Der beste Schachspieler des Landes

Hoffnungen: Markus Ragger (rechts) rechnet sich bei der EM Chancen aus.
Markus Ragger ist die Nummer 45 der Weltrangliste. So gut war noch kein Österreicher.

Markus Ragger ist der beste Schachspieler, den Österreich je hatte. In der Weltrangliste liegt der 28-jährige Kärntner an der 45. Stelle und damit so weit vorne wie noch kein Österreicher zuvor. Ab 11. Mai wird er bei der Schach-EM im Kosovo antreten. "Eine Medaille ist möglich", sagt er.

KURIER: In der Weltrangliste geht es stetig bergauf. Wie erklären Sie sich die Steigerung?

Markus Ragger: Ich kann mich zu 100 Prozent auf den Sport konzentrieren und habe sehr starke Trainingspartner aus dem Ausland. Das bringt mich schnell weiter.

Wie kann man sich dieses gemeinsame Training vorstellen?

Oft ist es nicht notwendig, sich zu treffen. Meistens arbeiten wir über Skype. Dabei werden natürlich keine ganzen Partien gespielt, sondern nur gemeinsam spezielle Stellungen analysiert.

Sind Sie Profi?

Ja, das geht sich aus. Mein Einkommen besteht in erster Linie aus Preisgeldern und Honoraren. Dazu kommt noch die Unterstützung von Kärnten Sport.

Verdienen Sie gut?

Ich komme über die Runden. Aber ich sollte niemals meinen Stundenlohn ausrechnen. Ich beschäftige mich pro Tag sechs bis acht Stunden mit Schach. Eine Partie dauert vier Stunden, dazu kommen Vor- und Nachbereitung.

Magnus Carlsen wurde zum coolen Star der Sportart. Wie wichtig ist er für das Schach?

Das gesteigerte Medieninteresse ist natürlich super für uns. Es ist gut, wenn über den "Popstar des Schach" geschrieben wird. Aber man darf dabei nie vergessen, dass er schachlich außergewöhnlich ist. Er ist seit fünf Jahren die Nummer eins der Weltrangliste – und ist seitdem immer deutlich besser als die jeweilige Nummer zwei.

Wie steht es um Schach als Sport in Österreich?

In Österreich ist Schach erst seit elf Jahren offiziell Sport. Strukturen müssen erst aufgebaut werden, aber wir sind auf einem guten Weg. Ich bin aber auf einem Niveau angelangt, wo Erfahrungswerte fehlen. Etwa auf sportpsychologischer Ebene.

Was machen da andere Nationen wie Armenien oder Georgien besser?

In diesen Ländern ist Schach Teil der kulturellen Identität und wird schon in Kindergärten und Schulen gespielt. Außerdem ist "Schachspieler" ein Berufsbild, das angestrebt wird. Als guter Schachspieler bekommt man dort sein regelmäßiges Gehalt.

Sind Computer zu schlagen?

Nein. Der beste Spieler der Welt kann vieles besser machen als der schnellste Computer. Aber die Computer machen keine groben Fehler, die Menschen schon. Kommt ein schlechter Zug, ist die Partie verloren.

Computer sind also die besten Schachspieler?

Das beste Schach spielt eine Kombination aus Mensch und Computer, wie es zum Beispiel im Fernschach üblich ist. Der Mensch kann strukturiert denken, und der Computer vermeidet die schweren Fehler.

„Verbände können Ausnahme-Athleten nicht hervorbringen“, sagt Walter Kastner, der Generalsekretär des österreichischen Schachbundes (ÖSB). „Sei es Markus Ragger oder Dominic Thiem oder Marcel Hirscher: Der Verband kann sie nur bestmöglich unterstützen. Wir tun dies mit Trainings und Entsendungen.“

Der Erfolg zeige, dass der Schachsport seit der Aufnahme in die Bundessportorganisation 2004 auf einem guten Weg sei. Dies beweisen etwa die Siege im Mitropacup 2015 (ein internationales Mannschaftsturnier mit zehn Nationen) oder der neunte Platz der Damen bei der Team-EM 2016 in Reykjavik. „Andererseits ist es schwierig, mit Ländern wie Russland, Armenien, Georgien oder Aserbaidschan zu konkurrieren“, sagt Kastner. „Dort hat Schach einen ähnlichen Stellenwert wie in Österreich das Skifahren.“

Große Börsen

In Westeuropa können nur die allerbesten Spieler von ihrem Sport leben. Erst wenn ein Platz in den Top 30 der Weltrangliste erreicht ist, folgen lukrative Einladungen zu Turnieren. Richtig gut leben die Kämpfer um die Weltmeisterschaft: Ein WM-Match hat eine Börse von zwei bis drei Millionen Euro.

Österreich hat mit Markus Ragger nur einen Schachprofi. „Die Tür der Sporthilfe ist für nicht-olympische Sportler nur symbolisch offen“, sagt Kastner. Zudem mangelt es an Trainern. Während andere Spitzenspieler rund um die Uhr von verschiedenen Trainern begleitet werden, konnte der ÖSB für Markus Ragger den Ungarn Zoltan Ribli engagieren. Mit der ehemaligen Nummer fünf der Weltrangliste kann Ragger aber nur zwei oder drei Tage im Monat zusammenarbeiten.

Kastner träumt von einer Popularität seines Sports wie in Norwegen: „Nach den Erfolgen von Magnus Carlsen werden alle wichtigen Turniere live im TV übertragen.“

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