Warum Österreichs Bundesliga dringend eine neue Strategie benötigt

In der Bundesliga bleibt die Talententwicklung auf der Strecke
Seit Wochen werden die schlechten Leistungen von Österreichs Klubs im Europacup und der hohe Anteil ausländischer Spieler diskutiert. Da macht es Sinn, das Thema Talententwicklung unter die Lupe zu nehmen.
Bei der Anzahl der Eigenbauspieler liegt Österreich im hinteren Drittel. Da geht es um Spieler, die mindestens drei Saisonen zwischen ihrem 15. und 21. Geburtstag im Verein verbracht haben. Nur 10 Prozent der Spielminuten in der Bundesliga entfallen auf solche Eigengewächse. Norwegen (20 %), Schweden (18 %) und Dänemark (18 %) erzielen viel bessere Werte.
Ein Blick auf die Stakeholder – den ÖFB, die Bundesliga und ihre Vereine – lohnt sich für ein tiefes Verständnis. Der ÖFB hat in den letzten 25 Jahren durch die Einführung von Landesausbildungszentren, Akademien und individuellen Talentförderungsprogrammen einen durchgängigen Ausbildungsweg geschaffen. Die jüngste Nachwuchsreform mit kleinen Spielformen (2 gegen 2, 3 gegen 3) ist gut, kam jedoch 20 Jahre zu spät. Diese Rahmenbedingungen liegen in der Verantwortung des ÖFB.
Aber auch die Liga sollte neben Vermarktung ihres Bewerbs Verantwortung in der Talentförderung übernehmen. Es fehlt an einer mittel- und langfristigen strategischen Ausrichtung.
Während meiner Trainerzeit in Belgien habe ich beobachtet, dass viele Vereine die Spielerentwicklung in den Fokus ihrer Strategien stellen. Gerade in kleineren Märkten ist es unmöglich, ohne einer solchen Strategie profitabel zu arbeiten.
Nachzügler Österreich
Die belgische Liga hat in der Saison 2024/’25 einen Nettotransfergewinn von 243 Millionen Euro erzielt. Dänemark erreichte im gleichen Zeitraum 113 Millionen Euro. Und Österreich? Nur 44 Millionen.
Für das Thema Spielerentwicklung braucht es vonseiten der Klubs aber auch ein Investment. Zu den zentralen Rollen zählen ein eigener Spielerentwickler, der sich auf die individuelle Förderung von Talenten konzentriert, sowie Transition Coaches, die den Übergang und die Integration junger Spieler unterstützen. Dazu gibt es Trainerentwickler, die Qualität und Effektivität der Trainings und der Coaching-Philosophie gewährleisten. Positionen wie diese sollten in den Lizenzbestimmungen verankert werden.
Dominik Thalhammer, ehemaliger Frauen-Teamchef und Leiter der ÖFB-Trainerausbildung, analysiert aktuelle Fußballthemen für den KURIER.
Die Bundesliga müsste sich als Talentexporteur positionieren. Transfererlöse sollten als primäre Einnahmequelle betrachtet werden. Umso mehr, nachdem der TV-Vertrag künftig weniger Geld einbringt.
Um bestehende Probleme tiefgreifend zu analysieren, sollten in den Vereinen Maßnahmen zur Qualitätssicherung etabliert werden. Diese Prüfprozesse, die es – angeleitet durch die Liga – in vergleichbaren Ländern gibt, könnten aufdecken, wo der Schuh drückt. Sei es in den Akademien, beim Übergang zu den Profis oder im Profibereich, wo die Individualisierung häufig endet. Ist die Bundesliga bereit, diesen Schritt zu gehen?
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