Colin Jackson: "Profisportler sind untergewichtig"
Der frühere Hürdensprinter Colin Jackson (48) verbrachte 24 Stunden in Österreich, um den Wings for Life Run (wingsforlifeworldrun.com) zu promoten, dessen sportlicher Leiter er ist. Dem KURIER gab er ein Interview.
KURIER: Herr Jackson, wann sind Sie das letzte Mal über Hürden gesprungen?
Colin Jackson: Bei manchen Events zeige ich das immer noch vor. Das letzte Mal vor etwa sieben, acht Monaten.
Sind Sie noch immer fit?
Ich bin ganz gut drauf und achte auf meine Gesundheit.
Haben Sie noch Ihr Wettkampfgewicht?
Nein, Gott sei Dank nicht. Die meisten Profisportler sind total untergewichtig.
Aber das sind doch Muskeln.
Ja, aber sonst nichts. Ich hatte 71 Kilogramm bei 1,82 Metern. Wenn man läuft und dabei springt, kann man nicht die Masse eines 100-Meter-Läufers haben, denn ich muss vom Boden abheben. Jetzt bin ich zehn Kilogramm schwerer. Aber ich fühle mich heute besser als zu meiner aktiven Zeit. Ich bin viel seltener krank.
In Wien war am Sonntag der Marathon. Wären die 42 Kilometer etwas für Sie?
Die größte Distanz, die ich je gelaufen bin, waren 32 Kilometer. Danach haben mich Freunde angesprochen und gesagt: ‚Du bist schon so weit gelaufen, jetzt schaffst du auch einen Marathon.‘ Ich sage aber: ‚Nicht wirklich.‘ Ich habe nie Langstrecke trainiert. Für einen Marathon müsste ich viel Zeit ins Training investieren.
Wie wichtig ist die tägliche Bewegung noch für Sie?
Ich mache, was ich kann, mindestens fünf Mal pro Woche. Wenn das Wetter schön ist, gehe ich Rad fahren oder laufen, wenn es regnet, bin ich im Fitnesscenter. Und ich bin in der glücklichen Lage, mit ehemaligen Top-Athleten herumzuhängen. Die wissen alle, was zu tun ist.
Können Sie Menschen motivieren, die nicht vom TV-Sessel aufstehen wollen?
Sport ist so vielfältig. Es gibt für jeden die passende Sportart. Tanzen ist Sport, oder Kanufahren. Machen Sie aber vor allem etwas, das Spaß macht. Nur wenn man Spaß hat, bleibt man zu hundert Prozent bei der Sache.
Es geht also nur um Spaß?
Ausschließlich. Auch ganz an der Spitze braucht man immer Spaß.
Aber Sie mussten sich im Training immer wieder quälen. Das kann doch kein Spaß sein.
Doch, es ist Spaß. Man ist zusammen mit Trainingskollegen und versucht durch die eigene Leistung das härteste Training für die anderen noch härter zu machen. Da musste ich immer grinsen.
Weshalb sollen Läufer beim Wings for Life Run am 3. Mai mitmachen?
Es ist eine einzigartige Möglichkeit, sich ein individuelles Ziel zu setzen. Ich freue mich über Läufer, die drei Kilometer schaffen genau so, wie über jene, die 60 oder 80 Kilometer laufen.
Weshalb wurden sie ausgerechnet Hürdensprinter?
Das ist eine lange Geschichte, aber ich fasse mich kurz. Ich habe mich vor langer Zeit einmal für die Weltmeisterschaft als Weitspringer qualifiziert. Aber ich habe mich leider an der Achillessehne verletzt. Und der Weitsprung ist ganz am Anfang der WM gewesen, der Hürdensprint ganz am Ende. Bis dahin war ich wieder fit, bin angetreten und ich habe gewonnen mit der zweitschnellsten je gelaufenen Junioren-Zeit. Da hat mein Coach beschlossen, dass da meine Zukunft liegt.
Welcher war der beste Moment Ihrer Karriere?
Das war mein Juniorenweltmeistertitel 1986.
Nicht wirklich?
Oh doch. Das war mein denkwürdigster Sieg. Wie ich schon sagte, ich war vor dem Bewerb verletzt. Und dann habe ich gewonnen. Das hat mir sehr viel gegeben für alles, was danach in meiner Karriere noch gekommen ist. Dieser Sieg war der Motor für all meine Rekorde. Viele Menschen unterschätzen die Bedeutung von Junioren-Titel. Die können sehr viel bewirken.
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