen will .
Nach dem Rückblick: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Das ist ja nicht das erste Interview, das wir beide führen und ich habe immer wieder betont, dass ich nicht so weit in die Zukunft schaue. Ich bin 27, das ist im Fußball noch ein sehr gutes Alter, deshalb denke ich jetzt nicht daran, was in fünf Jahren ist.
Es ist aber kein Geheimnis, dass Ihr Vertrag 2021 ausläuft und in den nächsten Monaten eine Entscheidung über Ihre Zukunft fallen wird.
Wenn es sein muss, wird die Entscheidung fallen. Ich fühle mich in München wohl, habe aber auch schon betont, dass ich mir auch etwas anderes vorstellen kann. Daran hat sich nichts geändert. Der Verein wird auf mich zukommen, bis dahin werde ich mich auf die Spiele konzentrieren.
Etwas anderes vorstellen? Was könnte das Andere denn sein?
Da habe ich keine Antwort drauf, weil ich in meinen Gedanken so weit nicht bin. Die Gespräche werden aber bald kommen.
Gibt es konkrete Angebote anderer Klubs?
Das ist vertraulich, darüber spreche ich nicht öffentlich.
Worauf wird es ankommen? Auf die sportliche Zielsetzung? Aufs Geld?
Da muss alles passen.
Wie gefällt Ihnen die Position des Innenverteidigers?
Was heißt gefallen? Ich hab auf dieser Position schon unter Pep gespielt. Es funktioniert gut. Unsere Spielweise erlaubt es uns, den Ball sehr oft zu haben und das auch in der gegnerischen Hälfte. Deshalb interpretiere ich diese Position ein bisschen anders als andere Innenverteidiger.
So wie Sie es interpretieren, hat es was von einem Spielmacher, der von weiter hinten gestaltet.
Ich hab’ das Glück, dass ich ursprünglich aus dem Mittelfeld komme. Egal auf welcher Position ich spiele, diese offensive Denkweise habe ich immer in mein Spiel gelegt. Ich gestalte das Spiel und unser Tempo in meiner Art und Weise.
Glauben Sie, dass Sie bei den Bayern wieder einmal Linksverteidiger spielen werden?
Warum denn nicht?
Weil es Alphonso Davies links ebenso gut macht, wie Sie im Zentrum.
Er macht das wirklich super, ist sehr mutig und enorm schnell. Aber ich weiß, dass ich sicher einer der besten der Welt bin auf dieser Position. Ich kenne aber meine Rolle innerhalb der Mannschaft und da versuche ich der Mannschaft jetzt zu helfen.
Wie hat sich Ihre Rolle innerhalb der Mannschaft als Persönlichkeit gewandelt?
Ich bin sehr lange dabei und in eine Rolle gewachsen, in der man vorne weg geht und versucht den Spielern neben sich etwas mitzugeben. Das macht auch Spaß und war irgendwo ein Ziel von mir und mein Anspruch in den letzten Jahren. Ich habe gewusst, dass das auf mich zukommen wird.
Welche Rolle spielt die EM aktuell in ihrem Kopf?
Aktuell liegt mein Fokus nicht darauf. Ich habe noch Ziele mit den Bayern und in keinem Bewerb ist schon irgendetwas entschieden. Aber ich hab' sie natürlich im Hinterkopf, die Vorfreude ist riesig. Bis dahin ist aber noch Zeit und wir haben noch Spiele mit der Nationalmannschaft, bei denen wir uns vorbereiten können.
David Alaba wurde am 24. Juni 1992 in Wien geboren. Er begann als Zehnjähriger in Aspern, wechselte danach zur Wiener Austria und kam ... im Sommer 2008 zum Nachwuchs des FC Bayern München.
In der Winterpause 2010/11 ging er auf Leihbasis zu Lige-Konkurrent Hoffenheim. Für Hoffenheim absolvierte er in 17 Bundesliga-Spiele, bei denen er zwei Tore erzielte. Im Sommer 2011 war er wieder in München zurück.
Von allzu großen Verletzungen blieb Alaba bisher verschont - rechnet man die Innenband(an)risse und einen Ermüdungsbruch nicht darunter. Diese setzten ihn 2014 und 2015 bzw. 2012 länger außer Gefecht.
Das Vertrauen in Gott ist das Erfolgsgeheimnis von Alaba, seine ganze Familie ist Mitglied der Adventisten-Kirche.
2016 sind diese Testspiele etwas in die Hose gegangen und es machte nicht unbedingt den Eindruck, als würden diese Signale auch bei Team und Teamchef ankommen.
Man muss diese Spiele ernst nehmen, darf sie aber auch nicht überbewerten, weil im Kopf eines Spielers vieles vorgeht. Vor allem die zwei Spiele unmittelbar vor der EURO, die nach einer sehr langen Saison kommen.
Verspüren Sie das Gefühl, etwas gutmachen zu wollen nach der verpatzten EM 2016?
Wir wollen natürlich besser abschneiden, aber nicht wegen des Misserfolges von vor vier Jahren, sondern weil wir als Mannschaft ehrgeizig sind und unsere Ziele erreichen wollen. Die EM 2016 ist nicht mehr wirklich in unseren Köpfen, wir sollten ein Hakerl drunter setzen, müssen aber auch daraus lernen und unsere Erfahrungen mitnehmen.
Was kann man daraus lernen?
Sie haben die Testspiele angesprochen. Für uns war es damals neu, nach einer langen Saison diese Spiele zu absolvieren und dann in ein Turnier zu gehen. Das war mir damals nicht so bewusst, da kommt vieles dazu. Man kann daraus lernen, wie man sich auf so ein Turnier vorbereitet.
Welche Spielanlage passt am besten zu Österreichs Team?
Wir haben die Qualität innerhalb der Mannschaft, die es uns erlaubt, mehrere Systeme zu spielen und dadurch können wir auch schauen, wie der Gegner auftritt und uns entsprechend darauf einstellen.
Wie wichtig wird es sein, überraschen zu können?
Ich hatte einmal einen Trainer, mit dem wir pausenlos überrascht haben, mehrere Systeme spielen konnten und auch mehrere in einem Spiel angewendet haben. Das kann wichtig sein, es kann aber auch von Vorteil sein, ein einzelnes System sehr gut zu beherrschen.
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