Auch wenn es keine Augenweide (mehr) war – irgendwie fehlt etwas im Prater. Zumindest den sportbegeisterten Wienern. Das einst 1977 errichtete Ferry-Dusika-Stadion ist nicht mehr. An seiner Stelle wird ab Sommer die "Sportarena Wien" entstehen, eine multifunktionale Sportstätte mit drei Hallen. Eine für Ballsport, eine für Turnen und eine für Leichtathletik. Eine Radbahn wird es nicht geben.
Wegen genau so einer war das Dusika-Stadion auch umstritten, galt sie in anderen Sportarten doch als "Stimmungskiller". Umstritten war auch der Namensgeber. Wegen seiner NS-Vergangenheit. Franz "Ferry" Dusika (1908–1984) gilt dennoch als Pionier im österreichischen Sport, speziell im Radsport.
Unbestritten ist auch, dass es im Dusika-Stadion Dutzende Sportfeste gab. Nicht nur im Radsport ging es hier heiß her. Auch Athleten aus anderen Sportarten sorgten für hochemotionale Momente. Im Tennis etwa wurde viel gefeiert, im Daviscup sorgten die Fans regelmäßig für Länderspielatmosphäre. In der Leichtathletik hingegen setzte es für Stephanie Graf bei der Hallen-EM 2002 die wohl bitterste Niederlage ihrer Karriere. Gold wäre bereit gelegen, doch Jolanda Ceplak schnappte es ihr auf den letzten Metern noch weg.
Der KURIER schwelgt gemeinsam mit drei Protagonisten noch einmal in (überwiegend) schönen Erinnerungen.
Alexander Antonitsch, 56, Mitglied des Daviscup-Wunders:
"Unsere Auftritte im Dusika-Stadion werde ich nie vergessen, daran sind wunderbare Erinnerungen verknüpft.
Man kann sagen, dort ging die Geburtsstunde des Daviscup-Wunders und des Tennis-Booms über die Bühne. Wir haben dort enorm wichtige Siege gefeiert, aber auch Niederlagen bezogen, so ehrlich muss man sein. Aber mit dem Spiel gegen Australien 1989 begann der Aufstieg unseres Teams. Den Sieg im Doppel mit Thomas Muster über das Weltklasse-Duo Pat Cash/John Fitzgerald werde ich nie vergessen. Bei unserem Debüt in der Weltgruppe haben wir 5:0 gewonnen und man darf nicht vergessen, Cash hatte eineinhalb Jahre vorher in Wimbledon triumphiert.
Die Geburt des Tennisbooms
Kurz darauf war dann das legendäre Aufeinandertreffen mit Schweden mit der unvergesslichen Partie von Horst Skoff gegen Mats Wilander. Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, dass im Dusika auch bei Death-Rubber-Partien, bei Matches, bei denen es um nichts mehr ging und die nur noch Show waren, eine enorme Begeisterung herrschte. So wie bei meinem Sieg über Wilander. Nicht zu vergessen der Enthusiasmus im Dusika bei unserem Sieg gegen Italien 1990 verbunden mit dem ersten Semifinaleinzug, oder dem Erfolg über die Spanier 1995. Obwohl das Dusika aufgrund der Radrennbahn eigentlich kein ideales Tennis-Stadion war, schaffte man es stets, durch Improvisationskunst Feste zu veranstalten."
Roland Königshofer, 60, dreifacher Bahnrad-Weltmeister:
"Im Sommer durfte ich die allerletzten Runden auf dieser, auf "meiner" Bahn fahren. Anschließend habe ich einige Bretter davon herausgeschnitten. Aus ein paar habe ich mir einen Tisch gebastelt, der jetzt bei mir zu Hause steht. Denn ich verbinde sehr viel mit dem Dusika-Stadion. Es muss 1977 gewesen sein, als ich als 15-Jähriger erstmals oben am Juchee auf den billigen Plätzen gesessen bin und mir das Dusika-Meeting angeschaut habe. Da war die Welt des Radsports in Wien, angeführt von Eddy Merckx. Das war so eine geile Stimmung, so schnell und beeindruckend, und ich war auf Tuchfühlung mit meinen Helden.
Ich habe die Halle gefüllt
Ich hätte mir damals nicht gedacht, dass ich einmal selbst als Lokalmatador die Halle füllen werde, die zu meinem Wohnzimmer wurde. Bei der WM 1987 war der Fokus total auf mich gerichtet, das war ein richtiges Spektakel, und ich habe Bronze gewonnen. Wir sind bei den Steherrennen mit bis zu 100 km/h gefahren, da wirken bis zu 3,3 g Zentrifugaldruck in den Kurven. Als ich 1996 dann aufgehört habe, habe ich mich wirklich bedankt, dass ich das überlebt habe. Weil das war schon ein gefährlicher Sport. Aber sentimental? Sentimental bin ich nicht. Im Nachhinein wird es ein Segen sein, dass die Halle abgerissen wurde. Der Radsportverband ist dabei, ein umfassendes Konzept zu entwickeln, um eine optimale Basis für Österreichs Radsport zu schaffen."
Peter Kleinmann, 74, holte als Spieler, Trainer und Manager 22 Meistertitel:
"Das Dusika-Stadion war für Volleyball denkbar ungeeignet. Wegen der Radrennbahn – dennoch haben wir zwei Champions-League-Finali und eine Europameisterschaft hier gespielt. Und ich werde es in toller Erinnerung behalten. Das Champions-League-Finale 1995 zum Beispiel, da hat Treviso gegen Ravenna gespielt. Ich werde nie vergessen, wie der Herr Benetton, damals Sponsor von Treviso, in einer roten Hose persönlich gekommen ist. Ich habe ihm den damaligen Wiener Bürgermeister Michael Häupl vorgestellt – das hat ihn so interessiert, wie wenn in China ein Radl umfällt. Wir haben damals um viel Geld extra eine Tribüne aufgestellt, die Italiener haben das Stadion in einen richtigen Hexenkessel verwandelt.
Für Volleyball ungeeignet
Auch die EM 1999 habe ich in positiver Erinnerung, selbst wenn es sportlich natürlich auf den ersten Blick nicht so aussieht. Die EM sollte ein Startschuss in eine neue Volleyball-Ära sein in Österreich. Das ist uns auch gelungen, sie war so etwas wie eine Initialzündung. Davor hat ein Spieler im Ausland gespielt, danach waren es 30. Ich werde das Dusika-Stadion in guter Erinnerung behalten. Jetzt ist es aber gut, dass eine Ballsport-Halle kommt. Die wird dringender benötig. Den Bahnradsport in der Form von früher mit den Sechs-Tage-Rennen gibt es ja nicht mehr. Ferry Dusika hat sicher viel gemacht für den Sport in Österreich, es gibt aber sicher auch einen anderen Weg, ihn in Erinnerung zu behalten."
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