U-19-Teamchef Scherb: "Das ist wie Trauerarbeit"

Martin Scherb ist seit 1. 1. beim ÖFB U-19-Teamchef
Der neue Mann beim ÖFB über sein Scheitern in Altach und warum Christian Fuchs' Karriere nicht mehr möglich wäre.

Peter Schöttel konnte sich seinen eigenen Nachfolger als U-19-Teamchef aussuchen. Die Wahl des neuen ÖFB-Sportdirektors fiel auf Martin Scherb. Zusätzlich wurde der 48-jährige Herzogenburger mit dem Jahreswechsel zum U-15-Teamchef und zum sportlichen Leiter der Landesausbildungszentren in fünf Bundesländern bestellt.

Im KURIER-Interview spricht Scherb über sein Scheitern in Altach, die Ziele beim ÖFB und warum Christian Fuchs’ Karriere heute nicht mehr möglich wäre.

KURIER: Die Trainerjobs beim ÖFB-Nachwuchs sind sehr begehrt. Warum wurden Sie ausgewählt?

Martin Scherb: Diese Frage müsste Sportdirektor Peter Schöttel beantworten. Ich habe jedenfalls in verschiedensten Bereichen Erfahrung gesammelt und dort auch bewiesen, dass ich auf den Nachwuchs baue. Und in den Gesprächen mit Peter Schöttel hat sich erneut gezeigt, dass wir in Fußball-Fragen sehr ähnlich denken.

Waren Ihre fünf Monate bei Altach mehr eine Enttäuschung oder eine Lehre?

Ich habe es nicht bereut, nach drei Jahren meine Komfortzone verlassen zu haben. Natürlich ist es dann enttäuschend verlaufen, es war aber auch sehr lehrreich. Für mich gilt: Entweder du gewinnst, oder du lernst. Diese Erfahrung kann in keinem Trainerseminar vermittelt werden. Altach hat mich als Trainer und Mensch weitergebracht.

Wie genau?

Über Details werde ich nicht öffentlich sprechen. Klar ist im Rückblick: Mit dieser Ausgangslage war es in Altach für mich nur sehr schwer zu gewinnen. Andererseits hätte ich es mir sicher ein Leben lang vorgeworfen, dem damaligen Tabellenführer der Bundesliga abzusagen.

Wie lange haben Sie das Scheitern analysiert?

Das ist wie Trauerarbeit. Auf Wut und Enttäuschung folgt die Reflexion, bis klar ist, was ich für mich mitnehmen kann und dann muss auch ein Schlussstrich gezogen werden. Im Endeffekt gilt: Ich bin als Trainer flexibler und erfahrener geworden.

Sie sind nicht nur U-19- und U-15-Teamchef, sondern auch der sportliche Leiter für die LAZ Ost/Süd. Was bedeutet das in der Praxis?

Das LAZ ist die Vorstufe zur Akademie. Ich bin der sportliche Controller für Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten. Das möchte ich nicht nur auf dem Papier machen, sondern mich auch in der Praxis voll einbringen. Ich werde viel unterwegs sein, um mit 17 Standortleitern im gegenseitigen Austausch eine Vertrauensbasis aufzubauen. Mein Auto wird mein Büro sein.

Wann coachen Sie erstmals selbst?

Im Februar, da gibt es Trainingslehrgänge. Für die U-15 auf Zypern, mit der U-19 in Spanien. Die Vereine müssten die Spieler aber nicht abstellen. Da gilt es, vorab viele Gespräche zu führen, weil es bei der U-19 auch um Bundesliga-Profis wie Maresic, Filip, Schmid, Wolf, Müller, Borkovic oder Baumgartner von Hoffenheim geht, um nur einige zu nennen. Das ist ein starker Jahrgang.

In der Eliterunde trifft die U-19 auf Dänemark, Bosnien und die Türkei. Ist die Vorgabe vom ÖFB der Gruppensieg, also die EM-Qualifikation?

Mit Dänemark aus Topf 1 haben wir eine ausgeglichene Gruppe erwischt. Das Ziel ist die Qualifikation für die EM in Finnland. Bei der neuen U-15 ist das Ziel, schnell einen Kader zu finden, bei dem neben der Qualität auch die Mentalität passt.

Was heißt das konkret?

Mit Peter Schöttel ist besprochen, dass künftig noch mehr darauf geschaut wird, welche Talente die Wettkampfmentalität und Stabilität mitbringen, um in Drucksituation zu "halten". Dafür wird bei jedem Team auch ein Mentalcoach beschäftigt.

Können U-15-Talente, die noch bei Amateurvereinen spielen, später Teamspieler werden?

Es ist schwer vorstellbar, dass Talente ohne LAZ und Akademie auf das nötige Trainingsniveau kommen, weil das ein kleiner Verein gar nicht dauerhaft bieten kann.

Das Gegenbeispiel wäre Christian Fuchs: Als Sie Herzogenburg-Trainer in der NÖ-Landesliga waren, spielte er damals für den Gegner Wiener Neustadt. Später wurde Fuchs noch Teamkapitän.

Das stimmt, Fuchs spielte mit 16 schon in der Kampfmannschaft. Allerdings waren die Akademien vor 15 Jahren nicht auf dem heutigen Niveau. Es sollte kein Talent mehr durchrutschen. Ein Weg wie von Fuchs wäre heute aus meiner Sicht nicht mehr möglich.

Durch den Abgang von Willi Ruttensteiner hat sich im ÖFB-Nachwuchs einiges verändert. Martin Scherb ersetzt Sportdirektor Peter Schöttel als U-19-Teamchef, Co-Trainer bleibt Mohamed Sahli. Dauerhaft begleiten wird Scherb die neue U-15. Von 21. bis 27. März wartet in Dänemark die Eliterunde der U-19 gegen Bosnien, Türkei und die Gastgeber. Zur gleichen Zeit empfängt die U-17 von Rupert Marko Frankreich, Dänemark und Bosnien. Gestern reiste die U-17 ins Trainingslager nach Spanien. Werner Gregoritsch (U-21), Hermann Stadler (U-18) und Manfred Zsak (U-16) komplettieren beim ÖFB das Nachwuchs-Trainerteam.

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