Der Griff nach der letzten Krone

Piste frei für die Titelverteidigung: Marcel Hirscher könnte im Slalom eine perfekte WM vollenden. Bisher war der Salzburger bei jedem seiner WM-Starts auf dem Podest
Marcel Hirscher will die dritte Goldmedaille holen, Landsmann Herbst hofft auf ein Happy End.

Letztes Rennen der WM in Vail und Beaver Creek, letzte Chance für Marcel Hirscher, sein eher nicht enttäuschendes Medaillenkonto aufzustocken. Der Kombi-Weltmeister, der Team-Weltmeister, der Vize-Weltmeister im Riesenslalom greift am Sonntagabend Mitteleuropäischer Zeit nach dem Slalom-Titel, und er tut das mit Recht – immerhin ist der 25-Jährige der Titelverteidiger, und immerhin ist er auch zweifacher Saisonsieger.

Der Haken an der G’schicht: "Es ist kein typischer Slalomhang hier in Beaver Creek", sagt Hirscher; der Vorteil an der G’schicht: Hirscher hat im Slalom des Kombinationsbewerbs eine überlegene Bestzeit in den seinerzeit sehr weichen Schnee gezaubert.

Mit einem Sieg könnte Hirscher in der Erfolgsbilanz ganz nah an Hermann Maier herankommen, der drei Gold-, zwei Silber- und eine Bronzemedaille geholt hat. Hirscher hält in den Einzelbewerben bei je zwei Gold- und Silbermedaillen, hinzu kommt zwei Mal Team-Gold.

"Es gibt so viele Favoriten, es ist unglaublich. Felix Neureuther und ich haben in diesem Winter je zwei Siege gefeiert, sonst gab es immer andere Sieger. Es sind unglaublich viele Leute, die momentan einen schnellen Slalom- schwung fahren, das Feld ist nicht abzustecken, das wird unglaublich spannend werden", sagt Hirscher.

Im Detail: Der Norweger Henrik Kristoffersen siegte auf dem eher flachen Terrain von Levi, der Italiener Stefano Gross gewann den Klassiker von Wengen, der Schwede Mattias Hargin jenen von Kitzbühel – und der letzte Test vor der WM in Schladming ging an den Russen Alexander Choroschilow.

Nachdenklicher Vater

Neben dem Wunderwuzzi der technischen Disziplinen steigt auch sein Salzburger Kollege Reinfried Herbst in den Ring; der Unkener hat seine Erwartungen niedrig angesetzt. "Ich hatte in diesem Winter schnelle Schwünge, und auf die zähle ich", sagt Herbst, "die Ergebnisse waren halt deutlich schlechter als das, was ich draufhab’".

Als Mutmacher dient die Ankündigung der Veranstalter, den Hang noch mit dem Sprühbalken zu bearbeiten, das hilft Herbst, das hilft auch Hirscher, das hilft aber auch den anderen, "denn damit wird das Rennen fairer – im Kombi-Slalom auf dem weichen Schnee waren die hinteren Startnummern klar im Nachteil." Für den bekennenden USA- und Motorrad-Fan ist die WM "die letzte Chance auf eine Medaille, das ist klar", sagt der 36-Jährige. Aber sentimental werden? Das wäre nicht Herbst. "Ich hab’ mir auch keine Gedanken gemacht, ob ich nach dieser Saison aufhör’, das muss der Bauch entscheiden."

"Der eine oder andere Trainingslauf zeigt mir ja immer wieder, dass ich’s noch kann", sagt der Salzburger, für den klar ist, dass er nicht wegen famoser Ergebnisse bei dieser WM startet: "Es gibt halt keine anderen in unserem Team." Das hat Herbst auch schon ganz anders erlebt, sagt er: "Es hat Jahre gegeben, da bist du ohne Stockerlplatz im Weltcup nicht zur WM gefahren."

Benjamin Raichs Bruder Florian ist Trainer beim ÖSV, Mario Matts Bruder Michael soll die nächste Slalom-Ära der Flirscher Ski-Familie einläuten: Drei Tiroler komplettieren neben den beiden Salzburgern Hirscher und Herbst das österreichische Slalom-Quintett.
Die größten Sorgen hat Mario Matt, der sich am Montag nach einem kapitalen Trainingssturz über einen stark geprellten Knöchel genau nicht freute. Zudem plagte den Slalom-Olympiasieger ein grippaler Infekt. „Es ist jeden Tag ein bisserl besser geworden“, am Freitag trainierte Mario Matt unter Schmerzen – und gab grünes Licht für Sonntag.

Jedoch: Es wird eine der letzten Möglichkeiten, die Künste des für einen Techniker ungewöhnlich großen (1,90 Meter) Slalom-Asses zu sehen. „Bis 40 werd’ ich sicher nimmer fahren“, sagt der 35-Jährige, „das ist zu 100 Prozent mein letzter Auftritt bei einer WM.“
Wobei Matt, der Ältere, auch in einer Saison mit fünf Ausfällen in den ersten fünf Weltcup-Slaloms schon noch diese Spaß-Momente hat. In Åre im Dezember zum Beispiel, als er bei Halbzeit Vierter war. Seither sind freilich die dünnen Kanten seiner alten Olympiasieger-Ski verbrannt; und dann waren da noch diese Frustmomente der letzten Woche.

Die Stabübergabe an die nächste Generation ist nicht mehr ferne Zukunft, und Michael Matt freut sich vor allem, bei dieser WM das Apartment mit dem großen Bruder zu teilen: „Es ist eine super Erfahrung.“

Der Griff nach der letzten Krone

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