Eine breite Front für Löws Verbleib

Das DFB-Präsidium spricht dem Teamchef trotz des WM-Debakels das Vertrauen aus.

Ein kollektives Ja: Joachim Löw ist weiter geeignet für die Führung der deutschen Nationalmannschaft. Das ließ sich DFB-Boss Reinhard Grindel vor den Tagen der Entscheidung noch einmal in einer ausführlichen Telefonkonferenz von seinen Präsidiumskollegen bestätigen. Ob der nach dem blamablen Vorrunden-Aus bei der WM abgetauchte Teamchef tatsächlich weitermacht, ist allerdings noch offen.

„Das braucht ein bisschen Zeit, bis wir das alles irgendwie verdaut haben“, hatte der 58-Jährige bei der Rückkehr von der Katastrophen-WM erklärt. „Ich muss mich natürlich auch selber hinterfragen, warum wir das nicht geschafft haben.“

Aber schon an diesem Wochenende könnte der verdienstvolle, aber auch angeschlagene Weltmeistercoach Löw für sich selbst erkennen, ob ihn die historische deutsche WM-Schmach zu sehr belastet oder ob er Kraft und Lust hat für einen Neubeginn.

„Dann heißt es: Dinge abstellen, verbessern und die Mannschaft wieder auf Kurs bringen“, sagte Manager Oliver Bierhoff, der als DFB-Direktor auch bei der Telefonkonferenz dabei war. Damit hat er im Fall eines positiven Signals von Löw schon den Kurs abgesteckt. In knapp zehn Wochen muss der gestürzte Weltmeister von 2014 wieder ran.

Causa prima

Deshalb setzt der DFB bei der Aufarbeitung der desaströsen WM zunächst alle Konzentration auf die Cheftrainerfrage. Erst dann sollen Themen wie die Außendarstellung, die Abkapselung von der Öffentlichkeit, die Zusammenstellung des immer größer werdenden Stabes der Löw-Helfer, die Rolle der Assistenztrainer und Organisationsfragen in den Fokus rücken. Die zentrale Frage ist: Wer sitzt am 6. September in München im Nations-League-Spiel gegen Frankreich auf der Trainerbank? Bierhoff will die von Löw eingeforderte Denkpause nicht als Alarmsignal werten, dass der seit 2006 amtierende Teamchef genug hat von seinem Job. „Die Situation ist wie nach jedem Turnier, ob erfolgreich oder nicht“, bemerkte der Manager. Löw habe sich immer die Zeit für eine Analyse genommen.

Nach dem Halbfinal-Aus bei der EM 2012 in Warschau gegen Italien, das damals Löws falscher Spieltaktik angelastet wurde, hatte der infrage gestellte Chefcoach auch lange für ein klärendes Wort gebraucht. Noch länger dauerte sein Schweigen in der Öffentlichkeit: Erst 46 Tage danach meldete sich Löw mit einer 25-minütigen Brandrede zurück.

Vorbild 2012

„Unser Weg, den wir eingeschlagen haben, der stimmt. Es gibt keinen Grund, von diesem Konzept abzuweichen“, hatte der Bundestrainer vor sechs Jahren erklärt. Die Entscheidung, weiterzumachen, erwies sich als richtig: 2014 feierten Löw und sein Team in Brasilien den WM-Titel.

Dieses Mal werden aber andere Konsequenzen von Löw als 2012 erwartet, auch wenn ihm das DFB-Präsidium den erforderlichen Neuaufbau zutraut. „Umbruch heißt ja vor allem, junge Spieler heranzuführen“, sagte Verbandschef Grindel. Und Löw habe bewiesen, dass er junge Spieler integrieren und voranbringen kann.

Alle Präsidiumsmitglieder wünschen sich, dass Löw weitermacht. „Da gibt es keine andere Meinung – ein klarer Vertrauensbeweis“, hieß es nach der Telefonkonferenz aus dem DFB. Inwieweit das die Entscheidung beeinflusst, bleibt aber offen.

Ex-Teamspieler Christoph Metzelder wies in Sky auf ein Problem hin, das der DFB bei einem Löw-Rücktritt habe: „Wer wäre ein potenzieller Nachfolger? Da bin ich relativ blank, so wie wahrscheinlich alle anderen auch.“

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