Die Fußball-Neuzeit ist nicht weit

Auf den Baustellen in Katar herrschte wegen des Embargos eine Zeitlang Materialknappheit.
In knapp vier Jahren beginnt in Katar die erste WM-Endrunde zur Winterzeit. In vielerlei Hinsicht ist es eine Zeitenwende.

Am Punschstandl Fußball-WM schauen wird eine neue Erfahrung. In vier Jahren beginnt in Katar die erste Winter-WM. Anstoß soll am 21. November sein, Schlusspfiff am vierten Adventsonntag. Es ist das erste EM-Turnier der Geschichte im europäischen Winter, das erste in einem muslimischen Land, das erste in der arabischen Welt. Und das erste, das mehr oder weniger in nur einer Stadt ausgetragen wird. Sieben der acht Stadien stehen in der Hauptstadt Doha und in der näheren Umgebung. Sieben davon werden komplett neu gebaucht.

Der Anpfiff wird im nagelneuen Lusail-Stadion ertönen – vor mehr als 80.000 Zuschauern. Die Fußballrealität in Katar schaut derzeit aber anders aus. Alltag in Katars erster Liga ist: Auf den leeren Tribünen verlieren sich 200, vielleicht 300 Fans, Jubel über ein Tor wird über Lautsprecher eingespielt.

In vier Jahren aber sollen rund 1,5 Millionen Fans nach Katar strömen. Nachhaltig soll das Turnier sein, klimaneutral und ganz im Sinne der Fans. So verweisen die Organisatoren auf die kurzen Wege: Das am weitesten entfernte Stadion liegt knapp 50 Kilometer nördlich von Doha. Alle Spielorte lassen sich mit der neugebauten Metro oder mit Bussen und einem kurzen Fußmarsch erreichen.

Trotzdem bleibt die Frage: Was passiert in Katar, einem Emirat mit 2,7 Millionen Menschen, aber nur rund 300.000 Einheimischen, mit den Hochglanzstadien? Die Katarer lassen sich die WM nach eigenen Angaben 23 Milliarden US-Dollar kosten, das bislang teuerste Turnier.

Doch die Vorbereitungen laufen unter verschärften Bedingungen, seit Saudi-Arabien und andere Nachbarn im vergangenen Jahr eine Blockade gegen Katar verhängt haben. Weil Materialien wie Zement nicht mehr von dort geliefert wurden, kam es auf vielen Baustellen zu Verzögerungen. In einem Stadion lagen die Arbeiten ein halbes Jahr hinter dem Zeitplan.

Unklar ist auch, ob es für alle Fans Quartiere geben wird. Sogar die Teams sollen nicht in Katar untergebracht werden. WM-Chef Hassan al-Thawadi bestätigte erst diese Woche der französischen Nachrichtenagentur AFP Überlegungen, dass Quartiere für einige WM-Teams in Absprache mit dem Weltverband FIFA auch im Iran installiert werden könnten.

Hassan al-Thawadi war Geschäftsführer der katarischen Bewerbung. Noch heute ist die Vergabe an Katar höchst umstritten. Seit der Entscheidung des Exekutivkomitees der FIFA am 2. Dezember 2010 in Zürich hat es in regelmäßigen Abständen teilweise eindeutige Anzeichen für das Fehlverhalten der damaligen Wahlleute im Exko gegeben, die so etwas wie die „Keimzelle“ des großen FIFA-Skandals waren.

Katar schlug Schweiz

Auch fußballerisch wird die Endrunde eine Herausforderung für den Veranstalter. Das Nationalteam ist vom internationalen Top-Kick weit entfernt. Und dennoch gab es am Mittwoch einen Prestigeerfolg mit dem 1:0 in Lugano gegen die Schweiz. Während es für die Schweizer die peinlichste Niederlage seit zehn Jahren (1:2 gegen Luxemburg) war, bejubelte die Nummer 96 der Welt einen unerwarteten Sensationssieg.

Die Schweizer spielten zwar nicht mit der besten Elf. Trotzdem standen mit Xhaka (Arsenal), Zakaria (Mönchengladbach) und Zuber (Hoffenheim) einige Profis aus den europäischen Top-Ligen in der Startelf.

Kommentare