Doping: Verurteilungen und Freisprüche

Doping: Verurteilungen und Freisprüche
Rund um die Vorfälle bei Olympia 2006 in Turin hatte die Staatsanwaltschaft mehrjährige Haft- sowie Geldstrafen gefordert.

Der italienische Doping-Prozess wegen der Vorfälle bei den Olympischen Winterspielen in Turin 2006 gegen aktuelle und frühere Mitglieder des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) ist am Freitagvormittag in Susa mit sechs Freisprüchen und drei Verurteilungen zu Ende gegangen. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, Sportdirektor Markus Gandler, Ex-Betreuer Walter Mayer, Sportmediziner Peter Baumgartl sowie die beiden Langläufer Martin Tauber und Jürgen Pinter wurden allesamt freigesprochen.

Der frühere Langlauf-Trainer Emil Hoch sowie die beiden Biathleten Wolfgang Perner und Wolfgang Rottmann wurden dagegen in erster Instanz zu bedingten Haft- und unbedingten Geldstrafen sowie zur Zahlung der Gerichtskosten verurteilt.

Der Liechtensteiner Hoch wurde zu einem Jahr und acht Monaten sowie einer Geldstrafe von 26.000 Euro verurteilt. Der Olympia-Dritte Perner wurde mit einem Jahr und sechs Monaten sowie 23.000 Euro sanktioniert, Ex-Weltmeister Rottmann mit einem Jahr und vier Monaten sowie 20.000 Euro.

Die Staatsanwaltschaft hatte allen Angeklagten Dopingpraktiken bzw. die Begünstigung derselben vorgeworfen und mehrjährige Haft- sowie Geldstrafen gefordert. Alle Angeklagten hatten sich unschuldig erklärt. Das Verfahren von Langläufer Johannes Eder wurde ausgeklammert, in diesem Fall wird es zu einem getrennten Urteil kommen. Rottmann und Perner kündigten Berufung gegen das Urteil an, Hoch war vorerst für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Spontane Erklärung

Gandler, ÖSV-Sportdirektor für Langlauf und Biathlon, erlebte in Susa einen unvergesslichen Tag. Als einziger Angeklagter wartete der 45-jährige Tiroler nervös und zuversichtlich zugleich in dem kleinen Gerichtssaal der norditalienischen Stadt auf den letzten Akt in dem seit 2009 laufenden Prozess. Als dann Richterin Alessandra Danieli seinen Freispruch verkündete, gab Gandler seiner Erleichterung und Freude freien Lauf. "Endlich ist es zu Ende, wir haben es geschafft", gratulierte er seinem Rechtsanwalt Paolo Davico. Freisprüche erster Klasse gab es auch für Schröcksnadel, Mayer, Baumgartl sowie Tauber und Pinter.

Gandler hatte kurz vor der Urteilsverkündung noch eine spontane Erklärung abgegeben. Darin beteuerte er sein volles Vertrauen in die italienische Justiz. Er klagte jedoch, dass unabhängig vom Urteil sein Ruf durch den Prozess geschädigt worden sei. Nach der Erklärung zog sich die Richterin zurück.

Allzu lange musste Gandler auf das Urteil nicht warten. Nach etwa 45 Minuten erschien Danieli wieder und verlas mit sicherer Stimme zunächst die Urteile gegen Hoch, Perner und Rottmann. Als dann die Freisprüche für Schröcksnadel, Gandler und Mayer folgten, reagierten die Rechtsanwälte mit sichtbarer Erleichterung.

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"Von Beginn an stets korrekt gehandelt"

"Wir haben hart für dieses Ergebnis gearbeitet. Der Prozess war sehr lang, und ich war an fast allen Gerichtsverhandlungen anwesend. Das Vertrauen in die italienische Justiz war groß, die Richterin hat eingesehen, dass keine strafrechtlichen Handlungen begangen worden sind", sagte Gandler im Gespräch mit der APA vor Ort. "Die Gerechtigkeit hat gesiegt. Dieses Urteil ist eine wahre Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft. Es handelt sich um einen Freispruch erster Klasse", betonte Schröcksnadels Anwalt Wolfgang Burchia.

