Die 13 Frauen, die die Tour de France bestritten
Am Sonntag ging die Tour de France für den Mann im Maillot Jaune, dem Gelben Trikot, mit einem triumphalen Zieleinlauf in Paris zu Ende: Nach 3351 Kilometern hatte Geraint Thomas die berühmteste Radrundfahrt der Welt als Sieger beendet. Schon am Tag zuvor waren in Paris dreizehn Frauen ins Ziel geradelt, ganz ohne Champagner, ganz ohne gelbes Trikot.
"Donnons des elles au velo" - ein Wortspiel, dem Radsport Frauen oder Flügel zu geben - ist der Titel, unter dem die 13 jungen Frauen drei Wochen lang quer durch Frankreich radelten: Amateurfahrerinnen, Radsportfans, ohne große Unterstützung, ohne Straßensperren.
"Wir respektieren die Verkehrszeichen. Wir halten an roten Ampeln", erklärt Tetiana Kalachova, eine der Teilnehmerinnen. "Wir versuchen zu beweisen, dass Frauen, selbst Amateure - völlig clean, ohne Doping, ohne besondere Unterstützung - zu dieser Art von Leistung imstande sind."
Kalachova und ihre Teamkolleginnen werden für ihre Fahrt nicht bezahlt. Die Ukrainerin ist Biochemikerin, unter ihren Mitfahrerinnen sind Sportlehrerinnen, Sportwissenschaftlerinnen, Ingenieurinnen - sie alle Teilen die Leidenschaft für den Sport.
Eine Tour für die Frauen
Bereits zum vierten Mal findet das Projekt im Umfeld der Tour de France statt. Ziel ist es, dem Frauenradsport zu mehr öffentlicher Aufmerksamkeit zu verhelfen - und die Wiedereinführung der Frauen-Tour-de-France zu erreichen. Zwischen 1984 und 2009 wurde ein mehr oder minder gleichwertiges Event zur Tour de France für Frauen ausgerichtet - zunächst offiziell als Tour de France Women, dann als Tour of the EEC Women, als Tour Cycliste Féminin und zu guter Letzt bis 2009 aus Grande Boucle Féminine Internationale. 2008 holte mit Christiane Soeder sogar eine Österreicherin den Gesamtsieg.
Allerdings genoss die Frauen-Tour nie denselben Stellenwert wie ihr männliches Pendant - nicht zuletzt, weil aus Kostengründen immer weniger Etappen gefahren wurden. Die letzte Austragung im Jahr 2009 dauerte nur vier Tage. Von den 66 Starterinnen kamen 50 ins Ziel, die Siegerin Emma Pooley witzelte über den Titel des Rennens, es handle sich eher um eine "Petite Boucle als eine Grande". Nach 2009 wurde das Rennen eingestellt.
Seit 2014 veranstaltet der Tour-Ausrichter ASO ein Alibi-Rennen - mit einer oder zwei Etappen. Den Teilnehmerinnen von "Donnons des elles au velo" ist das zu wenig: Sie wünschen sich zumindest ein Radrennen für Frauen, das mit den großen Rundfahrten der Herren - der Tour de France, der Vuelta a Espana und dem Giro d'Italia - mithalten kann.
"Wir wollen ein Frauen-Etappenrennen mit der selben Medienpräsenz und der selben Aufmerksamkeit, wie sie die Männer haben", so Kalachova. "Nicht unbedingt die selben Straßen und nicht unbedingt die gleiche Anzahl von Renntagen, aber die gleiche Wertschätzung."
Wachsende Aufmerksamkeit
Zweifel kommt ausgerechnet von einem der größten Stars im Frauen-Radsport: Marianne Vos, zweifache Olympiasiegerin und dreifache Siegerin des Giro d'Italia der Damen, ist nicht sicher, ob eine große Landesrundfahrt dem Frauen-Radsport gut tun würde - zumindest im Moment. "Natürlich wäre es toll, eine Frauen-Tour-de-France über 21 Tage zu haben, aber ich glaube nicht, dass das für den Frauen-Radsport momentan das Beste ist."
Nichtsdestotrotz erfreut sich das Projekt wachsender Beliebtheit. Jeden Tag ruft das Team in den sozialen Netzwerken Hobby-Radfahrerinnen und -Radfahrer auf, sich anzuschließen. "Bei jeder Etappe hatten wir dieses Jahr ein doppeltes oder dreifaches Feld", so Kalachova. "In der Bretagne hatten wir 120 Leute am Start. Wenn wir kommen, jubeln uns die Leute zu. Sie bereiten Essen für die Pausen oder bei der Ankunft vor. Sie schreiben unsere Namen auf die Anstiege, das ist ziemlich cool."
Besonders in Erinnerung bleiben Kalachova zwei Momente: Zum Einen der Anstieg zu Alpe d'Huez mit seinen gefürchteten 21 Kurven, auf dem die Frauen von den Fans gepusht wurden. "Sie schreien, also musst du Gas geben, du stehst auf und trittst hart und härter in die Pedale." Zum Anderen eine 10-jährige Engländerin, die sich auf der ersten Etappe in Noirmoutier dem Feld anschloss. "Sie fährt viel Rad und hat Freude daran - deshalb hoffe ich, dass es eines Tages eine Frauen-Tour geben wird und sie mit dabei ist."
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