Die Qual der Sportlerwahl: Gewinnt Hirscher ein letztes Mal?

"SPORTHILFE-GALA" - SPORTLER DES JAHRES 2018: HIRSCHER
Donnerstagabend werden Österreichs Beste ausgezeichnet. Was für den Skistar spricht, was für seine Mitbewerber.

Fünf Mal hat Marcel Hirscher die Auszeichnung für Österreichs Sportler des Jahres bereits entgegennehmen dürfen, die Bestmarke ist dem Salzburger damit längst sicher. Ein letztes Mal könnte der zurückgetretene Skifahrer am Donnerstag in Wien noch abräumen (19.30 Uhr/live ORF1). Unverdient wäre es keinesfalls. Mit dem achten Gesamtweltcupsieg nacheinander und seinem siebenten Weltmeistertitel hat der 30-Jährige seine Laufbahn veredelt.

Dennoch ist die Konkurrenz 2019 so groß wie noch nie. Seine vier Mitbewerber kommen allesamt aus dem Sommersport und haben ihre Trophäenschränke im Jahr 2019 ordentlich aufgefüllt. Auch in der KURIER-Sportredaktion wurde die von Journalisten durchgeführte Wahl kontrovers diskutiert. Für jeden in dem Quintett gibt es gute Gründe ...

  • Marcel Hirscher (Ski alpin)

Österreich wird sich wohl noch die Augen wund weinen. Marcel Hirscher fährt nicht mehr. Jener Mann, der die kollektive Wunschvorstellung von der Unbezwingbarkeit mit verlässlicher Regelmäßigkeit in die Realität geholt hat. Staunend machte mit seiner von Ehrgeiz geleiteten Präzision, welche die Nation in winterlichen Monaten mit Selbstwertgefühl vollgepumpt hat.

In einer Sportart, die nur von Neidern als nicht weltumspannend und damit nicht wichtig genug erachtet wird. Die einfachste Antwort übersteigt ohnehin jede Vorstellungskraft: zwei Mal olympisches Gold, siebenfacher Weltmeister und acht Gesamt-Weltcupsiege in Folge.

Und geschafft hat er all das, ohne einzufädeln in Arroganz oder Überheblichkeit. Hirscher wird Sportler des Jahres. Zum letzten Mal. Der Lohn für sein – wie sagt man so schön – Lebenswerk.
Von Bernhard Hanisch

  • Dominic Thiem (Tennis)

Es ist nahezu unmöglich, geschweige denn fair, die Leistungen von Athleten aus unterschiedlichen Bereichen miteinander zu vergleichen.  Ein Sport  wie  Skifahren liegt den Österreichern naturgemäß näher als  das Golfen. Und nur die Wenigsten werden hierzulande wirklich einschätzen können, was es heißt, wenn ein Österreicher in der NBA am Ball sein darf.

Abseits von Bekanntheit, Beliebtheit und medialer Aufmerksamkeit sollte bei dieser Wahl eine Eigenschaft ein Kriterium sein, die im schnelllebigen Sport gerne einmal zu kurz kommt: Konstanz. Konstanz auf höchstem Niveau.

Hier kommt jetzt Dominic Thiem ins Spiel. Es fällt bei ihm schwer, ein Highlight herauszupicken, weil 2019 so reich an Höhepunkten war. Vom Frühling bis in den  Herbst hinein. Also belassen wir es bei einer Statistik: Kein Tennisspieler hat 2019 so viele Turniere gewonnen wie Thiem. Das sollte für den Sieg bei der Sportlerwahl reichen.
Von Christoph Geiler

Bogey, Sand Wedge oder Semi-Rough – Bernd Wiesberger hat einen Nachteil: Er muss den Österreichern seinen Sport  immer (noch) erklären. Selbst der Großteil der bei der Sportlerwahl stimmberechtigten Journalisten hat  nur wenig Berührungspunkte mit dem Welt- und Volkssport Golf.

Umso bemerkenswerter ist der Aufstieg des Burgenländers zum aktuell besten Spieler der European Tour und zum aussichtsreichen Kandidaten für den Ryder Cup (wieder so ein Fremdwort. Falls Sie es noch nie gehört haben, schauen Sie sich das Highlight-Video von 2018 an!).

Der Weg dorthin ist für Wiesberger noch weit. Denn die Dichte im Weltgolf ist enorm. Anders als etwa im Tennis ist es nicht Europa, und erst recht nicht ein Trio, das die großen Trophäen untereinander aufteilt. Seit 2012 haben nur vier Golfer mehr European-Tour-Siege gefeiert als Wiesberger (7).
Von Philipp Albrechtsberger

 

  • Lukas Weißhaidinger (Diskus)

Was Lukas Weißhaidinger in Doha gelungen ist, hat vor ihm noch kein Österreicher geschafft. Als erster Mann holte der 27-jährige Oberösterreicher eine WM-Medaille in der Grundsportart Leichtathletik: Bronze im Diskuswurf, einer Disziplin, die schon Teil der Olympischen Spiele der Antike war.

Doch das Sensationelle an der Leistung ist, dass sie keine Sensation war. Die Medaille ist das Resultat konsequenter Arbeit. 53 Wochen lang plagte sich Weißhaidinger ohne Trainingspause, 20.000 Mal flog der Diskus, jeder Wurf wurde akribisch genau analysiert.

Im Gegensatz zu den vier anderen Nominierten hatte Weißhaidinger 2019 nur eine Chance, sein Jahr zu veredeln. Dementsprechend groß war der Druck am Tag X. Doch Weißhaidinger ist groß (1,97 Meter), schwer (150 Kilogramm), stark – und er hält Druck aus. Womöglich auch am 1. August 2020. Bei Olympia in Tokio.
Von Florian Plavec

  • Jakob Pöltl (Basketball)

Warum Jakob Pöltl Sportler des Jahres  werden soll? Ganz einfach: Er ist der Größte. Der 24-jährige Wiener misst 2,13 Meter, er ist damit nicht nur 0,4 Meter größer als Marcel Hirscher sondern die Nummer eins. Nein, Spaß beiseite.

Auch wenn Jakob Pöltl noch nicht so ein Star in seiner Sportart ist wie manche seiner Konkurrenten, hat er ihnen doch etwas voraus: Er ist ein Pionier. Pöltl ist nicht der tausendste  Skifahrer, der fünfzigste  Tennisspieler oder der zehnte Golfspieler in dieser Wahl. Er ist der erste Basketballer  in den Top 5.

Mit riesigem Einsatz hat er es aus der österreichischen Nachwuchsliga über ein US-College in die NBA geschafft. Er ist bei San Antonio der erste Österreicher in der besten Basketball-Liga der Welt; einer Liga, die nicht nur in ein paar Ländern von Bedeutung ist; einer Liga, in der sich tatsächlich die weltbesten Spieler durchsetzen. Pöltl hat es geschafft.
Von Peter Karlik

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