Aufsteiger als Leader: Leipzig verblüfft Europa
Es durfte geschmunzelt werden, damals am 19. Mai 2009. Als in Leipzig ein Fußballklub gegründet wurde, der den Vornamen Rasenball trug. So heißt man auch nur, wenn man sich nicht Red Bull nennen darf. Verflixt ist das siebente Jahr des Bestehens jedenfalls nicht. Denn im Eilzugtempo überrollten die Rasenballer ihre jeweilige Konkurrenz, kletterten von der Oberliga Nordost in die Bundesliga. Damit nicht genug: Leipzig ist nach elf Runden ungeschlagener Tabellenführer in der obersten Spielklasse, ist so gut wie kein anderer Aufsteiger zuvor. Ralph Hasenhüttl heißt der Trainer, was wiederum dem österreichischen Fußball sehr guttut.
Und eine Tabellenführung in Deutschlands Eliteliga schlägt natürlich auch international hohe Wellen. Ein Streifzug durch die Medien. Die spanische Marca meint: "Dieses Leipzig macht wirklich Ernst! Der Verein arbeitet an seinem Ruf als Überraschungsteam Europas."
Aber was ist da noch drinnen? Frankreichs Tageszeitung Le Figaro stellt diese Frage: "Der Traum geht für Leipzig weiter. Wo wird das wohl hinführen?"
Hummels hat Leipzig nicht auf dem Zettel
Acht Siege sind es bisher. Weitere werden noch folgen, bis ... bis man Meister ist? Unmöglich? Bayerns Ex-Dortmunder Mats Hummels nimmt den neuen Konkurrenten zur Kenntnis, glaubt aber: "Ich rechne, dass am Ende wir und Dortmund um den Titel spielen." Doch die Fußball-Historie lässt zumindest Platz für Spekulationen. Zur Erinnerung: Im Jahr 1998 schaffte der Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern den Husarenritt zum Titel. In England kann Christian Fuchs ein wohl klingendes Lied von Leicesters Wachstum vom Abstiegskandidaten zum Champion singen.
Dortmund-Trainer Thomas Tuchel hat Leipzig schon auf seiner Rechnung. Nein, die Erfolgsserie des Teams von Hasenhüttl sei keine Eintagsfliege. "Man muss das absolut ernst nehmen." Was die Angesprochenen ohnehin tun. Leipzig weiß um seine Stärken, die das Selbstvertrauen nähren. Sportdirektor Ralf Rangnick: "Einschüchtern tut uns grundsätzlich nichts." Auch die Bayern nicht, die am 21. Dezember in München zum Spitzentanz bitten.
Ursachenforschung
Das Zerbröckeln der Unantastbarkeit des Rekordmeisters hat sich in den letzten Wochen schon abgezeichnet. Nur Unentschieden gegen Frankfurt, Köln und Hoffenheim sind keine optimale Ausbeute für ein ständig favorisiertes Starensemble. "Verschenkte Siege", ärgert sich der ehrgeizige Torhüter Manuel Neuer. So etwas dürfe nicht passieren. Und der Ausschuss seiner Kritik landet in den vorderen Reihen: "Der Wille, das Tor unbedingt zu machen, das fehlt uns im Moment ein bisschen." Was beim 0:1 bei den Dortmundern besonders auffällig war: die fehlende Präzision des letzten Passes.
Und in solchen Sphären wird bereits von einer Krise gesprochen. Nur zwei Siege in den letzten sechs Spielen passen in dieses Szenario. Schon macht sich die Meinung breit, die Mannschaft habe Probleme, sich auf Ancelottis Philosophie umzustellen. Mats Hummels bestätigt dies: "Wir haben einen anderen Schwerpunkt, spielen eine etwas andere Art." Man sei jedenfalls nicht mehr so dominant wie in den letzten Jahren.
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