"Der ÖSV hat von Beginn an stets korrekt gehandelt und sich nichts vorzuwerfen, dies steht nunmehr auch gerichtlich fest. Der Skiverband hat sich seit jeher vehement im Kampf gegen Doping engagiert", betonte Schröcksnadel in einer ÖSV-Aussendung. Der Verteidiger der beiden Langläufer Tauber und Pinter, Valentino Schierano, begrüßte den Freispruch seiner Mandanten ebenfalls. "Es gab keinerlei Schuldbeweise gegen die beiden Langläufer. Es handelt sich um korrekte Athleten und Personen, und das ist vor Gericht klar bewiesen worden. Das ist das richtige Ende für ein Verfahren, das viel Leid verursacht hat", bekräftigte Schierano.

Schlussstrich

Mit dem Urteil ging ein spektakuläres Verfahren zu Ende, das mit der bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin angeordneten Durchsuchung der Privatquartiere der ÖSV-Langläufer und -Biathleten begonnen hatte. Die von der Turiner Staatsanwaltschaft beauftragten Carabinieri stellten damals Blutdoping-Utensilien sicher. Der Freispruch von sechs der neun Angeklagten ist eine klare Niederlage für die Staatsanwaltschaft. Diese hatte für Mayer, Gandler und Schröcknadel drei Jahre Haft und eine Geldstrafe von 40.000 Euro gefordert, für Tauber und Pinter sowie für Perner und Rottmann je zwei Jahre Haft und eine Geldstrafe von 25.000 Euro.

   Rottmann und Perner waren bereits im Zuge der ÖSV-Untersuchung des Olympia-Skandals 2006 in Turin für schuldig befunden worden. So hatte der Vorsitzende der Disziplinar- und Anti-Doping-Kommission im ÖSV, der mittlerweile im Ruhestand befindliche Richter Arnold Riebenbauer, im Vorjahr im Zuge des Doping-Prozesses - einer der Angeklagten war Mayer - im vergangenen August am Wiener Landesgericht erklärt, dass im Zuge der Razzien in Turin 2006 "zwei Blutbeutel bei Perner gefunden" worden seien.

Deshalb war der gebürtige Schladminger lebenslang aus dem ÖSV ausgeschlossen worden, ebenso wie sein Teamkollege Rottmann. "Rottmann hat etwas aus dem Fenster geworfen, das einem Carabinieri genau vor die Füße gefallen ist", hielt Riebenbauer als Zeuge vor dem Wiener Landesgericht fest. Dieses Beweismittel sei dann für einen "DNA-Abgleich" herangezogen worden und ganz klar als "Rottmanns Blut identifiziert worden". "Rottmann hat also auch gedopt - das hat auch vor dem CAS in Lausanne gehalten", merkte Riebenbauer weiters an. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte Perner und Rottmann, die ihre Karriere unmittelbar nach den Vorfällen in Turin beendet hatten, auf Lebenszeit von Olympia ausgeschlossen.

"Mit dem heutigen Urteil steht fest, dass - wie vom ÖSV immer gesagt - vom vermeintlichen 'Skandal von Turin' nach einem sechsjährigen Verfahren eigentlich nichts übrig geblieben ist. Der Spruch bestätigt zudem die korrekte Vorgehensweise des Österreichischen Skiverbandes, der jene drei Personen, die jetzt bedingt verurteilt wurden, bereits vor fünf Jahren aufgrund eines Berichts seines Disziplinarausschusses sanktioniert und ausgeschlossen hatte. Dieser Prozess hat klar gezeigt, dass es viele falsche Anschuldigungen gegen ÖSV-Vertreter gab, die während der Verhandlungen jedoch allesamt entkräftet werden konnten", hieß es in der offiziellen ÖSV-Stellungnahme.

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