Ferien zum Jahreswechsel – die sind für englische Fußballprofis schon seit jeher kein Thema. Daran hat auch die Corona-Pandemie, die ja gerade auch das Mutterland des Fußballs besonders stark erwischt hat, nichts geändert. Auch im neuen Jahr wurde am 1. Jänner in der Premier League Fußball gespielt. Im Einsatz waren unter anderen die Spieler von Manchester United rund um Harry Maguire, die am Abend Aston Villa im Old Trafford empfingen und 2:1 gewinnen konnten.
Für den Kapitän von United gab es also gar keine Zeit zum Verschnaufen. Maguire war schon jener Fußballer, der im Jahr 2020 die meisten Spiele absolviert hat. 57 Partien waren es in den 366 Tagen für Manchester und für das englische Nationalteam – von einem 0:2 gegen Arsenal am 1. Jänner bis zu einem 1:0 gegen Wolverhampton am 29. Dezember.
Und es wären wohl noch zumindest drei Spiele mehr geworden, hätte im vergangenen Sommer die EURO stattgefunden. Doch anders als das Turnier für Nationalteams wurden alle Bewerbe für die Klubs durchgezogen, obwohl es auch in England einen dreimonatigen Fußball-Lockdown im Frühjahr gab.
Nummer eins
Dementsprechend intensiv war das Programm in der zweiten Jahreshälfte. 5.105 Minuten war Maguire 2020 auf einem Fußballplatz beruflich unterwegs. Das sind immerhin 85 Stunden. Und damit doch deutlich mehr als Manchester-City-Verteidiger Ruben Dias (4.614) und sein United-Teamkollege Bruno Fernandes (4.505) abspulten, die im weltweiten Jahresranking auf den Plätzen zwei und drei folgen.
Für Maguire war 2020 aber auch in einer anderen Hinsicht ein intensives Jahr. Seine Bilderbuchkarriere – er stieg in neun Jahren vom Drittliga-Spieler bis zum Kapitän einer der weltweit größten Fußball-Vereine auf –, hat ziemliche Kratzer bekommen. Im August hatte es einen aufsehenerregenden Zwischenfall während eines Urlaubs auf Mykonos gegeben. Der Engländer war von der griechischen Justiz belangt worden. Das Urteil war heftig. Es lautete 21 Monate und zehn Tage Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung, versuchter Bestechung, Gewalt gegen Beamte und Beleidigung.
Der 27-Jährige legte umgehend Berufung ein. Er selbst sieht sich bei einem Streit in einer Bar nicht als Täter, er habe nur seine Schwester vor zwei Männern verteidigt: „Wenn überhaupt, dann sind meine Familie, Freunde und ich die Opfer.“ Maguire schilderte danach, er habe bei seiner Verhaftung durch die Polizei die Beamten nicht als solche erkannt und gedacht, er werde entführt: „Sie haben mir auf die Beine geschlagen und gesagt, meine Karriere wäre vorbei.“ Auf die erneute Verhandlung vor einem höheren Gericht muss Maguire aber noch immer warten.
Von seinem Verein und besonders von Trainer Ole Gunnar Solskjaer bekam Maguire Rückendeckung. „Er war immer ein positiver Mensch mit den richtigen Werten“, erklärte der Norweger. Spurlos war die Causa an ihm aber nicht vorbeigegangen. Seine Leistungen waren im Frühherbst durchwachsen.
Es gab nicht wenige, die machten den Kapitän für den schwachen Saisonstart des englischen Rekordmeisters zumindest mitverantwortlich. Drei der ersten sieben Premier-League-Spiele hatte United verloren. Aber seit einem 0:1 gegen Arsenal Anfang November läuft es wieder. Mittlerweile sind Maguire und seine Kollegen im Titelkampf der Premier League mittendrin statt nur dabei.
Stahlstadt
Der Innenverteidiger wuchs in Sheffield auf. Die Industriestadt gilt gemeinhin als eine der Wiegen des Profifußballs. Im April 2011 feierte er im 1855 eröffneten Stadion Bramall Lane sein Profidebüt. In seiner ersten Saison stieg Maguire mit Sheffield United in die dritte Liga ab. In dieser wurde er mit nur 18 Jahren zur Stammkraft.
Bis 2014 blieb er bei seinem Heimatklub, dann ging es für den englischen Teamspieler über Hull, Wigan und Leicester im August 2019 zu Manchester. Mit einer Ablöse von umgerechnet 87 Millionen Euro wurde Maguire zum teuersten englischen Fußballer und zum teuersten Verteidiger der Welt. Dass er schon vier Monate später von Solskjaer zum Kapitän gemacht wurde, beweist nur sein hohes Standing. Und er könnte Manchester United zum ersten Meistertitel seit 2013 führen.
Kommentare