Chelsea und seine neuen Besitzer: Der Milliardär hat es schwer

US-Amerikaner in England: Todd Boehly (Mitte)
Die Gruppe um Todd Boehly hat mit Trainerwechsel und Rekordtransfers erste Akzente gesetzt. Doch der Amerikaner stößt in England auf (kulturelle) Probleme.

Wer den englischen Fußball revolutionieren will, der steigt schnell jemandem auf die Füße. Das könnte Todd Boehly in den vergangenen Tagen mitbekommen haben. Sein jüngster Vorschlag, ein „All-Star-Game“ der Premier League zu veranstalten, bei dem die besten Spieler aus den verschiedenen Klubs aus dem Norden gegen jene aus dem Süden antreten, stieß in der Wiege des Fußballs auf großes Unverständnis.

Dabei wollte Todd Boehly, der den FC Chelsea im Mai mit einem finanzstarken Konsortium für einen Preis von 2,5 Milliarden Euro übernommen hat, als glühender Fan des „echten“ Fußballs gesehen werden: „Kaum zu glauben, dass American Football den Begriff Football überhaupt benutzen darf“, hatte der US-Amerikaner 2019 in einem Interview mit dem US-Medium Bloomberg gesagt.

Und: „Fußball ist der größte Sport der Welt.“ Damals – noch vor der Corona-Pandemie und dem offenen Angriffskrieg Russlands in der Ukraine – hatte der Unternehmer dem Chelsea-Eigentümer Roman Abramowitsch bereits ein Kaufangebot über 2,2 Milliarden Pfund unterbreitet. Ohne Erfolg. Doch schon damals versuchte sich der Mann aus Übersee, mit dem ungeliebten Akzent, als glaubhafter Fußball-Fanatiker zu positionieren.

Visionär

Glaubwürdiger war da schon sein Sinn für Geschäft. Der Unternehmer, der mit seiner 2015 gegründeten Holdingfirma Eldridge Anteile an rund 80 verschiedenen Unternehmen aus Sport, Medien, Finanzwesen, Immobilien und Tech hält, hat mehrmals bewiesen, dass er Geld erfolgreich vermehren kann.

Als Miteigentümer der kalifornischen Teams Dodgers (Baseball), Lakers und Sparks (Basketball) kann er außerdem von sich behaupten, den Erfolg vermehrt zu haben. Eine Vision, die der US-Amerikaner und sein Konsortium auch für den königsblauen Londoner Fußballklub vor Augen haben.

Die Idee des All-Star-Games in einem Land, in dem Fußballer bis zu 60 Spiele insgesamt pro Saison zu bestreiten haben, war das zweite Fettnäpfchen des als Sport-Visionär auftretenden Amerikaners. „Wenn er ein Datum dafür findet, kann er mich anrufen“, spottete etwa Liverpool-Trainer Jürgen Klopp. „Will er die Harlem Globetrotters auch einladen?“

Zwölf Mann

Die beliebteste jüngere Posse von der Stamford Bridge (die vom Klub aber bestritten wird): Bei einem Treffen, an dem Boehly, Co-Eigentümer Behdad Eghbali und Thomas Tuchel teilnahmen, schlug man dem mittlerweile geschassten Coach offenbar vor, mit einem 4-4-3-System – also mit insgesamt zwölf Spielern – aufzulaufen.

Die Trennung von dem mit Chelsea in den vergangenen eineinhalb Jahren erfolgreichen Trainer Tuchel nach nur fünf Spielen in der laufenden Saison stieß bei vielen Fans auf Unverständnis. #BoehlyOut, hieß es auf Twitter schnell. Doch Boehly, der – obwohl Minderheitseigentümer – als Kopf des Konsortiums gilt, erklärte den Trainerwechsel ebenfalls mit seinem Weitblick: „Unsere Vision ist es, einen Trainer zu finden, der wirklich mit uns kooperieren will.“ Den will man in Ex-Brighton-Coach Graham Potter gefunden haben.

Fans und Erfolge

Boehlys Verständnis davon, wie ein Fußballklub zu führen ist, unterscheidet sich zwar von dem vieler Fans. Er wolle dafür auch „Ideen aus dem US-Sport“ übernehmen, sagt er. Beim Baseball-All-Star-Game in LA hätte man zuletzt 200 Millionen Dollar gemacht. Ob die Fans seinen Weg gutheißen, wird von Erfolgen abhängen. Und Erfolge vermehren, das soll Boehly ja können.

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