Carina Wenninger über das ÖFB-Team: "Derzeit sind wir nur Mittelmaß"

Carina Wenninger sitzt vor dem Fernseher, verfolgt die Frauen-EM in der Schweiz und ertappt sich immer wieder bei einem Gedankengang: „Wenn ich mir manche Nationen ansehe, dann glaube ich schon, dass wir da auch mitspielen können.“ Dazu hätte sich Österreich für die Endrunde qualifizieren müssen, scheiterte jedoch damals in den Play-offs an Polen. „Wir sind an uns selbst gescheitert“, meint die 34-Jährige, die jahrelang für Bayern München und eine Saison für die AS Roma gespielt hatte.
Aktuell, so müsse man sich eingestehen, „sind wir nur Mittelmaß. Wenn man zu den Top-Nationen gehörten möchte, dann muss man zu einer EM fahren.“ Zwar habe man zuletzt immer wieder gezeigt, dass man gegen große Nationen mithalten könne. Aber eben nur eine Hälfte lang und nicht über ein ganzes Spiel. „Das Potenzial ist vorhanden mit guten jungen Spielerinnen. Ein negativer Effekt ist, dass sie sich bei so einem großen Turnier wie einer EM für große Ligen empfehlen hätten können.“
Offensive Probleme
Wenninger spielte bei den EM-Sommermärchen 2017 in den Niederlanden und 2022 in England eine führende Rolle im Nationalteam. Das aktuelle Team ist von der europäischen Spitze sicherlich weiter entfernt als die damalige Mannschaft. „Man hat einerseits einen personellen Umbruch, wo Persönlichkeiten weggefallen sind, die eine Mannschaft getragen haben. Zum anderen geht es auch um die Erwartungshaltung innerhalb der Mannschaft und die Rollenverteilung. Früher war klarer definiert, wer welche Rolle hat.“
Sport Talk mit Carina Wenninger
Dazu kommen Probleme in der Offensive. „Die haben wir seit Jahren in Österreich. Wir hatten und haben zwar gute Stürmerinnen, aber zu wenige. Das ist ein Thema im Frauenfußball in Österreich generell.“ In den Play-off-Spielen gegen Polen machte sich dies bemerkbar.
Teamchef Alexander Schriebl wünscht sich alsbald Erfolge. „Die Leichtigkeit kommt, wenn man merkt, dass man mit dem, was man macht, auch Erfolg hat. Und diese Mannschaft würde die Leichtigkeit mit Erfolgen schnell wieder erlangen.“ Allerdings fehle es derzeit überall an ein wenig. „Schriebl hat es geschafft eine gute Stimmung in die Mannschaft zu bekommen. Die lässt sich aber nicht so lange halten, wenn die Resultat nicht vorhanden sind. Die müssen jetzt folgen.“
Violetter Angriff
Mit der Wiener Austria startet Wenninger die Vorbereitung auf die kommende Saison. Der Cupfinalist und Liga-Zweite nimmt Ende August an einem Mini-Turnier im Rahmen der Champions-League-Qualifikation in der Generali Arena in Wien teil und abermals die Jagd auf Doublegewinner SKN St. Pölten in Angriff.
Nach dem Abgang der sportlichen Leiterin Lisa Makas erhält Wenninger bei der Austria auch abseits des Platzes zusätzliche Agenden. Trainer Stefan Kenesei übernimmt die sportliche Leitung samt der Kaderzusammenstellung, Wenninger ist ab sofort für die Bereiche Strategie und Entwicklung zuständig. „Dazu gehört die Talentförderung und die Sponsoren-Akquise.“ Um den Frauenfußball bei Austria Wien im Rahmen der Möglichkeiten weiter zu bringen.
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